81 Prozent der Entscheider in öffentlichen Verwaltungen stellen sich auf massive Engpässe bei der Personalbesetzung ein. Die Verwaltungen nennen den Demographie-Effekt als Top-Herausforderung. Insbesondere in den Landesbehörden sind fehlende Fachkräfte ein Problem. Das sind die Ergebnisse der Studie „Branchenkompass 2012 Public Services“ von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.
Die öffentliche Verwaltung ist immer noch Deutschlands größter Arbeitgeber. Insgesamt arbeiten etwa 4,5 Millionen Menschen in diesem Sektor, davon fast zwei Millionen in den Ländern. Auch wenn diese Zahl stetig gesunken ist, müssen doch weiterhin Fachkräfte als Ersatz für ausscheidende und pensionierte Beschäftigte gefunden werden.
Überalterung
Bereits jetzt ist mehr als ein Viertel der Tarifbeschäftigten des Bundes und ein Fünftel der Beamten älter als 55 Jahre, dieser Anteil ist in den letzten Jahren um 50 Prozent gestiegen. Da mit großer Sicherheit diese Mitarbeiter nur zu einem geringen Anteil auch wieder ersetzt werden, ist absehbar, dass das Durchschnittsalter in den nächsten zehn Jahren wiederum um drei Jahre steigen wird. Im Zuge einer immer älter werdenden und schrumpfenden Bevölkerung dürfte die Neubesetzung trotz Stellenkürzungen künftig eine schwierige Aufgabe werden. Dementsprechend geben 77 Prozent der Befragten Fachpersonalmangel als größte Herausforderung für die kommenden Jahre an.
Attraktiver Arbeitgeber?
„Der öffentliche Dienst muss dringend seine Stärken als attraktiver Arbeitgeber herausstellen, um auch in Zukunft gutes Personal zu gewinnen und zu halten“, sagt Peter Krolle von Steria Mummert Consulting. „Da wenig Gestaltungsraum bei der Bezahlung besteht, kommt es vor allem auf stimmige Arbeitsbedingungen an, die zum Beispiel eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen.“ Ein sicherer und verlässlicher Job kann gerade in Zeiten von Finanz- und Schuldenkrise auch auf qualifizierte Fachkräfte anziehend wirken. „Für die Gewinnung von Fachkräften ist eine Weiterentwicklung der Fortbildungs- und Ausbildungsangebote für Behörden unverzichtbar“, so Krolle.
Demographischer Wandel
Doch Demographie ist nicht nur eine Herausforderung für die Personalabteilungen. Im Jahr 2030 wird Deutschland mit 46,2 Prozent den höchsten Rentneranteil der EU haben, 2050 werden doppelt so viele Rentner wie Kinder in Deutschland leben. Bis zum Jahr 2060 werden voraussichtlich rund 17 Millionen Einwohner weniger als heute in der Bundesrepublik leben. Dann stellt sich die Frage, wie viel öffentliches Verwaltungspersonal noch benötigt wird und welche Gemeinden noch mit Bürgerbüros präsent sein müssen.
45 Prozent der Entscheider aus den Verwaltungen haben bereits 2011 Maßnahmen für die Bewältigung der Folgen des demographischen Wandels eingeleitet, weitere 38 Prozent planen dies mittelfristig. Dabei sind einige Behörden schneller bei der Lösungssuche. 53 Prozent der süddeutschen Verwaltungen sind bereits kurzfristig aktiv, außerdem besonders viele mittlere und große Städte (62 beziehungsweise 60 Prozent). Kleine Kommunen wollen sich eher noch Zeit lassen. „Dabei sind gerade kleine Kommunen im ländlichen Raum von niedrigen Geburtenraten und Wegzug betroffen, dagegen profitieren Metropolen sogar kurzfristig von der Wanderung und werden noch wachsen“, so Krolle. „Kommunen müssen mit Familienfreundlichkeit, altersgerechten Angeboten und einem attraktiven Image als Standortfaktoren im Wettbewerb punkten. Auch identitätsfördernde Marketing-Maßnahmen können dem Wandel entgegenwirken.“
Zur Studie
Im Januar und Februar 2012 befragte forsa für Steria Mummert Consulting 100 Entscheider aus 100 großen deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zu den aktuellen Herausforderungen und den bis 2014 geplanten Maßnahmen, die die Effizienz in der Verwaltung erhöhen sollen. Schwerpunkte waren Verwaltungsmodernisierung, IT und E-Government, Kooperationen mit der privaten Wirtschaft und Bürgerbeteiligung. Die Interviews wurden mit der Methode des Computer Assisted Telephone Interview (CATI) durchgeführt.
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