Auch wenn die Entscheidung bereits ein paar Tage zurück liegt, so ist sie doch überaus interessant: In der Frage, zu welchem Zeitpunkt im Vergabeverfahren ein Auftraggeber frühestens die Benennung der Nachunternehmer verlangen kann, hat das OLG Naumburg in einer jüngeren Entscheidung überraschende Akzente gesetzt.
Grenzen für die Forderung der Nachunternehmerangabe
Zur Erinnerung: der BGH hatte anlässlich der Auslegung von Vergabeunterlagen in einem obiter dictum erkennen lassen, dass es Bieter „in der Regel“ unangemessen belaste, bereits bei Angebotsabgabe die einzusetzenden Nachunternehmer verbindlich benennen zu müssen. Er berücksichtigte, dass vor dem Hintergrund der zu diesem Zeitpunkt noch völlig unklaren Zuschlagschancen die – für eine wahrheitsgemäße Erklärung erforderliche – Nachunternehmerverpflichtungserklärung in der Praxis schwierig zu erhalten ist (BGH, Urteil vom 10.06.2008, AZ.: X ZR 78/07).
Nachfolgende Rechtsprechung leitete daraus ab, dass deswegen eine entsprechende Abfrage durch die besonderen Anforderungen des Auftrags im Einzelfall gerechtfertigt sein müsse. Gegen eine zumutbare Abfrage kann es demnach etwa sprechen, wenn es sich nicht um eine besondere technische Leistung oder ein außergewöhnliches Bauprojekt handelt (OLG München, Beschluss vom 22. Januar 2009, AZ.: Verg 26/08). Umgekehrt deutet das Erfordernis besonderer Qualifikation für die Erbringung der Leistung, beispielsweise als Entsorgungsfachbetrieb, auf eine zumutbare Abfrage hin (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.10. 2008, AZ.: 13 Verg 4/08).
Die Entscheidung des OLG Naumburg
Zumindest für unterschwellige Bauvergaben („in der hier vorliegenden Größenordnung von rund 600.000 EUR“) lockerte das OLG Naumburg diese Anforderungen (Urteil v. 30.09.2010, AZ.:1 U 50/10). Das Gericht gab dem beklagten Auftraggeber recht, der seine Angaben in dem Formblatt 211 des Vergabehandbuch des Bundes als Abfrage der einzusetzenden Nachunternehmer bei Angebotsabgabe verstanden wissen wollte. Dabei forderte das OLG Naumburg gerade nicht besondere hinzutretende Umstände sondern betonte vielmehr den regelmäßigen Nachunternehmereinsatz bei Bauvergaben, deswegen sei die Kenntnis der tatsächlich tätigen Unternehmen für den Auftraggeber von Bedeutung. Der Senat hielt es aus diesem Grund „in der Regel für die Bieter nicht unzumutbar“ wenn der Auftraggeber bereits bei Angebotsabgabe die verbindliche Angabe der Nachunternehmer fordere, anstatt diese erst nachträglich von den Bietern in der engeren Wahl zu erfragen.
Fazit
Diese Entscheidung ist insoweit bemerkenswert, als sie die Angabe der Nachunternehmer gerade als den Regel- und nicht den Ausnahmefall bezeichnet. Ob eine unmittelbare Übertragung auf den Bereich oberschwelliger Bauvergaben möglich ist, ist allerdings vor dem Hintergrund des § 6a Abs. 10 Satz 2 VOB/A zweifelhaft. Dieser regelt – anders als § 7 Abs. 9 Satz 2 EG VOL/A und § 8 Abs. 3 SektVO – den Nachweis der verfügbaren Kapazität ausdrücklich in Bezug auf Bieter in der engeren Wahl.
Wichtig: Nicht zu verwechseln ist diese Problematik aber mit der geforderten Angabe von Nachunternehmern, derer sich der Auftragnehmer zum Nachweis seiner Eignung bedient und deren Angabe unverzichtbar ist, um die Eignung des Auftragnehmers prüfen zu können. Insoweit trifft den Bieter die Nachweispflicht schon zum Zeitpunkt der Eignungsprüfung.
Die Autorin Dr. Valeska Pfarr, MLE, ist Rechtsanwältin bei Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist auf das Vergaberecht spezialisiert, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beratung der öffentlichen Hand. Mehr Informationen über die Autorin finden Sie in unserem Autorenverzeichnis.
Dr. Valeska Pfarr, MLE
Die Autorin Dr. Valeska Pfarr, MLE, ist Rechtsanwältin bei Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist auf das Vergaberecht spezialisiert, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beratung der öffentlichen Hand.
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