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EU-Kommission: Fast 1 Milliarde Euro für europäische Verteidigungsindustrie

Eine Woche nach der Analyse der Investitionslücken im Verteidigungsbereich mobilisiert die EU-Kommission neue Mittel, um die strategischen Fähigkeiten der EU voranzubringen. Für 2022 werden insgesamt bis zu 924 Mio. Euro bereitgestellt. Das geht aus dem vorgelegten zweiten Jahresarbeitsprogramm des Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) hervor. Dazu kommen eine Reihe neuer Förderinstrumente, und zwar unter dem Dach des neuen EU-Innovationsprogramm für den Verteidigungsbereich (EU Defence Innovation Scheme (EUDIS)). EUDIS wird in Partnerschaft mit dem Innovationszentrum der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) aufgelegt.

Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager, die für das Ressort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ zuständig ist, sieht Innovation als „das zentrale Element unserer Antwort auf die sich aktuell wandelnden Bedrohungen. Die Kommission unternimmt heute einen weiteren wichtigen Schritt und kurbelt mit neuen attraktiven Instrumenten die Innovation auf dem Gebiet der Verteidigung an“- gestützt aufjahrzehntelange Erfahrungen im Zivilbereich.

Der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton spricht von neuen Impulsen für Forschung und Entwicklung. „Damit wir wettbewerbsfähig und souverän bleiben und strategische Vorteile erringen können, müssen wir Forschung, Technologie, Entwicklung und Innovation im Verteidigungsbereich fördern und stimulieren. Das Arbeitsprogramm des EVF wird dazu beitragen, einige der Lücken in der Verteidigungsindustrie zu schließen.“

Kontinuierliche Investitionen für die Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit in der europäischen Industrie

Der EVF wirkt der Zersplitterung Europas bei der Entwicklung von Verteidigungsfähigkeiten entgegen. Zudem stärkt er die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und fördert die Interoperabilität in ganz Europa. Im EVF-Arbeitsprogramm 2022 wird auf insgesamt 33 Themen eingegangen; diese sind je einer von acht Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen zugeordnet, die eine Reihe großangelegter herausragender Projekte anstoßen sollen. Das Arbeitsprogramm ist an den Prioritäten der EU hinsichtlich der Fähigkeiten ausgerichtet, die von den Mitgliedstaaten vereinbart und im Strategischen Kompass weiter ausgearbeitet wurden. Außerdem wird durch das EVF-Arbeitsprogramm für 2022 auch die kontinuierliche Finanzierung einiger wichtiger Projekte sichergestellt, die unter den beiden Vorläuferprogrammen des EVF eingeleitet wurden.

Zur Unterstützung der Fähigkeitenentwicklung werden dieses Jahr zwei kritische Bereiche mit einer Dotierung von jeweils über 120 Mio. Euro im Mittelpunkt stehen:

  • der Bereich Weltraum, in dem Mittel für die Entwicklung einer weltraumgestützten Flugkörperfrühwarnung und innovativer weltraumgestützter Multisensor-Erdbeobachtungsfähigkeiten zur Nachrichtengewinnung, Überwachung und Aufklärung bereitgestellt werden. Zudem werden Mittel für die Forschung an einem reaktionsfähigen Weltraumsystem vorgesehen, mit dem kleine Satelliten rasch in verschiedene Arten von Umlaufbahnen gebracht werden können;
  • der Bereich Seegefechte, in dem Mittel für folgende Vorhaben bereitgestellt werden: i) Maßnahmen zur Entwicklung einer Schiffsklasse, die besonders für kleine und mittlere Marinen geeignet ist, und ii) Entwicklung einer europäischen Fähigkeit zur gemeinsamen Seeüberwachung, mit der die Marinen neuen und sich weiterentwickelnden Bedrohungen begegnen können, die kleiner, schneller und vielfältiger sind.

Überdies werden mehr als 60 Mio. Euro für FuE-Anstrengungen in jeder der beiden folgenden Kategorien bereitgestellt:

  • im Cyberbereich, um die europäischen Fähigkeiten in Bezug auf die Cyberlageerfassung sowie die Cybersicherheit und -resilienz zu verbessern und ein Instrumentarium für die Cyber- und Informationskriegsführung zu entwickeln;
  • im Bereich Informationsüberlegenheit für Projekte, die zur Entwicklung eines europäischen Kommando- und Kontrollsystems sowie eines verlegefähigen Gefechtsstandes für Sondereinsätze beitragen. Im Forschungsbereich werden sich die Finanzierungsanstrengungen auf die Interoperabilität und den Datenaustausch zwischen zivilen und militärischen Kontrollzentren im Rahmen des einheitlichen europäischen Luftraums konzentrieren.

Hochentwickelte Verteidigungsfähigkeiten und Grundlagentechnologien sind ebenfalls Gegenstand verschiedener Kategorien von Maßnahmen. Dazu gehören die Entwicklung eines mittelgroßen taktischen Transportflugzeugs, das zur militärischen Mobilität beiträgt, ferner die elektronische Kampfführung in der Luft, der kollaborative Kampf für Landstreitkräfte, Technologien und nachhaltige Komponenten für Unterwasseranwendungen, einschließlich Kooperationen bemannter bzw. unbemannter Komponenten und Schwärme unter Wasser.

