Kommunen haben bei der Vermarktung von Wertstoffen ein förmliches Vergabeverfahren durchzuführen. Nicht dem Kartellvergaberecht unterfallen sogenannte Dienstleistungskonzessionen. Von der Rechtsprechung ist bereits im Jahre 2005 festgestellt worden, dass die Vermarktung von Altpapier keine ausschreibungsfreie Dienstleistungskonzession darstellt. Ebenso wird von der Rechtsprechung im Rahmen der Restabfallsammlung eine Dienstleistungskonzession als unzulässig angesehen, wenn die Kommune einen Dritten beauftragt und den Dritten dadurch Entgeltansprüche gegenüber den Haushalten zustehen sollen. Das OLG Celle hat nunmehr eine Dienstleistungskonzession im Bereich der Alttextilentsorgung als zulässig angesehen. Diese Entscheidung lässt sich auch auf andere wertstoffhaltige Abfälle, wie beispielsweise Altpapier, übertragen.
§ 99 Abs. 1 GWB; §§ 3 Abs. 18, 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG
Leitsatz
- Die Auftragsvergabe der Aufstellung von Sammelbehältern für Sammlung, Transport und Verwertung von Alttextilien stellt eine Dienstleistungskonzession dar, die nicht den Bestimmungen des Vergaberechts nach dem GWB unterliegt.
- Ein entgeltlicher Dienstleistungsauftrag liegt nicht vor, weil der Konzessionär für seine Dienstleistungen keine Zahlungen oder eine andere Leistung von der Vergabestelle erhält, die als Entgelt anzusehen ist. Die Vergabestelle verschafft als Gegenleistung auch nicht das Eigentum an den Alttextilien.
Sachverhalt
Die Vergabestelle hat in einem gewerblichen Verfahren die Dienstleistungskonzession zum Aufstellen von Sammelbehältern für Sammlung, Transport und Verwertung von Alttextilien ausgeschrieben. Es wurde von der Vergabestelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um die Vergabe einer Dienstleistungskonzession handelt, auf die die Regelungen des GWB-Vergaberechts sowie der EG-Vergabekoordinierungsrichtlinie keine Anwendung finden. Das wettbewerbliche Verfahren wurde lediglich punktuell an die Vorgaben der VOL/A-EG angelehnt. Eine Selbstbindung der Vergabestelle an die VOL/A-EG sollte hiermit weder insgesamt noch partiell verbunden sein. Hiergegen hat sich ein Bieter gewandt, verbunden mit dem Ziel einer reglementierten Vergabe.
Die Entscheidung
Das OLG Celle sieht die Vergabe zum Aufstellen von Sammelbehältern für Sammlung, Transport und Verwertung von Alttextilien als Dienstleistungskonzession an, für die die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht zuständig sind. Es handelt sich um keinen entgeltlichen Auftrag. Gezahlt wird lediglich eine monatliche Vergütung pro Standplatz für die Bereitstellung der Flächen. Auch kann keine Entgeltlichkeit in der Überlassung der Alttextilien gesehen werden. Die Alttextilien werden unmittelbar vom Nutzer dem Auftragnehmer durch Einwurf in die Container überlassen. Die Vergabestelle erwirbt weder unmittelbar noch mittelbar Eigentum. Unbeachtlich ist hierbei, dass die Vergabestelle neben dem Auftragnehmer auf den Containern durch Aufkleber ausgewiesen ist. Der Auftragnehmer ist auch nicht als Besitzdiener der Vergabestelle oder dessen Stellvertreter anzusehen. Dies würde dann in Betracht kommen, wenn der Auftragnehmer als Drittbeauftragter im Sinne des § 22 KrWG tätig würde. Es handelt sich um keine Drittbeauftragung, sondern um eine gewerbliche Sammlung nach § 3 Abs. 18, 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG. Unbeachtlich für die Annahme einer gewerblichen Sammlung ist, dass dem Auftragnehmer von der Vergabestelle Entsorgungspflichten auferlegt werden, eine regelmäßige Entleerung abverlangt wird und über die gesetzlichen Vorgaben hinaus Verwertungsquoten vorgegeben werden. Ebenso ist ohne Beachtung, dass die zuständige abfallrechtliche Behörde die nahezu identische Interimsvergabe als Drittbeauftragung angesehen hat.
Rechtliche Würdigung
In der Rechtsprechung ist umstritten, ob und inwieweit im Entsorgungsbereich eine Dienstleistungskonzession vorliegen kann. Ausgeschlossen wurde im Abfallrecht eine Dienstleistungskonzession, wenn die entsorgungspflichtige Stelle einen Dritten beauftragt und dem Dritten dadurch Entgeltansprüche gegen den Nutzer zustehen sollten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2011 – Verg 51/11). Eine Dienstleistungskonzession wird als zulässig angesehen, wenn eine gewerbliche Sammlung von Abfällen vorliegt. Hierfür war jedoch auch erforderlich, dass die Beauftragung keine Entsorgungspflichten beinhaltet (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2012 – Verg 78/12). Das OLG Celle sieht nunmehr eine Dienstleistungskonzession auch dann als zulässig an, wenn die Vereinbarung Entsorgungspflichten enthält, die sogar über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen.
Praxistipp
Vor diesem Hintergrund kann demnach die containergestützte Entsorgung von Alttextilien zukünftig als Dienstleistungskonzession ausgeschrieben werden. Übertragbar ist diese Entscheidung auch auf alle anderen wertstoffhaltigen Abfälle, wie beispielsweise Altpapier. Denkbar ist hierbei, dass Gegenstand einer Dienstleistungskonzession sowohl die gewerbliche Sammlung durch Sammelcontainer im Wege eines Bringsystems als auch die haushaltsnahe Erfassung mittels Abfallbehälter im Holsystem ist. Bedeutung haben könnte diese Entscheidung auch sogar für solche Abfälle, bei denen es sich nicht nur um wertstoffhaltige Abfälle handelt. Denkbar könnte hierbei auch eine gewerbliche Sammlung von Bioabfällen sein, die als Dienstleistungskonzession vergeben wird. Sofern dem Entsorger einer solchen Sammlung Entgeltansprüche gegen den Nutzer zustehen, wird dies jedoch für eine ausschreibungspflichtige Drittbeauftragung sprechen.
Dominik R. Lück
Der Autor Dr. Dominik R. Lück ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Köhler & Klett Rechtsanwälte in Köln. Dort ist er Leiter des vergaberechtlichen Fachbereichs und verfügt über langjährige Erfahrung im Vergaberecht und in den Bereichen des Umweltrechts, insbesondere des Abfallrechts.
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