Die Ergebnisse der zweiten Ausschreibung für Windenergie an Land sorgen weiterhin für intensive Diskussionen in der Windbranche. Hersteller, Projektierer und Finanzexperten sehen systematische Fehler und sorgen sich um die allgemeine Marktentwicklung in der Windenergiebranche. Die Bundesnetzagentur hatte im aktuellen Windenergie-Ausschreibungsverfahren 67 Geboten mit einem Umfang von 1.013 Megawatt (MW) einen Zuschlag erteilt (siehe ). Der durchschnittliche Zuschlagswert liegt bei 4,28 Eurocent je Kilowattstunde (kWh). Die Kritik am Verfahren nimmt indessen immer weiter zu.
Das bei den Ausschreibungsverfahren angewandte „Niedrigstpreisprinzip“ fürhre zu einem allgemeinen Preisverfall. Seit der Umstellung zur wettbewerblichen Preisfestlegung durch die Beteiligung der Windparkplaner an öffentlichen Ausschreibungen sein ein drastischer Preisabfall von 6 auf knapp 4 Cent/kWh zu verbuchen, was darauf zurückgeführt wird, dass die Bundesnetzagentur konsequent diejenigen Windenergieanbieter bezuschlagt hat, die mit dem niedrigsten Preis ins Rennen gingen.
Bei der zweiten Wind-Ausschreibung 2017 entfielen rund 90 Prozent der Zuschläge (60 absolut) auf Bürgerenergiegesellschaften. 37 dieser Bürgerenergieprojekte mit einem Volumen von 660 MW sind unter Beteiligung des Projektierers UKA aus Meißen eingereicht worden. Zusätzlich gingen fünf weitere Zuschläge mit 30 MW ohne Bürgerenergieprivileg an weitere UKA-Gesellschaften. Doch auch Gewinner UKA ist mit dem Verfahren unzufrieden. Nicht-Bürgerenergiegesellschaften hätten aktuell eine äußerst geringe Chance auf einen Zuschlag. Dadurch könnten der Erhalt der Akteursvielfalt sowie ein regional gleichmäßiger Ausbau gefährdet werden. Der Projektierer aus Meißen plädiert für eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImschG) zur generellen Teilnahmevoraussetzung am Ausschreibungsverfahren. Bürgerenergiegesellschaften benötigen diese Genehmigung derzeit noch nicht. UKA ist im Übrigen kein stimmberechtigter Gesellschafter einer dieser Bürgerenergiegesellschaften.
Auch der Hersteller Enercon übt Kritik an den Ausschreibungen. Die Besserstellung der Bürgerenergiegesellschaften habe zu hohem Missbrauch geführt, so Enercon gegenüber IWR Online. Die geringen Gebotshöhen zwischen 3,5 und 4,29 Eurocent je Kilowattstunde würden zeigen, dass hier „spekulativ darauf gesetzt wurde, durch diese stillschweigende Monopolisierung Druck auf Anlagenpreise ausüben zu können.“ Wie UKA und Verbände fordert Enercon, schon in der kommenden Ausschreibungsrunde nur baureife Projekte mit immissionsschutzrechtlicher Genehmigung zur Gebotsabgabe zuzulassen. Ansonsten drohten neben einem schwachen Windzubau in 2018 und 2019 weitreichende Folgen für die Windindustrie und die weitere Umsetzung der Energiewende insgesamt.
Heftige Kritik übt der auf ökologische Geldanlagen spezialisierte Finanzanlagenvermittler Grüne Sachwerte aus Bremen. Zwar würden die Medien von den „positiven Ergebnissen durch niedrige Kosten“ berichten, doch dies sei zu kurz gedacht und gesprungen. Für Geschäftsführer Michael Horling ist klar: „Die sogenannten „Bürgerenergiegesellschaften sind überwiegend ein Umgehungstatbestand – sie gehören professionellen Projektierern und nutzen die Regelung aus, dass sie noch keine BimSchG-Genehmigungen benötigen.“ Zudem werde wegen der längeren Umsetzungsfrist darauf spekuliert, Windstrom zu niedrigeren Gestehungskosten zu produzieren. Horling zu den Folgen für Anleger: „Aus den Ausschreibungen werden jedenfalls für private Investoren nahezu keine Beteiligungsmöglichkeiten entstehen, was sehr bedauerlich für die Akzeptanz der Energiewende ist.“ Der Finanzanlage-Experte geht davon aus, dass die meisten Projekte weiter an Großinvestoren veräußert werden.
Quelle: Windbranche.de
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