Unterstützung des mit 2 Mrd. Euro dotierten EU-Innovationsprogramms für den Verteidigungsbereich

Durch das EU-Innovationsprogramm für den Verteidigungsbereich werden die maßgeblichen EU-Initiativen zur Förderung von Innovation und Unternehmertum auf dem Gebiet der Verteidigung unter einem Dach zusammengeführt. Bewährte Verfahren aus der zivilen Innovation werden für den Verteidigungssektor genutzt. Im EVF-Jahresprogramm für 2022 leitet die Kommission eine Reihe von Maßnahmen ein, die innovative Unternehmer, Start-up-Unternehmen sowie KMU unterstützen und in das Ökosystem der Verteidigungsindustrie einführen sollen:

  • Eigenkapitalfazilität für den Verteidigungsbereich: Die Kommission beabsichtigt, jährlich 20 Mio. EUR und insgesamt 100 Mio. Euro in diese Eigenkapitalfazilität zu investieren. Durch diese Investitionen soll über die Laufzeit des Fonds, auch durch eine Einbeziehung des Europäischen Investmentfonds (EIF) und privater Anleger, eine Investitionskapazität von insgesamt 500 Mio. Euro für die Verteidigungsindustrie entstehen.
  • „Technologische Herausforderung“: Damit sollen Technologien für die Erkennung versteckter Bedrohungen erprobt und zur Reife gebracht werden.
  • Rahmenpartnerschaftsvereinbarung über chemische, biologische, radiologische und nukleare (CBRN) Bedrohungen: Das neue Arbeitsprogramm enthält eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für eine vierjährige Partnerschaft zur Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen gegen CBRN-Bedrohungen im Verteidigungsbereich.

Diese neuen Maßnahmen werden die derzeitige Unterstützung für disruptive Technologien und KMU durch wiederkehrende einschlägige Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen ergänzen, die Innovationen fördern sollen. Ziel der Kommission ist es, bis 2027 Gesamtinvestitionen von bis zu 2 Mrd. EUR für Innovationen zu mobilisieren, die durch den EVF im Rahmen des EU-Innovationsprogramms für den Verteidigungsbereich angestoßen werden.

Hintergrund

Der EVF ist als Leitinstrument der Kommission zur Unterstützung der Verteidigungszusammenarbeit in Europa ein Sprungbrett für die offene strategische Autonomie der EU. Der EVF ist kein Ersatz für die Anstrengungen der Mitgliedstaaten, sondern fördert vielmehr die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aller Größen und Forschungsakteuren in der gesamten EU. Der EVF unterstützt wettbewerbsfähige und kooperative Verteidigungsprojekte während des gesamten Forschungs- und Entwicklungszyklus, wobei der Schwerpunkt auf Projekten zur Entwicklung der modernsten und interoperablen Verteidigungstechnologien und entsprechender Ausrüstung liegt. Zudem fördert er die Innovation und schafft Anreize für die grenzüberschreitende Beteiligung von KMU. Die Projekte werden auf der Grundlage der Prioritäten definiert, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), insbesondere des Fähigkeitenentwicklungsplans (Capability Development Plan, CDP), in Bezug auf Verteidigungsfähigkeiten vereinbart wurden.

Der Fonds ist mit Mitteln in Höhe von 7 953 000 000 Euro (zu jeweiligen Preisen) ausgestattet. Die Finanzausstattung ist in zwei Säulen unterteilt:

  • 2 651 000 000 Euro sind für die Finanzierung kooperativer Forschung im Bereich Verteidigung vorgesehen, um entstehenden und künftigen Sicherheitsbedrohungen begegnen zu können,
  • 5 302 000 000 Euro für die Kofinanzierung kooperativer Projekte zur Fähigkeitenentwicklung.

4 bis 8 Prozent der EVF-Mittel dienen der Entwicklung disruptiver Technologien, die Potenzial für bahnbrechende Innovationen bergen, oder fließen in einschlägige Forschung.

Die Durchführung des EVF erfolgt mithilfe von Jahresarbeitsprogrammen, die während des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 an 17 stabilen thematischen und horizontalen Maßnahmenkategorien mit folgenden Schwerpunkten ausgerichtet sind:

  • Sich abzeichnende Herausforderungen. Hier gilt es, ein multidimensionales und ganzheitliches Konzept des modernen Gefechtsfeldes herauszubilden, das etwa medizinische Unterstützung im Verteidigungsbereich, CBRN, biotechnische und menschliche Faktoren, Informationsüberlegenheit, fortschrittliche passive und aktive Sensoren, Cyberraum und Weltraum umfasst;
  • verstärkende Faktoren und Enabler im Verteidigungsbereich, die dem EVF einen entscheidenden technologischen Impuls verleihen sollen und in allen Fähigkeitsbereichen (digitaler Wandel, Energieresilienz und ökologischer Wandel, Werkstoffe und Komponenten, disruptive Technologien) relevant sind, sowie offene Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen für innovative, zukunftsorientierte Verteidigungslösungen einschließlich besonderer Aufforderungen für KMU;
  • Exzellenz in der Kriegsführung zur Verstärkung des Fähigkeitenaufbaus und der Unterstützung ambitionierter Verteidigungssysteme, etwa in den Bereichen Luftkampf, Luft- und Raketenabwehr, Bodenkampf, Schutz der eigenen Kräfte und Mobilität, Seegefechte, Unterwasserkriegsführung sowie Simulation und Ausbildung.

Quelle: EU Kommission

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