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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 11/10/2018 Nr. 38647

Link in der Auftragsbekanntmachung kann zur Bekanntmachung der Eignungsanforderungen und Nachweise ausreichend sein (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.7.2018 – VII Verg 24/18)

EntscheidungDie Eignungsanforderungen und -nachweise müssen in der EU-Bekanntmachung aufgeführt sein. Oder doch nicht? Das OLG Düsseldorf sorgt für Klarheit in dieser kontrovers diskutierten Frage.

Art. 58 Abs. 5 Richtlinie 2014/24/EU, § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB, § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 VOB/A

Leitsätze (nicht amtlich)

  1. Die geforderten Eignungsanforderungen und Nachweise sind bereits in der Auftragsbekanntmachung anzugeben.
  2. Für die Bekanntmachung kann es ausreichen, wenn an der richtigen Stelle der Auftragsbekanntmachung ein Link gesetzt wird, unter dem die entsprechenden Eignungsanforderungen und Nachweise unmittelbar abrufbar sind.
  3. Eine Verweisung in der Auftragsbekanntmachung auf die Vergabeunterlagen oder ein Link auf die Vergabeunterlagen als Ganzes genügt nicht zur Bekanntmachung der Eignungsanforderungen und Nachweise.

Sachverhalt

Der Antragsgegner schreibt die Erbringung von Dachdecker- und Klempnerarbeiten europaweit aus. In Abschnitt I.3) der Auftragsbekanntmachung (Kommunikation) gibt er eine Internetadresse an, unter der die Vergabeunterlagen abgerufen werden können.

Die Vergabeunterlagen beinhalten in einem Anhang zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots u.a. ein Beiblatt mit Eignungsanforderungen und eine Auflistung mit Eignungsvorgaben. Danach ist zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit u.a. ein Nachweis über einen bestimmten Netto-Jahresumsatz in den letzten drei Jahren beizubringen. Abschnitt III.1.2) der Auftragsbekanntmachung (Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit) enthält demgegenüber keine Vorgaben zum Mindestumsatz und zu den diesbezüglich beizubringenden Nachweisen.

In einem weiteren Beiblatt zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots stellt der Auftraggeber in Bezug auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Bieter Mindestanforderungen an das Stammpersonal auf, das auf der Baustelle bereit zu stellen ist. Abschnitt III.1.3) (Technische und berufliche Leistungsfähigkeit) der Auftragsbekanntmachung enthält hierzu keine Angaben.

Der Antragsgegner schließt das preislich auf dem ersten Rang liegende Angebot des Antragstellers aus, weil es die Mindestanforderungen an den Umsatz und an das Stammpersonal nicht erfülle. Daraufhin rügt die Antragstellerin den festgelegten Mindestumsatz als willkürlich und die Anforderung an das Stammpersonal als vergaberechtlich unzulässig. Nach dem Antragsgegner den Rügen nicht abhilft, leitet der Antragsteller ein Nachprüfungsverfahren ein.

Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf hebt den Beschluss der Vergabekammer Rheinland auf und untersagt dem Antragsgegner, in dem Vergabeverfahren einen Zuschlag zu erteilen.

Zwar sei der Antragsteller mit seiner Rüge der Anforderungen an den Mindestumsatz präkludiert, da die diesbezüglichen Anforderungen im Sinne des § 160 Abs.3 Satz 1 Nr. 3 GWB aus den Vergabeunterlagen erkennbar gewesen seien. Hierauf komme es aber nicht an. Denn die Rüge der Anforderungen an das Stammpersonal sei nicht präkludiert. In einem solchen Fall sei die Frage der Unwirksamkeit der Eignungsanforderungen als schwerwiegender Mangel der Ausschreibung von Amts wegen gemäß § 163 GWB aufzugreifen.

Der Ausschluss des Angebots gemäß § 122 GWB i.V.m. § 16b EU VOB/A wegen Nichterfüllung der Mindestanforderungen an die Eignung sei vergaberechtswidrig. Gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB seien die Eignungsanforderungen in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Zudem seien gemäß § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A die geforderten Nachweise anzugeben. Die Auftragsbekanntmachung enthalte jedoch keine Vorgaben zum Mindestumsatz und zu den beizubringenden Nachweisen, so dass die Eignungskriterien nicht wirksam aufgestellt und die diesbezüglichen Nachweise nicht wirksam gefordert worden seien.

Der in Abschnitt 1.3) der Auftragsbekanntmachung enthaltene Link könne die Mitteilung der Eignungsanforderungen und der geforderten Nachweise nicht ersetzen. Der Auftraggeber dürfe in der Auftragsbekanntmachung hinsichtlich der vorzulegenden Eignungsunterlagen nicht lediglich auf die Vergabeunterlagen verweisen oder einen Link auf die Vergabeunterlagen als Ganzes setzen. Unzureichend sei auch ein Link, der zwar zu den aufgestellten Eignungsanforderungen und Nachweisen führt, sich jedoch an einer Stelle der Auftragsbekanntmachung befindet, an der er von den potentiellen Bietern oder Bewerbern übersehen werden kann.

