Diejenigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (ÖRE), die die Sammlung von Papier, Pappe und Kartonagen (PPK) ausschreiben, stehen vor einem Dilemma: Während das Bundeskartellamt (Entscheidung vom 13.05.2004 – B 10-37202-N-97/02-1) in Übereinstimmung mit dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 29.12.2004 – VI-Kart 17/04) die Ausschreibung nur des kommunalen PPK-Anteils für zulässig hält, ist das OLG Rostock bekanntermaßen genau der gegenteiligen Auffassung. Ebenfalls nicht geklärt ist die Frage, wem das Eigentum an dem nicht-kommunalen PPK-Anteil zusteht.
Hintergrund
Die Sammlung von PPK ist nach der VerpackV dual angelegt. Für die Verkaufsverpackungen aus PPK sind die privatwirtschaftlichen Betreiber der so genannten Dualen Systeme zuständig, während für alle übrigen Altpapierstoffe der ÖRE zuständig ist. Da getrennte Sammelsysteme nicht zweckmäßig sind, werden die kommunalen Erfassungssysteme regelmäßig von den Dualen Systemen mitbenutzt. Nach den Vorgaben des Bundeskartellamts sind die so genannten Mitbenutzungsverträge, in denen die Einzelheiten der Mitbenutzung, insbesondere das hierfür zu zahlende Entgelt, immer mit dem operativen PPK-Sammler abzuschließen. In den Fällen der Ausschreibung ist dies der private Entsorger.
Der Fall
Ein rheinland-pfälzischer Landkreis hatte sich vor diesem Hintergrund dazu entschieden, nur den kommunalen Anteil auszuschreiben, gleichzeitig aber die Übergabe der gesamten PPK-Sammelmenge an sich zu verlangen, um die Eigentumsfrage direkt mit den Betreibern der dualen Systeme zu klären.
Diese Gestaltung wurde von einem privaten Entsorgungsunternehmen gerügt und nach Zurückweisung der Rüge mit einem Nachprüfungsverfahren angegriffen.
Die Entscheidung
Die Vergabekammer Rheinland-Pfalz hat den Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 20.09.2012 (VK 2 – 25/12) zurückgewiesen.
Nach Ansicht der Vergabekammer ist die Kalkulation nach dieser Ausgestaltung für die Bieter zwar schwierig, aber nicht unmöglich. Das Verbot, ungewöhnliche Wagnisse auf die Bieter abzuwälzen, ist nach der Novellierung der VOL/A nicht mehr enthalten. Damit gelte grundsätzlich die Gestaltungsfreiheit, welche die Überwälzung von Risiken gerade erlaube. Etwas anderes könne nur gelten, wenn dies explizit im Sinne eines ausdrücklichen Verbotes anderweitig geregelt sei. Dies sei auch nicht unbillig, da derartige Risiken von den Bietern eingepreist werden können.
Ein solches ausdrückliches Verbot könne im Einzelfall aus dem Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung abgeleitet werden, wenn die Vergabestelle nicht alle kalkulationsrelevanten Angaben macht. Dies hatte die Vergabestelle hier ab gerade getan.
Auch die Vorgabe, die gesamte PPK-Sammelmenge an den Landkreis herauszugeben, hält die Vergabekammer für zulässig, da so die umstrittene Frage, wem das Eigentum an den Verkaufsverpackungen aus PPK zusteht, aus der Ausschreibung herausgehalten wird.
Mit dieser Entscheidung folgt die VK Rheinland-Pfalz der einschlägigen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 07.03.2012 – VII-Verg 82/11 und vom 19.10.2011 – VII-Verg 54/11). In der Sache selbst ist die Entscheidung begrüßenswert, weil sie die Gestaltungsfreiheit der Vergabestellen zu Recht herausstellt.
Größter Verdienst der Entscheidung ist es aber, Grundlage für eine rechtssichere Ausschreibung der Sammelleistungen für PPK zu bieten. Denn, so die Vergabekammer wörtlich: „Eine Ausschreibungskonzeption, welche die Interessen aller Beteiligten in idealer Weise berücksichtigt und gleichzeitig ein hohes Maß an Rechtssicherheit bietet, ist gegenwärtig nicht ersichtlich.“
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.
Der Autor Martin Adams, Mag. rer. publ., ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei teamiur_ Rechtsanwälte und geschäftsführender Gesellschafter der Ökon Management GmbH. Dort berät und vertritt er ausschließlich öffentliche Auftraggeber in allen Fragen des Vergaberechts. Ein Schwerpunkt liegt hierbei im Abfallbereich.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Martin Adams, Mag. rer. publ.
Herr Martin Adams, Mag. rer. publ. ist Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei _teamiur_Rechtsanwälte, Mannheim. Herr Adams berät bundesweit öffentliche Auftraggeber bei Ausschreibungen und in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, insbesondere im Bereich der Abfallwirtschaft. Darüber hinaus veröffentlicht er regelmäßig Beiträge in entsprechenden Fachmedien und tritt als Referent in Fachseminaren auf.
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