Die Europäische Kommission hat einen „befristeten Rahmen“ (PDF) angenommen, der die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, den in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum in vollem Umfang zu nutzen, um die Wirtschaft infolge des Ausbruchs von COVID-19 zu unterstützen. Zusammen mit den zahlreichen anderen Unterstützungsmaßnahmen, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der bestehenden Beihilfevorschriften ergreifen können, ermöglicht der Befristete Rahmen es den Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass Unternehmen aller Art ausreichend Liquidität zur Verfügung haben, und die Aufrechterhaltung der Wirtschaftstätigkeit während und nach der COVID-19-Pandemie zu gewährleisten.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: „Die wirtschaftlichen Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs sind gravierend. Wir müssen rasch handeln, um sie so gut wie möglich zu bewältigen. Und wir müssen dabei koordiniert vorgehen. Dieser neue Befristete Rahmen ermöglicht es den Mitgliedstaaten, den in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum in vollem Umfang zu nutzen, um die Wirtschaft in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen.“
In dem auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gestützten „Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19“ wird anerkannt, dass das Wirtschaftsleben der gesamten EU beträchtlich gestört ist. Zur Behebung dieser Störung sieht der Befristete Rahmen fünf Arten von Beihilfen vor:
i) direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse oder Steuervorteile: Die Mitgliedstaaten können Regelungen zur Gewährung von bis zu 800 000 EUR pro Unternehmen einführen, um dringenden Liquiditätsbedarf zu decken.
ii) staatliche Garantien für Bankdarlehen an Unternehmen: Die Mitgliedstaaten können mit staatlichen Garantien dazu beitragen, dass die Banken Firmenkunden mit Liquiditätsbedarf weiterhin Kredite gewähren.
iii) vergünstigte öffentliche Darlehen an Unternehmen: Die Mitgliedstaaten können Unternehmen zinsvergünstigte Darlehen gewähren, um zur Deckung des unmittelbaren Betriebs- und Investitionsmittelbedarfs beizutragen.
iv) Zusicherungen für Banken, die staatliche Beihilfen an die Realwirtschaft weiterleiten: Einige Mitgliedstaaten planen, Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen – über die bestehenden Darlehenskapazitäten der Banken zu unterstützen. In dem Befristeten Rahmen wird klargestellt, dass solche Fördermaßnahmen als direkte Beihilfen zugunsten der Kunden der Banken und nicht zugunsten der Banken selbst betrachtet werden, und erläutert, wie etwaige Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Banken auf ein Minimum beschränkt werden können.
v) kurzfristige Exportkreditversicherungen: Der Rahmen erleichtert es den Mitgliedstaaten nachzuweisen, dass in einigen Ländern keine Deckung für marktfähige Risiken zur Verfügung steht, sodass der Staat bei Bedarf kurzfristige Exportkreditversicherungen anbieten kann.
Angesichts des begrenzten Umfangs des EU-Haushalts müssen die zur Bewältigung der Krise erforderlichen Mittel vor allem aus den nationalen Haushalten der Mitgliedstaaten bereitgestellt werden. Der Befristete Rahmen wird zur gezielten Unterstützung der Wirtschaft beitragen und gleichzeitig Beeinträchtigungen der fairen Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt begrenzen.
Daher enthält er eine Reihe entsprechender Vorkehrungen. So wird beispielsweise der Umfang vergünstigter Darlehen oder Garantien für Unternehmen an den Umfang ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, gemessen an ihrer Lohnsumme, ihrem Umsatz oder ihrem Liquiditätsbedarf, sowie an die Voraussetzung geknüpft, dass sich die öffentliche Unterstützung auf einen Betriebs- oder Investitionsmittelbedarf bezieht. Die Beihilfen sollen den Unternehmen also dabei helfen, den Abschwung zu überstehen und eine nachhaltige Erholung vorzubereiten.
Der Befristete Rahmen ergänzt die vielfältigen Möglichkeiten, die den Mitgliedstaaten bereits zur Verfügung stehen, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Ausbruchs von COVID-19 im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften abzufedern. Die Kommission hat am 13. März 2020 eine Mitteilung über eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie angenommen‚ in der diese Möglichkeiten erläutert werden. So können die Mitgliedstaaten etwa allgemein geltende Änderungen zugunsten der Unternehmen vornehmen (z. B. Steueraufschub oder Subventionierung von Kurzarbeit in allen Wirtschaftszweigen), die nicht unter die Beihilfevorschriften fallen. Außerdem können sie Unternehmen für Verluste entschädigen, die diesen infolge des Ausbruchs von COVID-19 entstanden und unmittelbar auf den Ausbruch zurückzuführen sind. Auf diese Weise können besonders stark betroffene Sektoren wie Verkehr, Tourismus, Gastgewerbe oder Einzelhandel unterstützt werden.
Der Rahmen gilt bis Ende Dezember 2020. Um für Rechtssicherheit zu sorgen, wird die Kommission vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist.
Hintergrund
Die Beihilfevorschriften ermöglichen es den Mitgliedstaaten, rasche und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, insbesondere KMU, zu unterstützen, die aufgrund des Ausbruchs von COVID-19 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.
Der heute angenommene Befristete Rahmen ergänzt die umfangreichen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, Maßnahmen im Einklang mit den geltenden EU-Beihilfevorschriften zu konzipieren, wie in der Mitteilung über eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie vom 13. März 2020 dargelegt ist. Die Mitgliedstaaten können insbesondere Maßnahmen ergreifen, die nicht in den Anwendungsbereich der Beihilfenkontrolle fallen, indem sie zur Bekämpfung von COVID-19 beispielsweise nationale Mittel für Gesundheitsdienste oder andere öffentliche Dienstleistungen bereitstellen. Die Mitgliedstaaten können auch unverzüglich öffentliche Unterstützungsmaßnahmen in Form von Lohnzuschüssen oder der Aussetzung der Zahlung von Körperschaft- und Umsatzsteuern oder Sozialbeiträgen ergreifen, die allen Unternehmen offenstehen. Ferner können sie den Verbrauchern direkte finanzielle Unterstützung gewähren, z. B. für stornierte Dienstleistungen oder Tickets, die von den betreffenden Unternehmen nicht erstattet werden.
Zudem können die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der EU-Beihilfevorschriften Unternehmen unterstützen, die mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen haben und dringend Rettungsbeihilfen benötigen. Nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können die Mitgliedstaaten den Unternehmen für durch außergewöhnliche Ereignisse – wie den aktuellen COVID-19-Ausbruch – verursachte Verluste Entschädigungen gewähren. Auf dieser Grundlage können sie beispielsweise Maßnahmen zur Unterstützung der Luftfahrt- und der Tourismusbranche durchführen.
Auch auf die weltweite Finanzkrise hatte die Kommission im Jahr 2008 mit der Annahme eines vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens reagiert.
Quelle: EU Kommission
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