Die deutsche Konjunktur hat sich im zweiten Quartal etwas belebt. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) erhöhte sich um 0,5 % gegenüber dem Vorquartal. Auch die Konjunktur im ersten Quartal war mit einem leicht aufwärts revidierten Zuwachs des BIP um 0,4 % etwas stärker als zunächst gemeldet. Der Aufschwung setzt sich demnach fort.
Seine Dynamik ist trotz der gestiegenen Unwägbarkeiten im außenwirtschaftlichen Umfeld nur wenig geringer als im Jahr 2017. Die weltweit erhöhte Unsicherheit beeinträchtigt allerdings gegenwärtig die Nachfrage nach deutschen Exporten sowie die heimische Investitionsneigung. Gewichtige binnenwirtschaftliche Auftriebskräfte sind aber unverändert wirksam. Die Beschäftigung, die Einkommen sowie die private und staatliche Konsumnachfrage steigen. Die Konjunktur in den überwiegend binnenwirtschaftlich ausgerichteten Dienstleistungsbereichen läuft gut, dies dokumentiert auch der Beschäftigungsaufbau. Die Bauwirtschaft läuft auf hohen Touren und die Industrie weitet ihre Produktion trotz der aktuellen Auftragsdelle vorsichtig weiter aus. Die Risiken vor allem im außenwirtschaftlichen Umfeld bleiben allerdings hoch. Dies spiegelt auch das ifo Geschäftsklima für die Gesamtwirtschaft wider. Während die Lagebeurteilung der deutschen Wirtschaft weiterhin stark überdurchschnittlich ausfällt, entsprechen ihre Geschäftserwartungen mittlerweile nur noch dem langjährigen Durchschnitt.
Der Aufschwung der Weltwirtschaft dürfte auch im zweiten Quartal etwas verhaltener verlaufen sein. Hierauf weisen Indikatoren für den globalen Handel und die Industrieproduktion hin. Bei unterschiedlicher Entwicklung in den Schwellenländern beruht die verlangsamte Dynamik der globalen Wirtschaft vor allem auf einem geringeren Wachstum in den entwickelten Volkswirtschaften. Der IHS Markit Global Composite PMI gab im Juli den dritten Monat in Folge nach und der ifo Index zum Weltwirtschaftsklima verschlechterte sich für das dritte Quartal 2018 erneut. Auch der OECD Composite Leading Indicator für die OECD-Staaten, der insbesondere Wendepunkte anzeigen soll, setzte im Juni seinen Ende letzten Jahres einsetzenden Abwärtstrend fort. Die OECD rechnet in ihrer Prognose vom Mai dennoch mit einem Anstieg des Welt-BIP um 3,8 % im Jahr 2018 und um 3,9 % im Jahr 2019.
Die deutschen Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen haben zu Jahresbeginn etwas unter dem weniger dynamischen außenwirtschaftlichen Umfeld gelitten. Im Juni gingen die Exporte saisonbereinigt und in jeweiligen Preisen leicht um 0,3 % zurück. Nach der Stagnation im ersten erhöhten sie sich im zweiten Quartal aber wieder nominal um 1,4 %. Allerdings dürfte der preisbereinigte Anstieg geringer ausgefallen sein. Die ifo Exporterwartungen sind weiterhin abwartend niedrig und deuten noch nicht auf eine deutliche Belebung der Ausfuhren hin. Die nominalen Importe von Waren und Dienstleistungen sind demgegenüber seit März dieses Jahres aufwärtsgerichtet. Im Juni nahmen sie saisonbereinigt um 0,9 % und im gesamten zweiten Quartal angesichts der starken Binnennachfrage um 2,8 % deutlicher zu als die Ausfuhren.
Im Produzierenden Gewerbe kam es nach der Stagnation im ersten Quartal im zweiten Quartal wieder zu Produktionssteigerungen. Die Erzeugung in der Industrie nahm zwar im Juni um 0,9 % ab, im gesamten zweiten Quartal wurde sie jedoch um 0,3 % erhöht. Die Produktion im Baugewerbe wurde nach Stagnation im ersten Quartal im zweiten Quartal sehr kräftig um 1,6 % ausgeweitet. Die Indikatoren sprechen dafür, dass sich der Aufwärtstrend im Bau fortsetzt. Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe haben sich nach einem spürbaren Plus im Mai von 2,6 % im Juni jedoch kräftig um 4,0 % verringert. Damit ergab sich auch im Quartalsvergleich ein deutlicher Rückgang der Orders um 1,6 %. Während sich die Bestelltätigkeit aus dem Nicht-Euroraum um 1,0 % erhöhte, gingen die Bestellungen aus dem Inland um 2,0 % und aus dem Euroraum um 4,9 % zurück. Nach wie vor verfügt das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland jedoch über ein sehr gutes Auftragspolster; im Mai lag die Reichweite bei 5,6 Monaten. Das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbes hat sich laut ifo Konjunkturtest zwar weiter eingetrübt, liegt aber nach wie vor deutlich über seinem langjährigen Durchschnitt. Die Industriekonjunktur dürfte daher in den kommenden Monaten aufwärtsgerichtet bleiben, allerdings mit moderatem Tempo.
Die privaten Konsumausgaben expandierten nach einer schwächeren Entwicklung im zweiten Halbjahr 2017 im laufenden Jahr wieder etwas stärker. Die realen verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte stiegen im ersten Quartal saisonbereinigt sehr deutlich. Am aktuellen Rand ist ein ordentliches Lohnwachstum zu beobachten. Im Juli lagen die Tariflöhne 2,4 % über ihrem Vorjahreswert. Nimmt man die anhaltend gute Beschäftigungsentwicklung hinzu, dürften die privaten Konsumausgaben auch im zweiten Quartal eine wichtige Stütze der Konjunktur bleiben. Weitere Indikatoren für den privaten Konsum senden überwiegend positive Signale. Die Umsätze im Einzelhandel steigerten sich im zweiten Quartal um 0,9 %. Die Zahl der privaten Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen lag im Juli gut 16 % über ihrem Vorjahreswert. Während sich die Erwartungen des ifo Geschäftsklimaindex für den Handel im Juli etwas eingetrübt haben, stabilisierte sich die Lageeinschätzung. Das Konsumklima blieb konstant auf hohem Niveau.
Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiter positiv. Im Juni nahm die Erwerbstätigkeit saisonbereinigt um 28.000 Personen zu; auf Jahressicht betrug der Beschäftigungsanstieg 1,3 %. Im Mai erreichte der Zuwachs bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit 43.000 Personen das durchschnittliche Niveau der letzten vier Monate. Die Frühindikatoren signalisieren eine anhaltend starke Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften und einen weiteren Anstieg der Erwerbstätigkeit. Die Zahl der Arbeitslosen sank im Juli saisonbereinigt geringfügig um 6.000 Personen; sie stieg nach den Ursprungszahlen mit Ferienbeginn leicht auf 2,32 Mio. Personen. Die schrittweise Verringerung der Arbeitslosigkeit dürfte sich fortsetzen. Die Eindämmung der Langzeitarbeitslosigkeit und die Stärkung der Wirtschaftskraft strukturschwacher Gebiete bleiben langfristig Herausforderungen.
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Hinweis:
Eine ausführliche Darstellung und Kommentierung der wirtschaftlichen Lage und Entwicklung wird in der September-Ausgabe des Monatsberichts „Schlaglichter der Wirtschaftspolitik“ veröffentlicht. Diese Ausgabe wird voraussichtlich in der 35. Kalenderwoche 2018 auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu finden sein.
Quelle: BMWi
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