70 Prozent der deutschen Behörden sprechen sich für eine aktive Mitarbeit der Bürger in ihrem Verwaltungsbereich aus. Klassische Beispiele sind die ehrenamtliche Mitarbeit bei der Kinderbetreuung, der Nachbarschaftshilfe oder der Altenpflege. Um neue Formen der Bürgermitarbeit auch erschließen zu können, setzt die öffentliche Verwaltung auf den Ausbau von E-Government-, Open-Government- und Social-Media-Angeboten. So das Ergebnisse der Studie „Branchenkompass 2012 Public Services“ von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.
Ehrenamtliches Engagement genießt insbesondere in den Kommunen einen hohen Stellenwert. 86 Prozent der Befragten aus Kommunen messen der Bürgermitarbeit eine große Bedeutung bei. Besonders gefragt ist die Mitarbeit der Bürger in Nordrhein-Westfalen – 76 Prozent halten dort diese Form der Beteiligung für wichtig.
„Die Bürgermitarbeit hat insbesondere in Deutschland eine lange Tradition. Diese kann die öffentliche Verwaltug insbesondere durch den Einsatz von Social Media und Maßnahmen des Open Governments zukünftig weiter stärken“, sagt Axel Drengwitz, Experte für E-Government bei Steria Mummert Consulting.
Mehr als 23 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich. Mütter und Väter helfen in der Mensa ihrer Kinder bei der Essensausgabe, Senioren passen bei Betreuungslücken auf Kinder auf oder engagieren sich als Vorleseomas, Paten gießen Blumen und sammeln Müll in öffentlichen Parks oder behalten die Sauberkeit auf Spielplätzen im Auge. Hinter dem Wunsch nach mehr Teamwork mit dem Bürger verbirgt sich das Ziel, die Effizienz der Verwaltung und die Dienstleistungsqualität zu steigern. Gleichzeitig wollen die Behörden per Mitmachverwaltung Kapazitätslücken schließen und damit auf den demographischen Wandel reagieren. Denn 80 Prozent der Entscheider in der öffentlichen Verwaltung stellen sich laut Umfrage auf massive Engpässe bei der Personalbesetzung ein.
„Bürgermitarbeit wird nicht direkt Verwaltungsstellen ersetzen können, aber die öffentliche Verwaltung insgesamt entlasten“, sagt Drengwitz. Doch zurzeit ist das Engagement noch nicht so groß, wie es sich die Entscheider aus der Verwaltung wünschen. So gibt nur jeder zehnte Befragte an, dass die aktive Bürgerbeteiligung in seinem Verwaltungsbereich bereits sehr hoch ist. „Ganz besonders die neuen Formen der Bürgermitarbeit und auch der -beteiligung erfordern ein Umdenken. Koproduktion oder Crowdsourcing sind nicht nur technologische Lösungsansätze, sondern auch neue Formen der Arbeitsteilung. Der hierfür erforderliche Kulturwandel kann zum Beispiel durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit gefördert und somit auch die Nutzungsquote solcher Angebote erhöht werden“, sagt Drengwitz.
Dies zeigen insbesondere Projekte, in denen Bürger aktiv eingebunden und gezielt adressiert werden. So konnte zum Beispiel der Munich Open Government Day (MOGDy) eine Vielzahl von Bürgern aktivieren, mehr als einhundert Ideen für ein „digitales München“ zu formulieren. Im Anschluss an den Ideenwettbewerb setzte eine Entwicklergemeinde auf ehrenamtlicher Basis mehrere der gefundenen Ideen in Form von Programmen und Applikationen um. Dies zeigt eindrucksvoll, welches Potenzial die Organisationsformen der Koproduktion und des Crowdsourcings besitzen.
Zur Umfrage
Im Januar und Februar 2012 befragte forsa für Steria Mummert Consulting 100 Entscheider aus 100 großen deutschen Bundes-, Landes-und Kommunalverwaltungen zu den aktuellen Herausforderungen und den bis 2014 geplanten Maßnahmen, um die Effizienz in der Verwaltung zu erhöhen. Schwerpunkte waren Verwaltungsmodernisierung, IT und E-Government, Kooperationen mit der privaten Wirtschaft und Bürgerbeteiligung. Die Interviews wurden mit der Methode des Computer Assisted Telephone Interview (CATI) durchgeführt.
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