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Verfahren wegen Bestechlichkeit/Bestechung von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Schutzmasken („Schutzmasken“)

In dem oben genannten Ermittlungsverfahren haben drei Strafsenate des Oberlandesgerichts München am 16., 17., und 18. November 2021 über Beschwerden des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Dr. Georg Nüßlein, des Abgeordneten im Bayerischen Landtag Alfred Sauter und eines beschuldigten Unternehmers entschieden. Die Beschwerde des Beschuldigten Dr. Nüßlein richtete sich gegen Durchsuchungsbeschlüsse und gegen einen Vermögensarrest (6. Strafsenat), die Beschwerde des Beschuldigten Sauter gegen Durchsuchungsbeschlüsse und einen Vermögensarrest (8. Strafsenat) und die Beschwerde des beschuldigten Unternehmers gegen einen Haftbefehl, gegen Durchsuchungsbeschlüsse und gegen einen Vermögensarrest (7. Strafsenat).

Die Beschwerdeführer hatten mit Ihren Beschwerden weitgehend Erfolg.

Sachverhalt:

Die Generalstaatsanwaltschaft München führt gegen die Beschuldigten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Mandatsträgern (§ 108e StGB) im Zusammenhang mit dem Verkauf von Atemschutzmasken an Bundes- und Landesbehörden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im ersten Quartal 2020 entstand aufgrund des zunehmenden Infektionsgeschehens im Zuge der Corona-Pandemie Bedarf an Atemschutzmasken mit unterschiedlicher Filterstärke (OP-Masken, FFP2, FFP3). Anfang März 2020 soll sich der beschuldigte Unternehmer gemeinsam mit weiteren Beschuldigten entschlossen haben, große Mengen an zertifizierten FFP2- und FFP3-Masken im Ausland preisgünstig zu erwerben, um diese gewinnbringend an deutsche Behörden weiterzuverkaufen. Den Beschuldigten Dr. Nüßlein und Sauter liegt zur Last, gegen die Zusage einer Gewinnbeteiligung in Höhe von jeweils 1/5 der erzielten Erträge ihren Einfluss und ihre Stellung als Abgeordnete des Deutschen Bundestages bzw. des Bayerischen Landtags dazu eingesetzt zu haben, Bundes- und Landesbehörden zum Ankauf dieser Masken zu bewegen, was ihnen in drei Fällen auch gelang. Nach erfolgreicher Vermittlung der Geschäfte sollen sie – über von ihnen zur Verschleierung der Einnahmen zwischengeschaltete Unternehmen – Teile des zugesagten Gewinns erhalten haben, der Beschuldigte Dr. Nüßlein 660.000 €, der Beschuldigte Sauter 1.243.000 €.

Verfahrensgang:

Die Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München erließ gegen den Beschuldigten Dr. Nüßlein am 3. Februar 2021 drei – zwischenzeitlich vollzogene – Durchsuchungsbeschlüsse und am 15. März 2021 einen Arrestbeschluss in Höhe von 660.000 €.

Gegen den beschuldigten Unternehmer ergingen am 3. Februar 2021 zwei – zwischenzeitlich vollzogene – Durchsuchungsbeschlüsse. Ferner erließ die Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München am 24. März 2021 gegen den Unternehmer einen zwischenzeitlich außer Vollzug gesetzten Haftbefehl. Mit Beschluss vom 1. April 2021 wurde schließlich gegen den Unternehmer ein Vermögensarrest in Höhe von 1.753.798,78 € angeordnet.

Gegen den Beschuldigten Sauter erließ die Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München am 11. März 2021 sechs – zwischenzeitlich vollzogene – Durchsuchungsbeschlüsse und am 12. März 2021 einen Arrestbeschluss über 1.243.000 €.

Die Rechtsmittel der Beschuldigten richteten sich gegen die Beschlüsse und den Haftbefehl des Oberlandesgerichts München.

Entscheidungen:

Der 6. Strafsenat hat die Beschwerde des Beschuldigten Dr. Nüßlein gegen die Durchsuchungsbeschlüsse vom 3. Februar 2021 als unbegründet verworfen. Der Arrestbeschluss vom 15. März 2021 wurde aufgehoben.

Der 7. Strafsenat hat auf die Beschwerde des beschuldigten Unternehmers den Haftbefehl des Oberlandesgerichts München vom 24. März 2021 und den Vermögensarrest vom 1. April 2021 aufgehoben, die Beschwerden gegen die Durchsuchungsbeschlüsse vom 3. Februar 2021 jedoch als unbegründet verworfen.

Der 8. Strafsenat hat den Beschwerden des Beschuldigten Sauter weitgehend stattgegeben.

Begründung: 

Soweit die genannten Beschlüsse aufgehoben wurden, stützen die Senate ihre Entscheidungen im Kern darauf, dass das den Beschuldigten zur Last liegende Verhalten den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nicht erfüllt. Dieser setzt voraus, dass einem Abgeordneten ein Vorteil als Gegenleistung für eine Handlung bei der Wahrnehmung seines Mandats zugewendet bzw. versprochen wird. Der Bundesgesetzgeber hat den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ausschließlich zum Schutz der Arbeit von Parlaments- und Fraktionsgremien geschaffen. Erfasst werden daher nur Bestechungshandlungen, durch die die Tätigkeit im Rahmen der parlamentarischen Arbeit im Plenum, den Ausschüssen sowie den Arbeitskreisen und -gruppen der Parteifraktionen beeinflusst werden soll. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers macht sich dagegen ein Mandatsträger durch die Annahme von unberechtigten Vermögensvorteilen nicht strafbar, wenn er – wie vorliegend geschehen – lediglich die Autorität seines Mandats oder seine Kontakte nutzt, um Entscheidungen von außerparlamentarischen Stellen, z.B. Behörden und Ministerien, zu beeinflussen. Dieser eindeutige Wille des Gesetzgebers war von den Senaten bei ihren Entscheidungen hinzunehmen.

Die gegen die Beschuldigten Dr. Nüßlein und den beschuldigten Unternehmer vollzogenen Durchsuchungsbeschlüsse wurden indes als rechtmäßig bestätigt, weil im Zeitpunkt ihres Erlasses Anhaltspunkte dafür bestanden haben, dass sich der Beschuldigte Dr. Nüßlein auch im Rahmen seiner parlamentarischen Tätigkeit für die intendierten Geschäfte eingesetzt hat. Dass sich jener Verdacht im Rahmen der weiteren Ermittlungen nicht bestätigt hat, lässt die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnungen unberührt.

In Bezug auf den Beschuldigten Sauter bestand dagegen schon bei Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse kein ausreichender Verdacht dafür, dass die ihm zugesagte Gewinnbeteiligung auch parlamentarische Tätigkeiten einschließen sollte. Der 8. Senat hat deswegen die gegen den Beschuldigten Sauter erlassenen Durchsuchungsbeschlüsse für rechtswidrig erklärt.

Soweit andere Straftatbestände Gegenstand der Ermittlungen sind, liegen diese nicht in der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts. Über den weiteren Fortgang des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Generalstaatsanwaltschaft München.

Quelle: OLG München

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