Am 28. April 2016 findet in Berlin der 1. IT-Vergabetag des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) statt. In insgesamt fünf Workshops werden relevante und aktuelle Themen zur Beschaffung von IT-Leistungen durch namhafte Experten aufbereitet und Hilfestellungen für die Vergabepraxis gegeben. Im Vorfeld der Konferenz möchten wir Ihnen einen Workshops vorstellen: “Neues zur Eignung nach der VgV 2016 – Anforderungen an Unternehmen”
Anders als bisher reiht sich die Eignungsprüfung nicht mehr in die 4-stufige Angebotswertung ein, sondern ist ein gesondert zu prüfender Punkt.
Grundsätzlich hat die Eignungsprüfung vor der Angebotsprüfung zu erfolgen. Das liegt bei zweistufigen Verfahren in der Natur der Sache, da die Eignung abschließend im vorgelagerten Teilnahmewettbewerb festgestellt werden muss. Für das offene Verfahren bestimmt § 42 Abs. 3 VgV, dass der öffentliche Auftraggeber entscheiden kann, ob er die Angebotsprüfung vor der Eignungsprüfung durchführt.
1. Ausschlussgründe
Nach der neuen Systematik sind die unternehmensbezogenen Ausschlussgründen fortan im GWB (§§ 123, 124 GWB) geregelt und werden im Rahmen der Eignung geprüft. Im Unterschied dazu bezieht sich die Vorschrift des § 57 VgV nur auf den Ausschluss von Angeboten und ist damit Teil der Angebotsprüfung.
§ 123 GWB regelt die zwingenden Ausschlussgründe. Bei Vorliegen eines zwingenden Ausschlussgrundes steht dem öffentlichen Auftraggeber kein Ermessen bei der Entscheidung zu, ob das Unternehmen ausgeschlossen wird. Neu ist, dass nun auch die Nichtzahlung von Steuern und Abgaben ein zwingender Ausschlussgrund ist. Allerdings gibt es neben der generellen Möglichkeit der Selbstreinigung hierfür noch weitere Gründe, weswegen der Auftraggeber im Einzelfall doch vom Ausschluss absehen darf.
§ 124 regelt die fakultativen Ausschlussgründe, die gegenüber den alten Regelungen wesentlich erweitert bzw. neu strukturiert wurden. So regelt § 124 Nr. 7 GWB erstmals eine Ausschlussmöglichkeit wegen Schlechtleistung, d.h. wenn ein Unternehmen bei einem früheren Auftrag erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer Beendigung, zu Schadenersatz oder zu einer vergleichbaren Sanktion geführt hat.
2. Selbstreinigung
In § 125 GWB wird nunmehr die Möglichkeit einer Selbstreinigung kodifiziert. Die Unternehmen haben einen Anspruch darauf, den Ausschluss durch den Nachweis von Selbstreinigungsmaßnahmen zu verhindern. Gemäß § 125 GWB darf der öffentliche Auftraggeber trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 123 oder 124 GWB das Unternehmen nicht auszuschließen, wenn dieses nachgewiesen hat, dass es kumulativ
– für jeden verursachten Schaden ein Ausgleich gezahlt oder zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat,
– durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber die Tatsachen umfassend aufgeklärt hat und
– konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen getroffen hat, um weiteres Fehlverhalten zu vermeiden.
3. Eignungsnachweise
Gemäß § 122 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen festgelegten Eignungskriterien erfüllt. Diese dürfen ausschließlich Folgendes betreffen:
– Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung
– Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit
– Technische und berufliche Leistungsfähigkeit
Die vom öffentlichen Auftraggeber zur Überprüfung der Eignung zu stellenden Kriterien müssen einer dieser Kategorien zugeordnet werden können. Sie müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die Einzelheiten sind in der Vergabeverordnung, in §§ 44 bis 46 VgV, abschließend geregelt.
Dem öffentlichen Auftraggeber ist freigestellt, ob er überhaupt bestimmte Eignungskriterien festlegt. Die §§ 44 bis 46 VgV bestimmen den Rahmen und die Obergrenze der zulässigen Eignungskriterien, aber keinen Mindestumfang.
4. Eignungsleihe
Die Eignungsleihe ist nunmehr als gesonderter Paragraph in § 47 VgV ausführlich geregelt.
Neu ist, dass der Bieter die Möglichkeit (und sogar die Pflicht hat) ein eignungsleihendes Unternehmen zu ersetzen, wenn für dieses z.B. ein zwingender Ausschlussgrund vorliegt. Außerdem ist eine Eignungsleihe in Bezug auf Referenzen und Qualifikation von Mitarbeitern nur noch möglich, wenn das eignungsleihende Unternehmen die in Bezug genommene Leistung im Auftragsfall (als Nachunternehmer) auch erbringt. Außerdem kann der Auftraggeber in bestimmten Fällen eine gemeinsame Haftung oder sogar eine Selbstausführungspflicht vorschreiben.
5. Belege für die Eignung, insbesondere EEE
Weiterhin sollen die Auftraggeber vorrangig Eigenerklärungen fordern. Bieter und Bewerber können auf die Vorlage der verlangten Eigenerklärungen oder sonstigen Nachweise jedoch auch (zunächst) komplett verzichten, wenn sie mit dem Teilnahmeantrag oder dem Angebot eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung einreichen (§ 48 Absatz 3 VgV). Diese muss der öffentliche Auftraggeber als vorläufigen Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen akzeptieren.
Vor der Zuschlagserteilung muss der öffentliche Auftraggeber denjenigen Bieter, an den er den Auftrag vergeben will, auffordern, die in der Auftragsbekanntmachung geforderten Unterlagen als Beleg der Eignung des Bieters und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen beizubringen (§ 50 Abs. 2 Satz 2 VgV). Im zweistufigen Verfahren würde man wohl schon vor Abschluss des Teilnahmewettbewerbes von den für die Aufforderung in Betracht kommenden Bewerbern diese Belege verlangen (vgl. § 50 Abs. 2 Satz 1 VgV).
Die Einzelheiten zu den Neuregelungen und die Konsequenzen für die Beschaffungspraxis wird Frau RAin Aline Fritz ausführlich im Rahmen des Workshops während des IT-Vergabetags am 28.04.2016 mit Ihnen diskutieren.
Das vollständige Programm und die Anmeldemöglichkeit zum 1. IT-Vergabetag 2016 finden Sie hier.
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