Die Umsetzung internationaler Übereinkommen zur Bekämpfung der Korruption ist Ziel eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung (18/4350), der u.a. § 298 StGB („Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen“) betrifft.
Der Bundesrat (Sitzung v. 6.3.2015) kommt zum Schluss, dass der geplante Wortlaut von 298 Abs. 1 StGB mit Blick auf die Korruption bei der Vergabe von Bauleistungen angepasst werden muß, da dieser Bereich „eine hohe Anfälligkeit für Delikte dieser Art aufweist.” Dem widerspricht die Regierung.
Wegen der engen Kartell- und Vergaberechtsakzessorietät dieser Vorschrift müsse der Anwendungsbereich von § 298 Absatz 1 StGB insbesondere auf die Regelungen des § 99 GWB abgestimmt sein, so der Bundesrat in seiner Stellungnahme.
Gewerbliche Leistungen oder Dienstleistungen?
Mit dem “Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption” will die Bundesregierung u.a. als Folgeänderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb das Tatbestandsmerkmal „gewerbliche Leistungen“ in § 298 Abs. 1 StGB durch das Tatbestandsmerkmal „Dienstleistungen“ ersetzen. Richtig sei, so der Bundesrat, dass das Tatbestandsmerkmal der „Dienstleistungen“ im Lauterkeitsrecht „in einem weiten Sinne“ zu verstehen ist. Der Wortlaut des § 298 Absatz 1 StGB müsse jedoch wegen des engen Sachzusammenhangs weiterhin auf den Regelungsbereich des Kartellvergaberechts abgestimmt sein. Entscheidend für die Tatbestandsmerkmale „Waren oder gewerbliche Leistungen“ seien die kartellrechtlichen Vorschriften (vgl. § 19 Absatz 2, §§ 97 ff. GWB).
§ 298 StGB Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen
(1) Wer bei einer Ausschreibung über Waren oder gewerbliche Leistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Ausschreibung im Sinne des Absatzes 1 steht die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich.
(3) Nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2, wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß der Veranstalter das Angebot annimmt oder dieser seine Leistung erbringt. Wird ohne Zutun des Täters das Angebot nicht angenommen oder die Leistung des Veranstalters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Annahme des Angebots oder das Erbringen der Leistung zu verhindern.
Mit der Formulierung „Dienstleistungen“ würde nach Auffassung des Bundesrates der Anwendungsbereich des § 298 StGB zu eng gefasst und der Bereich der Bauleistungen – zumindest nach dem Wortsinn – nicht einbezogen. Damit würde ein Bereich ausgespart, der eine hohe Anfälligkeit für Delikte dieser Art aufweist. Sollte die Formulierung nicht geändert werden, könnte nach Ansicht des Bundesrates der gesamte Bereich der unerlaubten Absprachen bei Bauleistungen aus der Verfolgung der Kartellbehörden entfallen
Gegenstellungnahme der Bundesregierung
Dem folgt die Bundesregierung in ihrer Antwort darauf (BR-Drs. 25/15 – Beschluss) nicht. Sie hält eine Änderung der für § 298 des Strafgesetzbuches (StGB) vorgesehenen Formulierung für nicht
veranlasst. Die in der Stellungnahme des Bundesrates geäußerten Bedenken gegen die Ersetzung des Begriffs „gewerbliche Leistungen“ durch „Dienstleistungen“ werden nicht geteilt, da die Änderung den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht einschränke und insbesondere Ausschreibungen von Bauleistungen weiterhin vom Anwendungsbereich des § 298 StGB erfasst blieben.
Bei der Ersetzung der Wörter „gewerbliche Leistungen“ durch „Dienstleistungen“ handele es sich, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung erläutert, um eine redaktionelle
Folgeänderung zu der entsprechenden bereits im Jahre 2008 erfolgten Änderung des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG). Inhaltliche Einschränkungen sind damit nicht verbunden.
Die vom Bundesrat angeführte Unterscheidung zwischen „Bauleistungen“ und „Dienstleistungen“ in § 99 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sei für die Auslegung
des Begriffs „Dienstleistungen“ in § 298 StGB-E nicht maßgeblich. Der Begriff „Dienstleistungen“ in § 298 StGB sei vielmehr unter Rückgriff auf § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im
geschäftlichen Verkehr) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb autonom auszulegen.
Gegen eine maßgebliche Heranziehung der §§ 97 ff. GWB für die Auslegung des Begriffs „Dienstleistungen“ in § 298 StGB spreche bereits, dass der Tatbestand des § 298 StGB auch Ausschreibungen erfasst, die sich nicht nach den Regelungen dieser Vorschriften richten, wie zum Beispiel Vergabeverfahren eines privaten Veranstalters. Auch bei Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte (vgl. § 100 Absatz 1 GWB) richte sich das Vergabeverfahren nicht nach den §§ 97 ff. GWB, sondern nach den Regelungen der VOL/A, der VOB/A oder der Vergabe- und Vertragsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF).
Die Begriffe „Waren oder Dienstleistungen“ seien in § 2 UWG, an dem sich die Auslegung maßgeblich zu orientieren habe, im weitesten Sinne zu verstehen. Der Begriff „Dienstleistungen“ erfasse jede geldwerte unkörperliche Leistung, ohne dass es auf die rechtliche Qualifikation des zugrunde liegenden Vertrags ankäme. Auf eine genaue Abgrenzung zu dem Tatbestandsmerkmal „Waren“ komme es dabei nicht an, da nach der gesetzlichen Regelung Waren und Dienstleistungen gleichgestellt seien. Dies gelte entsprechend für die gleichlautende Formulierung in § 298 StGB-E, so die Bundesregierung.
Quelle: Vergabeblog
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