In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des Bundestages haben sich die Sachverständigen am Montag für die Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen zur besseren Bekämpfung der Korruption ausgesprochen. So erklärte der Deutsche Städte- und Gemeindebund, dessen Mitglieder jedes Jahr Aufträge von 250 bis 300 Milliarden Euro vergeben, vorrangiges Ziel müssten „saubere und transparente Vergabeverfahren im Wettbewerb bei der Gleichbehandlung aller Unternehmen“ sein. Wenn es ein bundesweites Register geben würde, könne der länderrechtliche Flickenteppich mit vielen noch bestehenden weißen Flecken beseitigt werden.
Die Einrichtung eines bundesweiten Registers über unzuverlässige Unternehmen ist im Entwurf eines Korruptionsregister-Gesetzes (17/11415) vorgesehen, den die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag eingebracht hat. Öffentliche Auftraggeber von Bund, Ländern und Kommunen sollen danach Auffälligkeiten an das Register melden sowie „dort eine etwaige Notierung von Bietern bei ihren öffentlichen Auftragsverfahren erfragen“, heißt es in dem Entwurf weiter.
Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) unterstützte „im Interesse seiner rechtstreu handelnden Unternehmen, die ohne Wettbewerbsverzerrungen um öffentliche Aufträge mitbieten wollen“, grundsätzlich die Einrichtung eines Registers. Gegen den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form bestünden jedoch „erhebliche Bedenken“, und eine „gewisse Prangerwirkung“ sei mit dem Register auch verbunden. Ein Register sei auch nur die zweitbeste Alternative. Besser wären die Beibehaltung des Primats der öffentlichen Ausschreibung, die Absenkung der Schwellenwerte für freihändige Vergaben und mehr Transparenzpflichten.
Rechtsanwalt Fridhelm Marx, Alfter (Interview im Vergabeblog), erinnerte an die geltende Rechtslage, dass nicht qualifizierte Unternehmen keine Aufträge erhalten dürften. Die vorhandenen Vorschriften der Bundesländer würden zum Teil stark voneinander abweichen. Insofern sei der Gesetzentwurf, der ein bundesweites Informationssystem über Ausschlüsse von Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen wegen korruptiven Verhaltens organisiere, „sehr zu begrüßen“. Marx sprach sich aber dafür aus, die „mit den Regeln verbundene bürokratische Last“ für die Unternehmen erheblich zu verringern.
Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) geben Bund, Länder und Kommunen zusammen 400 Milliarden Euro pro Jahr für öffentliche Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen aus. Das seien 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Der Staat sei kein normaler Auftraggeber, der sich allein von privatwirtschaftlichen Kostenüberlegungen leiten lassen dürfe. „Vielmehr muss er einer besonderen Vorbildrolle gerecht werden, da es in der öffentlichen Auftragsvergabe um die Verwendung von Steuergeldern geht“, forderte der DGB. Aufträge dürften nur an zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen vergeben werden, und dafür sei die Einrichtung eines bundesweiten Korruptionsregisters ein wichtiger Baustein.„Transparency International“ verwies auf gute Erfahrungen in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Berlin mit Registern. Daher sei es „an der Zeit, dass der Bund seiner Verantwortung nachkommt, ein bundesweit gültiges Korruptionsregister zu etablieren“. Es gehe nicht um einen Pranger, sondern um den Schutz redlicher Auftraggeber.
Ministerialrat Michael Elzer vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung verwies einerseits auf die guten Erfahrungen in Hessen mit dem Register, kritisierte aber andererseits in seiner Stellungnahme Details des Gesetzentwurfs, der in seinem Rechts- und Pflichtenkreis „nicht systematisch und teilweise widersprüchlich“ sei. „Eine pauschale Registrierung und in Folge dessen eine pauschale Sperre von Unternehmen kann Arbeitsplätze in erheblichem Maße gefährden“, so Elzer.
Welcher gesamtwirtschaftliche Schaden durch Wirtschaftskriminalität und Korruption angerichtet wird, machte der DGB in seiner Stellungnahme unter Bezug auf Daten des Bundeskriminalamtes (BKA) deutlich. Danach betrug der Schaden durch Wirtschaftskriminalität 2010 rund 4,65 Milliarden Euro. Der Schaden durch Korruption wurde mit 276 Millionen Euro beziffert.
Quelle: Deutscher Bundestag, Parlamentskorrespondenz
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