Guten Tag,

die Entscheidung reiht sich ein in eine Serie von Entscheidungen, die mal so wiedergegeben werden, dass alle Unklarheiten und offenen Punkte zu Lasten zu des Auftraggebers gehen, mal genau umgekehrt.

Meines Erachtens ist zu differenzieren, und nicht plakativ zu sagen, „Unklarheiten“ gingen nun immer zu Lasten der einen oder anderen Partei.

Es ist auszulegen, was Vertragsinhalt war. So hat der BGH es hier getan, und dabei kommt er zu einem nicht zwingenden, aber zur richterlichen Überzeugung ausreichenden Ergebnis, was Vertragsinhalt war, konkret dass Baufreiheit bestehen würde. Dabei ist ein Argument unter vielen, dass der Auftraggeber nach der VOB/A darauf hätte hinweisen müssen, wenn das nicht der Fall ist. Im konkreten Fall hat das m. E. dabei wenig mit der VOB/A zu tun – jeder private Auftraggeber hätte auch auf bestehende Behinderungen hinweisen müssen, wenn er sich nicht später Nachtragsforderungen aussetzen will. Der Auftragnehmer hatte hier, wie der BGH überzeugend ausführt, keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Auftraggeber alle Behinderungen ausreichend benannt hat.

Eine generelle Regel, dass jeder auslegbare Punkt zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers auszulegen ist, besteht aber genau so wenig – und das suggerieren plakative Überschriften beider Seiten nur zu gerne.

Auch und gerade die krass VOB/A-widrige Ausschreibung kann zu einem zivilrechtlich bindenden Vertrag führen. Auch und gerade dort, wo wichtige Angaben zum Sachverhalt ganz offen fehlten, wo dem AN unzulässige Risiken aufgebürdet wurden, wo Abrechnungsregeln bis an die Grenze der Sittenwidrigkeit vereinbart wurden, liegt zwar vielleicht ein Verstoß gegen Vergaberecht vor, aber keine Unwirksamkeit des Vertrages.

Der Bieter auf einen öffentlichen Auftrag ist gut beraten, offene, unklare, widersprüchliche Punkte nicht einfach hinzunehmen und später auf Korrektur durch die Zivilgerichte zu hoffen. Er sollte durch Fragen, ggf. durch Rügen diese Punkte vor Angebotsabgabe klären. So und nur so kann er das Risiko vermeiden, später auf in der Sache begründeten Nachtragsforderungen sitzen zu bleiben.

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