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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 22/06/2010 Nr. 6584

„Ich glaube, dass viele oft den eigentlichen Protagonisten der eVergabe vergessen: Den Bieter“ – Interview mit Erik von Stebut, RIB

Stebut Die RIB Deutschland GmbH, ein Unternehmen, dass bereits seit den 60iger Jahren in der Softwareentwicklung tätig ist, bietet auch eine eVergabe-Lösung an. Diese ist u.a. im Einsatz bei der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin sowie in Wuppertal, Stuttgart, Hannover und Göttingen. Vergabeblog sprach mit Erik von Stebut, bei RIB verantwortlich für den Bereich Architecture|Public, über den Stand der Dinge, das geplante Metaportal eVergabe und die Frage, ob die eVergabe für die Bieter kostenlos sein soll, wie es das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in der neuen VOL/A umzusetzen sucht.

Vergabeblog: Ursprünglich hatte es sich die EU-Kommission in ihrem EU-Aktionsplan i2010 einmal zum Ziel gesetzt, dass die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge bis Ende 2009 in allen Fällen möglich und in mindestens der Hälfte der Fälle auch tatsächlich angewandt werden soll. Grob geschätzt: Wie weit wurde das Ziel verfehlt?

Sollten wir nicht zuerst definieren, was eVergabe im Einzelnen bedeutet? Für viele scheint e-Vergabe nur die reine elektronische Bekanntmachung zu sein. Durch diesen Ansatz entstehen aber immer nur sehr geringe Prozessvorteile sowohl für die Bieter als auch für den öffentlichen Auftraggeber. Vergabestellen, die diesen Ansatz in der Vergangenheit gewählt haben, konnten möglicherweise ihre eigenen Prozesse ein wenig verbessern, haben jedoch das Ziel des Aktionsplanes in puncto eVergabe meines Erachtens zu 100 % verfehlt. Die öffentlichen Auftraggeber hingegen, seien es Bundesländer oder Kommunen, die die eVergabe als einheitlichen Prozess – von der Bekanntmachung über die digitale Submission bis hin zur Zuschlagserteilung – definiert und umgesetzt haben und diese außerdem über intelligente Schnittstellen in ihre Systemumgebungen und Softwarelösungen eingebunden haben, haben ihr Planziel erreichen können und praktizieren die elektronische Vergabe erfolgreich im täglichen Arbeitsablauf.

Vergabeblog: Was sind Ihrer Meinung nach die maßgeblichen Gründe dafür, dass ein flächendeckender Erfolg der eVergabe auf sich warten lässt?

Ich glaube, dass viele oft den eigentlichen Protagonisten der eVergabe vergessen: Den Bieter. Sicher ist es wichtig, Prozesse innerhalb einer Vergabestelle zu optimieren. Eines der wichtigsten Ziele der eVergabe sollte jedoch eine möglichst hohe digitale Abgabequote der Bieter sein. Nur so kann sich die elektronische Vergabe wirtschaftlich für den öffentlichen Auftraggeber rechnen. Nur auf diese Weise kann er den Prozess der Submission und alle nachgelagerten Prozesse der Prüfung, Wertung und Zuschlagserteilung verbessern. Voraussetzung hierfür ist, Bieter bei der Einarbeitung in neue Prozesse zu begleiten und ihnen die Vorteile einer elektronischen Angebotsabgabe zu verdeutlichen. Vergabestellen, die diesen Weg gegangen sind, haben deutliche Erfolge und eine sehr hohe digitale Abgabequote erreicht.

Vergabeblog: Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund das von subreport zusammen mit Fraunhofer FOKUS angekündigte „Metaportal eVergabe“, also ein einheitlicher Zugang zu allen eVergabe Plattformen Deutschlands – Utopie oder reale Chance? Und wovon wird der Erfolg des Projekts am Ende abhängen?

Das Projekt offeriert eine gute Möglichkeit, um den Arbeitsaufwand für alle Bieter, die für öffentliche Auftraggeber mit unterschiedlichen eVergabe-Lösungen tätig sind, zu reduzieren. Der Erfolg des Projektes wird sicherlich davon abhängen, wie viele Anbieter von eVergabe-Lösungen sich hierbei beteiligen werden. Wir bei RIB werden dieses Projekt auf jeden Fall unterstützen.

Vergabeblog: Die Geschäftsmodelle der eVergabe-Anbieter basieren in der Regel darauf, die Bieter in die Kostenpflicht zu nehmen, während man den Vergabestellen größtmögliches Entgegenkommen und Kostenfreiheit bietet – ein fairer Deal?