Auch unter Geltung des neuen Vergaberechts halte der Senat allerdings an seiner Entscheidung vom 16. November 2011 (VII-Verg 60/11) fest. Dort hatte der Senat einen Link auf ein Formblatt Eigenerklärung zur Eignung, aus dem sich die Eignungsanforderungen, ergaben, als ausreichend erachtet und für maßgebend gehalten, dass am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zum Formblatt gelangen konnten.

Rechtliche Würdigung

Die Frage, ob ein in die Auftragsbekanntmachung eingefügter Link für die Bekanntmachung der Eignungsanforderungen genügen kann, war in letzter Zeit öfters Gegenstand von Vergabekammerentscheidungen. Die VK Nordbayern (Beschluss vom 9.4.2018 RMF-SG21-3194-3-5, Vergabeblog.de vom 19/06/2018, Nr. 37416; Beschluss v. 3.8.2017, 21.VK-3194-14/17) und die VK Südbayern (Beschluss v. 15.9.2018, Z3-3-3194-1-30.06/17) hatten einen Direktlink auf die Vergabeunterlagen für ausreichend erachtet. In einer weiteren Entscheidung vom 20. April 2018 hatte die VK Südbayern (Z3-3-3194-1-59-12/17) festgestellt, dass jedenfalls ein Verweis auf die Startseite einer Vergabeplattform, wo sich der Bieter die Unterlagen aus einer Vielzahl dort gespeicherter Unterlagen heraussuchen muss, nicht genügt.

Das OLG Düsseldorf verweist auf den klaren Wortlaut des Art. 58 Abs. 5 der Richtlinie 2014/EU, wonach die Eignungsanforderungen und Nachweise in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung anzugeben sind. Die Bewerber und Bieter müssten bereits aus der Auftragsbekanntmachung die in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht gestellten Anforderungen ersehen können, um anhand dieser Angaben entscheiden zu können, ob sie sich an der Ausschreibung beteiligen können und wollen. Unter Berücksichtigung dieses Zwecks der Norm kommt der Vergabesenat zu dem Ergebnis, dass nur eine in der Auftragsbekanntmachung direkt verlinkte Auflistung der Eignungsanforderungen und Nachweise für deren Bekanntmachung ausreichen kann.

Praxistipp

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf stellt klar, dass ein Link in der Auftragsbekanntmachung nur unter bestimmten Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Eignungsanforderungen und Nachweise genügen kann. Auftraggeber sollten sich daher nicht von der im Auftragsbekanntmachungsformular zu den Angaben zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit (Abschnitt III.1.2) und technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit (Abschnitt III.1.3) vorgesehenen Ankreuzmöglichkeit Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen irritieren lassen. Die Eignungskriterien gehören in die Auftragsbekanntmachung.

Soll die vom OLG Düsseldorf akzeptierte Möglichkeit der Verlinkung einer Auflistung der Eignungsanforderungen und Nachweise genutzt werden, muss zunächst der Link im richtigen Abschnitt der Auftragsbekanntmachung eingefügt werden. Für Eignungsanforderungen und Nachweise zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieter müsste der Link daher wohl unter Abschnitt III.1.2) der Auftragsbekanntmachung und beispielsweise nicht unter Abschnitt I.3) (Kommunikation) oder Abschnitt VI.3) (Zusätzliche Angaben) eingefügt werden. Des Weiteren muss der Link unmittelbar zu dem Dokument führen, in dem die Eignungsanforderungen und Nachweise aufgeführt sind. Das heißt, es darf nicht auf die gesamten Vergabeunterlagen und erst Recht nicht bloß auf die Startseite einer E-Vergabe-Plattform verlinkt werden.

Auch wenn das OLG Düsseldorf eine Verlinkung unter den vorgenannten Voraussetzungen toleriert, bleibt die unmittelbare Aufführung der Eignungsanforderungen und der geforderten Nachweise in der Auftragsbekanntmachung der sicherste Weg. Die Direkt-Verlinkung eines gesonderten Dokuments mit einer Auflistung der jeweiligen Anforderungen stellt aber einen möglichen Ausweg für Fälle dar, in denen die Eignungs- und Nachweisanforderungen nicht in den Rahmen der derzeitigen 4000-Zeichen-Begrenzung des Bekanntmachungsformulars gebracht werden können (vgl. die diesbezügliche Diskussion im DVNW-Forum).

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Dr. Tobias Schneider

Der Autor Dr. Tobias Schneider ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht im Berliner Büro der Kanzlei Dentons. Er berät Unternehmen und öffentliche Auftraggeber bei allen vergaberechtlichen Fragestellungen und vertritt deren Interessen in Vergabeverfahren und vor den Nachprüfungsinstanzen.

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