Auf Märkten mit einem harten Preiswettbewerb – wie insbesondere der Reinigungsbranche – suchen Auftraggeber oft nach Möglichkeiten, ein bestimmtes Qualitätsniveau der Leistung zu sichern. Die personelle Ausstattung wird dabei zunehmend als Anknüpfungspunkt gesehen (vgl. Beitrag Pfarr vom 6.12.2011: „OLG Düsseldorf: Härtere Zeiten für Dumping-Angebote? (Beschluss v. 08.09.2011 – Verg 80/11“) Das OLG Düsseldorf hat jedoch dem pauschalen Verbot des Einsatzes geringfügig Beschäftigter einen Riegel vorgeschoben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013, Az.: VII – Verg 35/12).
Der Fall
Bei einer Reinigungsausschreibung gab ein Auftraggeber vertraglich vor, dass der Auftragnehmer zur Erbringung seiner Leistungen ausschließlich sozialversicherungspflichtiges Personal einzusetzen hatte. Damit schied der Einsatz geringfügig Beschäftigter aus. Ein Unternehmen, das ausschließlich Leiharbeitnehmer einsetzte, sah sich unter anderem durch diese Bestimmung an der Abgabe eines Angebots gehindert. Mit Erfolg setzte es letztlich auch in zweiter Instanz durch, dass der Auftraggeber verpflichtet wurde, das Verfahren zurückzuversetzen und die Vergabeunterlagen zu korrigieren. Das OLG Düsseldorf erklärte diese Vorgabe des Auftraggebers als vergaberechtswidrig.
Anforderungen an die Bekanntmachung nicht erfüllt – kein Eignungskriterium
Zur Begründung erklärte das Gericht, dass diese Vorgabe schon nicht formal korrekt bekannt gemacht wurde und deswegen keine Berücksichtigung finden durfte.In der Sache handele es sich hier nämlich nicht um eine Eignungskriterium, sondern um eine zusätzliche Bedingung an die Ausführung des Auftrags. Im entschiedenen Fall war für das Gericht nämlich nicht ersichtlich, dass sich der Einsatz von ausschließlich sozialversicherungspflichtigem Personal auf die Fachkunde, Zuverlässigkeit oder Eignung des Bieters auswirkte. Ohnehin wäre die Frage der Eignung für das (zukünfig eingesetzte) Personal des betroffenen Unternehmens nur als Prognose (und nicht wie bei Eignungskriterien sonst üblich: retrospektiv) möglich gewesen.
Grundsätzlich wäre zwar noch eine entsprechende Korrektur in den Vergabeunterlagen möglich gewesen. In dem entschiedenen Fall galten insoweit aber erhöhte Anforderungen, weil der Auftraggeber in dem dafür vorgesehenen Feld der Bekanntmachung ausdrücklich besondere Bedingungen für die Auftragsausführung verneint und sich damit festgelegt hatte. Vor diesem Hintergrund wäre eine ausdrückliche Klarstellung in den Vergabeunterlagen erforderlich gewesen und nicht nur eine abweichende Bestimmung an irgendeiner Stelle des Vertrags.
Was sozial- und arbeitsrechtlich erlaubt ist, darf der Auftraggeber nicht pauschal ausschließen
Aber selbst wenn eine hinreichende Bekanntmachung erfolgt wäre, so wäre die Vorgabe in dem entschiedenen Fall zumindest nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt gewesen. Dies aber fordert § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB für zusätzliche Bedingungen an die Auftragsausführung. Dagegen konnte das Unternehmen unwidersprochen vortragen, dass der Einsatz von geringfügig Beschäftigten nicht zwingend zu Qualitätseinbußen führte. Es verwies insoweit ganz im Gegenteil auf die besseren Dispositionsmöglichkeiten beim Ausfall einer Reinigungskraft und den besseren Erholungszustand der Mitarbeiter bei kurzen Reinigungsintervallen. Den Einwand des Auftraggebers, dass den Mietern ständig wechselndes Reinigungspersonal nicht zuzumuten sei und dass eine permanente Einarbeitung erforderlich werde, ließ der Senat im entschiedenen Fall nicht gelten. Er wies auch darauf hin, dass das Gebäudereinigerhandwerk zu den Branchen gehöre, in denen typischerweise eine Vielzahl ungelernter Arbeiter beschäftigt werde.
Auch Belange des Allgemeinwohls konnte der Auftraggeber nicht mit Erfolg ins Feld führen. Das OLG Düsseldorf verwies auf den hinreichenden sozial- und arbeitsrechtlichen Schutz der geringfügig Beschäftigten, insbesondere im Hinblick auf den gesetzlich festgelegten tariflichen Mindestlohn.Fazit
Die Entscheidung entspricht möglicherweise einem Trend der Vergabekammern und Gerichte, soziale Aspekte eher restriktiv zu berücksichtigen (vgl. auch Beitrag Ott vom 03.03.2013: „Mindestlohn und Tariftreueregelungen in Vergabeverfahren: Vorgabe eines Mindestlohns verstößt voraussichtlich gegen europäisches Recht“). Letztlich hätte damit allen Debatten im Hinblick auf ökologische und soziale Aspekte zum Trotz das Ziel der wirtschaftlichen Beschaffung im klassischen Sinn weiterhin Vorrang. Anders hat insoweit allerdings noch die Vergabekammer Rheinland-Pfalz entschieden. Sie erklärte – ebenfalls im Kontext einer Reinigungsausschreibung – dass ein „öffentlicher Auftraggeber es als sozialpolitisch erstrebenswert ansehen“ könne, „ausschließlich Unternehmen mit festangestellten Mitarbeitern und/oder Nachunternehmern beschäftigen zu wollen. Mit der Regelung in § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB sind ihm durch den Gesetzgeber entsprechende Handlungsmöglichkeiten eingeräumt worden.“ (VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31.10.2012, Az.: VK 1 – 26 / 12).
Die Autorin Dr. Valeska Pfarr, MLE, ist Rechtsanwältin bei Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist auf das Vergaberecht spezialisiert, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beratung der öffentlichen Hand.
Mein Vorschlag wäre, dass die Räume des OLG Düsseldorf zukünftig nur von Leiharbeitern auf Mini-Job Basis gereinigt werden.
Darüber hinaus sollten die Pensionen der dort amtierenden Richter von den Einzahlungen der dann dórt tätigen Firmen in die öffentlichen Kassen abhängig sein (Steuern, Sozialbeiträge).
Das mag sich populistisch anhören, aber interessant wäre dieses Experiment doch…