Der 1. IT-Vergabetag des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) war bereits bei seiner Premiere am 28. April in Berlin ausverkauft: “Angesichts der Vielzahl bestehender Veranstaltungen zur IT-Vergabe macht dies deutlich, wie groß der Bedarf praxisnaher Hilfen in diesem komplexen Themenfeld ist“, so Marco Junk, Geschäftsführer des DVNW. (Foto: Eröffnung durch Tagungsleiter Dr. Friedrich Ludwig Hausmann, Partner bei PWC Legal).
Nach einer Erhebung des Branchenverbands Bitkom geben Bund, Länder und Gemeinden jedes Jahr mehr als 20 Milliarden Euro für Informations- und Kommunikationstechnologien sowie damit verbundenen Dienstleistungen aus. Zahlenmäßig fällt der weit überwiegende Teil dabei in den kommunalen Bereich. „Für diese beinhaltet die Beschaffung von IT-Leistungen sowohl vergaberechtlich als auch technisch eine besondere Herausforderung und Dynamik. Der erste IT-Vergabetag des Deutschen Vergabenetzwerks hat es mit seinen qualifizierten Referenten, der großen Themenbreite und den interaktiven Workshops hervorragend geschafft, praxisnahe Antworten auf die vielen Fragen und Herausforderungen bei der Beschaffung von IT-Leistungen zu geben“, so Norbert Portz, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) für das Vergaberecht (Foto oben).
Vergaberechtsreform
Selbstverständlich zog sich die aktuelle Vergaberechtsreform wie ein roter Faden durch das Tagungsprogramm. Vor dem Hintergrund der danach künftig verpflichtenden elektronischen Kommunikation bei der öffentlichen Auftragsvergabe wies Hans-Peter Müller (Foto unten) vom Bundeswirtschaftsministerium, welches die aktuelle Vergaberechtsreform federführend umsetzte, in seinem Vortrag „Neues Vergaberecht – Folgen für die IT-Beschaffung“ darauf hin, dass im Verhandlungsverfahren und im Wettbewerblichen Dialog auch weiterhin ein mündliches Verhandeln, Auge in Auge, zulässig ist. „Ein chatroom“ müsse nicht eingerichtet werden. Beide Verfahrensarten seien von ihrem Charakter auf ein mündliches Verhandeln ausgerichtet und dementsprechend in den EU-Richtlinien inhaltlich ausgestaltet. Die elektronische Kommunikation betreffe den Rahmen des Vergabeprozesses, nicht aber die interne Gestaltung der Verfahrensarten, wie etwa das Verhandlungsverfahren. Daran habe sich durch die Reform und die verpflichtende Vorgabe zur elektronischen Kommunikation nichts geändert.
Praxisworkshops
Wie auch beim Deutschen Vergabetag des DVNW, der in diesem Jahr am 6. und 7. Oktober in Berlin stattfindet, wurde das Programm durch Praxisworkshops, ausgerichtet am Bedarf der Beschaffer, abgerundet. Rechtsanwalt René Kieselmann, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte aus Berlin und Fachmann für IT-Vergaben, vertiefte in seinem Workshop am Nachmittag die mit der Vergaberechtsreform verbundenen Änderungen mit Blick auf IT-Vergaben. Die zahlreichen Nachfragen aus dem Kreis der Beschaffer machten dabei deutlich, dass hier noch viele Fragen offen sind. „Der 1. IT-Vergabetag war ein erfolgversprechender Auftakt für praxisnahen Austausch im IT-Vergaberecht und ein erfolgreicher Ableger des Deutschen Vergabetages des DVNW, der hoffentlich seine Fortsetzung findet“, so Kieselmann.
Begleitausstellung
Im dichten Gedränge der Pausen konnten sich die rund 200 Fachbesucher auch ein unmittelbares Bild von Lösungsanbietern im Bereich elektronischer Beschaffung machen. „Der 1. IT-Vergabetag 2016 war eine gelungene Premiere, bei der den Fachbesuchern Vorträge zu aktuellen vergaberechtlichen Themen und eine ausgewogene Auswahl aus interessanten Ausstellern präsentiert wurden. Das Interesse des Fachpublikums an den Vorträgen und ausgestellten Systemen und Leistungen sowie die sehr guten Networking-Möglichkeiten haben unsere Erwartungen an die Veranstaltung erfüllt“, resümiert Miroslav Snaidr von der T-Systems Multimedia Solutions GmbH.
Blick über den Tellerrand
Dabei blickte das Konferenzprogramm über den vergaberechtlichen Tellerrand hinaus. So wurde u. a. das Thema IT-Sicherheit und Datenschutz vertieft behandelt. “Gerade diese Querschnittsthemen machen eine IT-Beschaffung so komplex und anspruchsvoll”, so Junk vom DVNW, “wer das Thema ernst nimmt, darf diese daher nicht außer acht lassen”. Dabei sollte man sich als Besucher auch kritisch damit beschäftigen, wer als Anbieter hinter den Fortbildungsveranstaltungen zur IT-Vergabe steht. “Wenn Veranstalter von Kongressen zur ITK-Beschaffung selbst IT-Dienstleister sind, könnte es sein, dass hier nicht nur Wissen vermittelt, sondern vor allem Kunden gewonnen werden sollen”, so Junk.
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