Die Ergebnisse des ersten europaweiten Ausschreibungsverfahrens für serielles und modulares Bauen stehen fest. Neun Bieter erhielten gestern in Berlin den Zuschlag für ihre innovativen Wohnungsbaukonzepte, aus denen Mitgliedsunternehmen des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW ab sofort auswählen können. Dazu hat der GdW als Initiator der Ausschreibung im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundesbauministerium, dem Hauptverband der Bauindustrie und der Bundesarchitektenkammer eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet.
Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland erhalten mit der Vereinbarung die Möglichkeit, ihre Wohnungsneubauprojekte schneller, einfacher, kostengünstiger und in hoher Qualität zu realisieren. Die Zeitersparnis ergibt sich insbesondere dadurch, dass Teile der Projektausschreibung und vergabe sowie der Planung eines vorgesehenen Wohnungsbaus durch die Rahmenvereinbarung vorweggenommen werden – und durch kürzere Baustellenzeiten dank der Vorfertigung von Bauteilen. Aus den neun Angeboten des neuen Rahmenvertrags können Wohnungsunternehmen das für sie passende Modellgebäude auswählen, das anschließend in erster Linie nur noch an das vorhandene Grundstück angepasst werden muss.
Die Angebotspreise für die neun innovativen Modellgebäude liegen zwischen 2.000 und 3.200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und damit unter den durchschnittlichen Herstellungskosten für Mehrfamilienhäuser in Deutschland. Die in der neuen Vereinbarung festgeschriebenen Preise gelten für fünf Jahre. Skaleneffekte sind bei Mehrfachbeauftragung eines Modellgebäudes im Angebot enthalten. Weitere Kostenvorteile werden bei den seriellen und modularen Wohnungsbauprojekten zukünftig durch die weiter zunehmende Vorfertigung von Bauteilen erwartet.
Aus insgesamt rund 50 Bewerbern wurden 15 Teilnehmer ausgewählt, die ihre Angebote anschließend eingereicht haben. Geprüft und bewertet wurden die Konzepte in einem aufwändigen Verfahren durch ein eigens einberufenes Bewertungsgremium, das sich aus Experten der Bau- und Wohnungswirtschaft und dem Forschungsbereich aus dem gesamten Bundesgebiet sowie Vertretern des Bundesbauministeriums zusammensetzte. Die endgültige Auswahl der neun Bieter erfolgte auf Grundlage der Ergebnisse des Bewertungsgremiums durch den Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW als Vergabestelle.
Zu den zentralen Anforderungen an die eingereichten Angebote gehörten beispielsweise: eine gestalterisch ansprechende Architektur, städtebaulich variable Gebäude, eine Minimierung von Verkehrsflächen, Minimierung von Verkehrsflächen, ausreichende Belichtung für Wohnkomfort und Energieeffizienz, kompakte und flächeneffiziente Wohnungsgrundrisse, ein Drittel barrierefrei nutzbare Wohnungen, energieeffiziente und nachhaltige Gebäudekonzepte sowie ein hohes Maß an Standardisierung zugunsten von zeit- und kostensparendem Bauen.