Nein, dies ist kein fairer Deal und daher auch kein Geschäftsmodell für eVergabe-Lösungen von RIB. Wir können daher die Regelung der neuen VOL auch nur vollumfänglich unterstützen. Eine eVergabe-Lösung durch Download-Gebühren der Bieter zu finanzieren mag in Zeiten leerer Kassen auf den ersten Blick für den öffentlichen Auftraggeber verlockend sein, ist aus unserer Sicht auf Dauer aber auch für die Vergabestelle eindeutig unwirtschaftlich. Die Beispiele aus der Praxis haben gezeigt, dass die Resonanz der Bieter bei diesen Lösungen mehr als gering ist und diese Anwendungen dann auch oft nicht über den Status einer Bekanntmachungsplattform hinauskommen.

Vergabeblog: Sie bieten mit Ihrer Lösung ARRIBA® net eine Ausschreibungs- und Vergabeplattform für Bau- und Lieferleistungen. Wenn Sie uns in wenigen Sätzen erklären würden, wodurch sich diese Lösung von anderen unterscheidet – und nicht unterscheidet.

ARRIBA net ist eine internetbasierte Vergabeplattform und eng verbunden mit unserer technischen ERP-Lösung für Architekten, Planungsbüros und öffentliche Einrichtungen, die nahezu alle Bundesländer in Deutschland einsetzen. Wir verstehen eVergabe als digitalen und medienbruchfreien Prozess vom Vorvermerk über die Bekanntmachung und digitale Submission bis hin zur Zuschlagserteilung – für VOB, VOL und VOF. Wir integrieren oder bieten Schnittstellen zu Vorsystemen, wie beispielsweise HHV, AVA-Systemen oder auch Standardsoftware wie zum Beispiel Microsoft Excel oder SAP ERP. Alleine die Baudienststellen in Bayern haben im Jahr 2009 über 8.000 digitale Vergaben bis zur Zuschlagserteilung über unsere Plattform abgewickelt. Kunden wir die Stadt Stuttgart, die ABG Frankfurt oder die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) liegen aktuell bei einer digitalen Abgabequote mit digitaler oder fortgeschrittenen Signatur von teilweise über 70%.

Vergabeblog: Wagen Sie eine Prognose: Wie sieht die eVergabe-Landschaft in Deutschland im Jahr 2015 aus. Zahlreiche interoperable Anbieter oder wenige große, proprietäre Lösungen?

In fünf Jahren wird es nach wie vor zahlreiche unterschiedliche Anbieter geben, die allerdings über Schnittstellen, wie zum Beispiel die xVergabe, miteinander kommunizieren können.

Vergabeblog: Wenn Sie in Sachen eVergabe einen Wunsch an die Politik stellen dürften, welcher wäre das?

Für Politik und die Anbieter von eVergabe-Lösungen wäre es auf jeden Fall von Vorteil, wenn sie partnerschaftlicher miteinander umgehen. Leider liegt derzeit noch allzu oft eine klassische Auftraggeber- und Auftragnehmer-Situation vor, die aus meiner Sicht jedoch nicht Ziel führend ist. Nur gemeinsam sind wir in der Lage, das Thema eVergabe in Deutschland weiter voranzubringen.

Vielen Dank für das Interview!

Zur Person: Bereits seit mehr als 20 Jahren verantwortet Erik von Stebut, geboren am 19.05.1961, Kundenbetreuung und Vertrieb bei Verlagen und verschiedenen Softwareunternehmen im Umfeld der Bauwirtschaft. Die e-Vergabe-Lösung von RIB fällt seit über fünf Jahren in seinen Verantwortungsbereich. Seit 2008 verantwortet Erik von Stebut den Bereich Architecture|Public bei der RIB Deutschland GmbH und steuert neben der e-Vergabe-Plattform den Vertrieb von Softwarelösungen für Architekten, Planer und die Öffentliche Hand.

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Eine Antwort zu „„Ich glaube, dass viele oft den eigentlichen Protagonisten der eVergabe vergessen: Den Bieter“ – Interview mit Erik von Stebut, RIB“

  1. Avatar von Andreas Goetz
    Andreas Goetz

    Die eVergabe basiert auf einer fehlerfreien Ausschreibung. Innovation kann so nur von der Ausschreibungsseite kommen. Wer mehr leistet, aber nicht in das Raster passt, sollte sich gar nicht beteiligen. Eine eVergabe führt zu einer Verlangsamung einer technologischen Entwicklung, weil sie darauf ausgerichtet ist, möglichst viele Bieter anzusprechen. Eine Verfahrensoptimierung auf der ausschreibenden Seite kann nur vordergründig und kurzfristig erfolgreich sein.