Nach § 131 Abs. 8 GWB n.F. sind „Vergabeverfahren, die vor dem 24. April 2009 begonnen haben, einschließlich der sich an diese anschließenden Nachprüfungsverfahren (…)“ auf Grundlage der alten Fassung des GWB durchzuführen. Das OLG Naumburg (Beschluss v. 08.10.09 – 1 Verg 9/09) hatte nun darüber zu entscheiden, wann eigentlich ein Vergabeverfahren beginnt – dazu ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Alexander Nette, LL.M., Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, von der Kanzlei Nette Rechtsanwälte in Recklinghausen und Hannover (Anm. d. Red.).
In § 131 Abs. 8 GWB n. F. ist die Übergangsregelung für die Anwendung der alten Fassung des GWB auf bereits begonnene Vergabeverfahren enthalten. Das OLG Naumburg hat in seinem Beschluss v. 08.10.09 (1 Verg 9/09) nunmehr entschieden, daß der Beginn des Vergabeverfahrens bei einem förmlichen Verfahren mit Vergabebekanntmachung in der Absendung der Bekanntmachung an das Veröffentlichungsorgan liegt. Hingegen genügen bloße Vorbereitungshandlungen der Vergabestelle, wie die Markterkundung, ggf. auch Anfragen bei Marktteilnehmern, interne Beratungen u. ä. noch nicht, um das Vergabeverfahren beginnen zu lassen.
Vielmehr beginnt das Verfahren mit einer förmlichen Entscheidung über die Einleitung oder einer konkludenten Einleitung durch Ergreifen einer Maßnahme, die auf Herbeiführung des Vertragsschlusses gerichtet ist. Die Absendung der Vergabebekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen stellt diese Maßnahme dar, mit der die Vergabestelle auch nach außen den Willen zur Herbeiführung eines konkreten Vertrages dokumentiert.
Mit dem Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung ist die Vergabestelle an den objektiven Erklärungswert ihrer Handlung gebunden und kann hiervon nicht mehr ohne weiteres abweichen. Mit diesem Zeitpunkt werden die Fristen zur Bewerbung, Angebotsabgabe oder zum Abschluss des Vergabeverfahrens in Gang gesetzt. Da die Veröffentlichung selbst zeitlich nicht mehr im Einflussbereich der Vergabestelle liegt, ist insoweit auf den – ebenfalls in der Veröffentlichung benannten – Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung abzustellen.
Des Weiteren hat das OLG Naumburg in seinem Beschluss noch einmal darauf hingewiesen, dass die einfache Kopie einer Unbedenklichkeitsbescheinigung, die im Original ausdrücklich eine formale Beschränkung ihrer Gültigkeit enthält, nicht ausreicht, um den Nachweis der steuerlichen Unbedenklichkeit zu führen. Hat die ausstellende Behörde wirksam den Maßstab gesetzt, dass der von ihr erteilte Nachweis nur im Original oder als beglaubigte Kopie wirksam sein soll, sind die Bieter gehalten, diesen Maßstab einzuhalten. Wird eine nicht gültige Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt, ist der daraus folgende Ausschluss des Teilnahmeantrages oder Angebotes zwingend.
Die Aussage, dass das Vergabeverfahren mit der Absendung an das Veröffentlichungsorgan, die zeitlich ja einen kurzen Zeitraum vor der Veröffentlichung (europaweit oder national) beginnt, ist aus meiner Sicht sehr interessant, denn dann ist ja auch ein Fehler in der Veröffentlichung, den die ausschreibende Stelle gemacht hat (ggf. falscher oder unzutreffender CPV-Kode, falsche Angabe im Feld der ausschreibenden Stelle u.a.) ein Fehler, der schon innerhalb des Vergabeverfahrens gemacht wurde.
Dies hat meiner Auffassung nach Folgen in der Beurteilung durch den potentiellen Bewerber, der durch diesen Fehler der ausschreibenden Stelle ggf. die Veröffentlichung im Rahmen automatisierter Such- und Lieferverfahren nicht erhalten hat.