Gunther Adler, Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat: „Ich bin überzeugt davon, dass mit diesem Ausschreibungsverfahren ein neues Kapitel der seriellen und modularen Bauweisen aufgeschlagen wurde. Heute wird der Grundstein dafür gelegt, dem seriellen und modularen Bauen in Deutschland neuen Auftrieb zu verleihen.“
Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen: „Die Wohnungswirtschaft geht beim Wohnungsbau gemeinsam mit ihren Partnern neue Wege, um in ganz Deutschland endlich schneller und kostengünstig neuen Wohnraum in hoher Qualität bereitstellen zu können. Denn wir müssen es schaffen, dass neu gebaute Mietwohnungen auch ohne Förderung für die Mitte der Bevölkerung wieder bezahlbar werden. Mit der heute unterzeichneten Rahmenvereinbarung für seriellen und modularen Wohnungsbau liefern wir dafür einen entscheidenden Baustein. Erstmals haben sich maßgebliche Akteure des Wohnungsbaus zusammengeschlossen, um in enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit innovative Lösungen für den Mietwohnungsneubau zu entwickeln. Das europaweite Ausschreibungsverfahren und seine Ergebnisse sind damit eine Pionierleistung. Jetzt muss die Politik dafür sorgen, dass ausreichend bezahlbare Grundstücke für die neuen Wohngebäude bereitgestellt und eine bundesweit gültige Typengenehmigung geschaffen werden. Ansonsten drohen lange Verfahren in den Bauämtern die innovativen Bauvorhaben auszubremsen.“
Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer: „Das Ergebnis dieses Verfahrens zeigt, dass anspruchsvolle Architektur und serielles Bauen sich nicht zwingend ausschließen. In der Anwendung und Umsetzung werden sich die hier entwickelten Vorschläge nun bewähren müssen. Die Herausforderung besteht in jedem einzelnen Fall ja vor allem in der Einfügung in die städtebauliche Umgebung. Ich freue mich, dass dafür aber aufgrund der hohen gestalterischen Qualität gute Voraussetzungen bestehen. Ohne die Mitwirkung von Architekten wäre dies sicher nicht der Fall. Das serielle Bauen und die hier nun vorgestellten Bau-Typen können aber nur Teil der Lösung bei der Schaffung möglichst vieler bezahlbarer Wohnungen sein. Um bestehende Lücken in den begehrten Städten zu schließen und den Flächenverbrauch nicht zu steigern, werden wir noch andere intelligente Instrumente zur weiteren Stärkung des Wohnungsbaus benötigen, die auch das kleinteilige Einfügen von neuen Wohnungen in den urbanen Raum beschleunigen helfen. Das serielle Bauen ist daher nur eines von mehreren Instrumenten im Werkzeugkoffer der Wohnbauförderung.“
Marcus Becker, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB): „Für die deutsche Bauindustrie hat die Rahmenvereinbarung in einem doppelten Sinne Pilotcharakter: Zum einen wollen wir die Potentiale ausloten, die im seriellen und modularen Wohnungsbaubezüglich Schnelligkeit und Kostengünstigkeit noch schlummern. Zum anderen sehen wir in der Design-and-Build Ausschreibung einen wichtigen Schritt in Richtung einer vertieften partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Architekten und Baufirmen. Wir sind davon überzeugt, dass gerade
dass gerade beim seriellen Wohnungsbau – insbesondere beim Einsatz von Wohnmodulen – frühzeitig auch die Baukompetenz in die Planung eingebracht werden muss.“
Hintergrund des Ausschreibungsverfahrens ist, dass sich die Wohnungsmärkte vieler Groß- und Universitätsstädte in Deutschland aufgrund eines starken Einwohnerzuwachses dynamisch entwickeln. Die Folge sind Engpässe beim Wohnungsangebot und steigende Bau- und Wohnkosten. Vor allem einkommensschwächere Haushalte, aber zunehmend auch Haushalte mit mittleren Einkommen haben Schwierigkeiten, eine für sie bezahlbare Wohnung zu finden. Ein Hauptgrund für den Wohnungsmangel: Der Bau neuer Wohnungen dauert immer noch zu lange.
Die Rahmenvereinbarung bietet insbesondere öffentlichen Wohnungsunternehmen die Möglichkeit, mit deutlich reduziertem Aufwand Angebote lokal angepasst direkt zu realisieren. Dies sollte die Vorlaufzeiten für Bauvorhaben wesentlich verkürzen. Damit setzen die Partner ein wesentliches Ergebnis der Baukostensenkungskommission um. Es ist beabsichtigt, Konzepte aus der Rahmenvereinbarung sehr zügig als Prototypen zu realisieren. Dies ist ein wesentliches Element, um serielle und modulare Bauweisen zu forcieren. Auf diese Weise können auch alle theoretischen Angaben – beispielsweise zu Baukosten, technischer Machbarkeit, Prozessoptimierung der Produktion, Vorfertigungsgrad und bestmöglicher Digitalisierung – praxisgerecht evaluiert werden.
Quelle: Die Deutsche Bauindustrie; Gemeinsame Presseerklärung von HDB, GdW, BMI und BAK
Hinweis
Am 21. Juni 2018 findet in Berlin der 2. Bau-Vergabetag des DVNW. Zum Programm und Anmeldung geht hier.
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