Heute, am 26. Mai 2014, tritt die Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen in Kraft. Sie verpflichtet öffentlicher Auftraggeber, für öffentliche Aufträge elektronische Rechnungen zu akzeptieren.
In der Vergangenheit war die Realität des elektronischen Rechnungswesens durch eine Vielzahl unterschiedlicher nationaler und regionaler Normen für konventionelle und elektronische Rechnungen, deren Standards jeweils nicht immer untereinander interoperabel sind. Die Entwicklung in den Mitgliedstaaten der EU lief lange Zeit nebeneinander her – die Bemühungen zeitigten zwar gewisse Erfolge und führten zu einem erheblichen Anwachsen des Nutzens elektronischer Formate im Rechnungswesen, sie blieben aber erratisch. Die damit verbundenen Hemmnisse für den europäischen Binnenmarkt liegen auf der Hand: Ein deutsches Unternehmen, das einen portugiesischen öffentlichen Auftrag ausführt, muss hierfür andere Formate nutzen, als es im gleichen Falle in Finnland, Ungarn oder Italien verwenden würde – wenn überhaupt einheitliche nationale Standards vorhanden sind. Die sich aus der mangelnden Interoperabilität ergebenden Handelshemmnisse sollen durch eine gemeinsame europäische Norm für das semantische Datenmodell der Kernelemente einer elektronischen Rechnung beseitigt werden (Erwägungsgrund 5 Sätze 1 und 2).
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Die EU möchte aber beim Versenden elektronischer Rechnungen nicht einfach die Papierrechnung digitalisieren. Die Vorteile der E-Rechnung lassen sich nur voll ausschöpfen, wenn Erstellung, Versendung, Übermittlung, Entgegennahme, Verarbeitung und Archivierung der Rechnung vollkommen automatisch und ohne menschliche Interaktion stattfinden können (Erwägungsgrund 7). Aus diesem Grund soll das Datenmodell der europäischen Normungsorganisation gemäß Art. 3 der Richtlinie 2014/55/EU gerade simple pdf-Modelle verdrängen und – auch um den Preis einer gewissen Komplexität – die Interoperabilität der elektronischen Rechnung im Zeichen eines vollständig maschinenlesbaren Formates herbeiführen.
Da die EU lediglich nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung vorgehen kann, konnte die EU keine umfassenden Vorgaben für das elektronische Rechnungswesen vorgeben. Auf den ersten Blick wählte Brüssel eine Insellösung, indem die Richtlinie 2014/55/EU lediglich das europäische Vergabeverfahren regelt. Doch die Selbstbeschränkung hat Methode: Wenn die Behörden und Unternehmen gezwungen sind, im Rahmen des europäischen Vergaberechts jenseits der Schwellenwerte die interoperablen Standards des e-Invoicing zu nutzen, dann werden sie diese auch in den übrigen Bereichen, auch im reinen Business-to-Business-Bereich diesen Standard ihrem Rechnungsverkehr zugrunde legen.
Auf den öffentlichen Sektor kommt also eine nicht geringe Herausforderung zu. Vor allem die kleineren Kommunen werden einen erheblichen Umsetzungsdruck verspüren. Über kurz oder lang wird der neue Standard allgemeine Bedeutung haben – es dürfte nicht übertrieben sein vorherzusagen, dass die typische Rechnung im B2B des Jahres 2020 eine elektronische Rechnung sein wird und dass diese Rechnungen ausnahmslos nach dem neuen auf der Richtlinie 2014/55/EG beruhenden Standard basieren werden.
Veranstaltungshinweis
Die neue elektronische Rechnungslegung wird auch Gegenstand einer an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer durchgeführten Tagung sein. Veranstalter sind das Bundesministerium des Innern, das Forum elektronische Rechnung Deutschland und der Lehrstuhl von Prof. Dr. Mario Martini (Inhaber eines Lehrstuhls für Verwaltungswissenschaft, Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Europarecht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer). Sie laden ein zur:
»3. Speyerer Tagung zur E-Rechnung – Von der Kür zur Pflicht: Die elektronische Rechnung im Sog des neuen Vergaberechts«
vom 30.10. – 31.10.2014 an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer
Eine Anmeldung ist erforderlich. Das vollständige Programm der Tagung und weiterführende Informationen finden sich bald unter: http://www.dhv-speyer.de/Martini/Tagungen.htm.
Eine Anmeldung ist über das Tagungssekretariat der Universität Speyer unter folgenden Kontaktdaten möglich: Tel. 06232/654-229 oder -269, Fax. 06232/654-488, E-Mail: tagungssekretariat@dhv-speyer.de oder direkt hier.
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