Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW) hat mit Beschluss vom 25. März 2014 (1 S 169/14) entschieden, dass Auskunftsansprüche privater Datensammler in Bezug auf Ausschreibungsinformationen öffentlicher Auftraggeber weder auf der Grundlage des einschlägigen Landespressegesetzes noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt sind. Mit seiner Entscheidung schiebt der VGH BW insbesondere Auskunftsansprüchen von Internetportalen einen Riegel vor. Bereits im vergangenen Jahr hatte der VGH BW festgestellt, dass das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, Bekanntmachungstexte, die von einem bestimmten Ausschreibungsdienst veröffentlicht worden sind, auf Anfrage auch anderen Ausschreibungsdiensten zu überlassen (vgl. den Beitrag des Autors hier).
Hintergrund
In der letzten Zeit erhielten zahlreiche öffentliche Auftraggeber Anfragen privater Informationsdienstleister, mit denen die öffentlichen Auftraggeber aufgefordert wurden, Ausschreibungsinformationen in bestimmten Internetportalen einzugeben. In der Regel zielten die Auskunftsbegehren darauf ab, von öffentlichen Auftraggebern nach der Beendigung von Vergabeverfahren Informationen in Bezug auf den Namen und die Adresse des ermittelten Auftragnehmers, den Auftragswert in Euro und die Anzahl der Bieter übermittelt zu bekommen. Den vermeintlichen Auskunftsanspruch stützten die Unternehmen der Informationslogistik zumeist auf das in dem jeweiligen Bundesland einschlägige Landespressegesetz, das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes oder ‒ soweit vorhanden ‒ das entsprechende Informationsfreiheitsgesetz des jeweiligen Bundeslandes und auf den Rundfunkstaatsvertrag.
Rechtliche Würdigung
Der VGH Baden-Württemberg stellte im Rahmen seiner Entscheidung fest, dass es keine rechtliche Grundlage für den von dem privaten Informationsdienstleister geltend gemachten Auskunftsanspruch gebe. Der Gerichtshof arbeitete in seiner Entscheidungsfindung insbesondere heraus, dass das Landespressegesetz Baden-Württemberg nicht einschlägig sei. Weder handele es sich bei den Internetseiten um „Presse“ im Sinne des Pressegesetzes Baden-Württemberg noch um journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote. Entscheidend sei nach Auffassung des VGH BW in dieser Hinsicht, dass die Angebote der Informationsdienstleister sowohl insgesamt (Internetportale) als auch einzelne abgrenzbare Teile (E-Mail-Service, Suche nach Vergabeverfahren, Kontakt- oder Adress-Center) keine publizistische Zielsetzung beinhalten. Vielmehr seien die Angebote auf die Geschäftsinteressen der gewerblichen Nutzer aus dem Bereich der Bauwirtschaft und auf die eigenen Geschäftsinteressen der Antragstellerin (Gewinnung zahlender Premiumnutzer) zugeschnitten. Eine derartige kommerzielle Kommunikation falle jedoch grundsätzlich nicht unter die journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote. Diese Zielsetzung werde von der Antragstellerin nur vorgeschoben.
Auch der Schutzbereich des Grundrechts der Presse- und Rundfunkfreiheit sei für die Antragstellerin voraussichtlich nicht eröffnet. Den registrierten Nutzern werden lediglich solche Informationen über abgeschlossene Vergabeverfahren vorenthalten, die nach den vergaberechtlichen Regelungen nicht zu veröffentlichen und daher nicht allgemein zugänglich sind.
Ausblick
Die Entscheidung des VGH BW verdient Zustimmung. Öffentliche Auftraggeber können aufatmen, weil sie weder auf der Grundlage des einschlägigen Landespressegesetzes noch unter einem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sind, privaten Informationsdienstleistern Ausschreibungsinformationen über abgeschlossene Vergabeverfahren zukommen zu lassen. Nach wie vor müssen öffentliche Auftraggeber eine Bekanntmachung über vergebene Aufträge nur in den Fällen vornehmen, in denen vergaberechtliche Vorschriften hierzu eine Verpflichtung enthalten. In diesen gesetzlich vorgesehenen Fallkonstellationen kann jeder Marktteilnehmer die von öffentlichen Auftraggebern bekanntgegebenen Ausschreibungsinformationen ohne Weiteres ermitteln und in rechtlich zulässiger Weise weiterverwenden.
Dr. Martin Ott
Der Autor Dr. Martin Ott ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Herr Dr. Ott berät und vertritt bundesweit in erster Linie öffentliche Auftraggeber umfassend bei der Konzeption und Abwicklung von Beschaffungsvorhaben. Auf der Basis weit gefächerter Branchenkenntnis liegt ein zentraler Schwerpunkt in der Gestaltung effizienter und flexibler Vergabeverfahren. Daneben vertritt Herr Dr. Ott die Interessen der öffentlichen Hand in Nachprüfungsverfahren. Er unterrichtet das Vergaberecht an der DHBW und der VWA in Stuttgart, tritt als Referent in Seminaren auf und ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichen. Er ist einer der Vorsitzenden der Regionalgruppe Stuttgart des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW).
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