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Kein Auskunftsanspruch für Informationsdienste auf Ausschreibungsinformationen über abgeschlossene Vergabeverfahren (VG Stuttgart, Urt. v. 23.06.2016 ‒ 1 K 3376/13)

Nach wie vor werden öffentliche Auftraggeber häufig von privaten Informationsdiensten aufgefordert, nach Auftragsvergabe Informationen zu den Ausschreibungsergebnissen für eine Veröffentlichung anzugeben. Die Thematik war bereits mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Vor kurzem sah das VG Schwerin einen Presseauskunftsanspruch zu Informationen über eine Auftragsvergabe als gerechtfertigt an (Urt. v. 18.05.2015 ‒ 6 A 75/14; vgl. den Beitrag des Autors, Vergabeblog.de vom 28/01/2016, Nr. 24687). Demgegenüber hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 25. März 2014 festgestellt, dass privaten Datensammlern kein Auskunftsanspruch gegen öffentliche Auftraggeber zusteht (1 S 169/14; vgl. den Beitrag des Autors, Vergabeblog.de vom 28/01/2016, Nr. 19767). In diese Rechtsprechung reiht sich das Urteil des VG Stuttgart vom 23. Juni 2016 (1 K 3376/13). Demnach besteht kein presserechtlicher Auskunftsanspruch, wenn der Schwerpunkt des Angebots des Informationsdienstes auf der kommerziellen Vermarktung der Informationen liege. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, das Berufungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist derzeit anhängig.

Hintergrund

Die Auskunftsansprüche der Informationsdienste zielen darauf ab, Informationen über bereits abgeschlossene Vergabeverfahren zu erhalten. In der Regel werden die Auftraggeber ersucht, den Namen des Auftragnehmers, die Anzahl der Bieter sowie die Auftragssumme preiszugeben. Die Unternehmen der Informationslogistik berufen sich hierbei zumeist auf einen Anspruch aus dem jeweiligen Landespressegesetz, dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes oder eines Landes, soweit letzteres vorhanden ist, oder auf den Rundfunkstaatsvertrag.

Entscheidung

Das VG Stuttgart verneinte einen Auskunftsanspruch. Es fehle an der journalistisch-redaktionellen Tätigkeit des Informationsdienstleisters. Dass der klagende Informationsdienst neben dem Betrieb mehrerer Internetportale auch eine quartalsweise erscheinende Zeitschrift mit Informationen über vergebene Aufträge herausgibt, ändere nichts an dieser Einschätzung. Eine journalistische Tätigkeit setze einen Beitrag zum demokratischen Meinungsbildungsprozess voraus. Ein solcher Beitrag werde jedoch nur dann erbracht, wenn der publizistische Beitrag nicht nur schmückendes Beiwerk einer im Übrigen rein kommerziellen Kommunikation sei. Davon sei vorliegend auszugehen, weil der Geschäftszweck in der Sammlung und Aufbereitung von Auftragsinformationen für Unternehmen insbesondere der Bauwirtschaft liege. Die Internetportale seien vorwiegend auf Geschäftsinteressen gewerblicher Nutzer zugeschnitten.

Rechtliche Würdigung

Interessant an der Entscheidung des VG Stuttgart ist, dass auch ein Printmedium in Ergänzung zu den Internetplattformen des Informationsdienstes nicht zwingend ein journalistisch-redaktionelles Angebot darstellt. Zutreffend stellt das VG Stuttgart fest, dass bei der Überprüfung ein individueller Maßstab anzulegen ist, der die Nutzersicht in den Vordergrund stellt. Für den einzelnen Nutzer sei jedoch das Gesamtangebot aus Internetportalen und dem erscheinenden Printmedium maßgeblich.

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Fazit

Die Entscheidung des VG Stuttgart verdient Zustimmung. Öffentliche Auftraggeber sind grundsätzlich weder auf der Grundlage des einschlägigen Landespressegesetzes noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, privaten Informationsdiensten Ausschreibungsinformationen über abgeschlossene Vergabeverfahren zukommen zu lassen. Presserechtliche Auskunftsansprüche dienen nicht dazu, kommerziellen Anbietern zu einer Verbesserung ihrer Position am Markt zu verhelfen. Daher ist die verwaltungsgerichtliche Betrachtungsweise aus Nutzersicht konsequent. Den Nutzern werden keine Informationen über abgeschlossene Vergabeverfahren vorenthalten. Schließlich müssen öffentliche Auftraggeber eine Bekanntmachung über vergebene Aufträge nur in den Fällen vornehmen, in denen vergaberechtliche Vorschriften hierzu eine Verpflichtung enthalten. Dann kann jeder Marktteilnehmer die bekanntgegebenen Ausschreibungsinformationen ohne weiteres ermitteln und in rechtlich zulässiger Weise weiterverwenden.

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Über Dr. Martin Ott

Der Autor Dr. Martin Ott ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Herr Dr. Ott berät und vertritt bundesweit in erster Linie öffentliche Auftraggeber umfassend bei der Konzeption und Abwicklung von Beschaffungsvorhaben. Auf der Basis weit gefächerter Branchenkenntnis liegt ein zentraler Schwerpunkt in der Gestaltung effizienter und flexibler Vergabeverfahren. Daneben vertritt Herr Dr. Ott die Interessen der öffentlichen Hand in Nachprüfungsverfahren. Er unterrichtet das Vergaberecht an der DHBW und der VWA in Stuttgart, tritt als Referent in Seminaren auf und ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichen. Er ist einer der Vorsitzenden der Regionalgruppe Stuttgart des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW).

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2 Kommentare

  1. Rosenauer

    Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig

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  2. Martin Mahn

    „noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt“

    Diese Pauschalierung halte ich vor dem Hintergrund der Informationsfreiheitsgesetze für zumindest fragwürdig.

    Reply

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