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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 11/10/2023 Nr. 54703

EuRH: Ausgaben der EU – mehr Fehler und größere Risiken

Bei den Ausgaben aus dem EU-Haushalt ist es 2022 zu deutlich mehr Fehlern gekommen. Das geht aus dem veröffentlichten Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Die Prüfer des Rechnungshofs warnen auch vor den steigenden Risiken wegen der Aufnahme von Krediten, die den zusätzlichen Finanzbedarf decken sollen, der durch die Pandemie und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine entstanden ist. Außerdem empfehlen sie Maßnahmen, um die Auswirkungen der hohen Inflation auf den EU-Haushalt abzufedern.

Die Prüfer stellten fest, dass die Jahresrechnung der EU für das Haushaltsjahr 2022 ein den Tatsachen entsprechendes Bild vermittelt und die Einnahmen als fehlerfrei betrachtet werden können. Bei den Ausgaben aus dem EU-Haushalt in Höhe von 196 Milliarden Euro sei die Fehlerquote jedoch auf 4,2 % und damit erheblich gestiegen. Im Jahr 2021 habe diese Quote noch bei 3 % gelegen. Nach Auffassung der Prüfer sind zwei Drittel (66 %) der geprüften Ausgaben mit einem hohen Risiko verbunden. Die Vorschriften und Förderkriterien für diese Ausgaben seien häufig komplex, was Fehler wahrscheinlicher mache. Die Prüfer kamen außerdem zu dem Schluss, dass die in den Kontrollsystemen der EU-Mitgliedstaaten festgestellten Probleme hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit sowie weitere Mängel Auswirkungen auf die Ausgaben der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) in Höhe von 46,9 Milliarden Euro haben.

„Versagtes“ Prüfungsurteil zu den Ausgaben aus dem EU-Haushalt

Wie in den vergangenen drei Jahren gelangten die Prüfer zu dem Schluss, dass die Fehlerquote wesentlich und umfassend ist, und geben daher ein sogenanntes versagtes Prüfungsurteil zu den EU-Ausgaben für 2022 ab.

Die geschätzte Fehlerquote sei kein Maß für Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung, sondern eine Schätzung der Beträge, die nicht im Einklang mit den EU- und nationalen Vorschriften verwendet wurden. Bei ihrer Arbeit sind die Prüfer jedoch auch auf 14 Fälle gestoßen, in denen sie Betrug vermuteten. Sie haben diese Fälle dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) gemeldet, das bereits zwei Ermittlungen eingeleitet hat. Sechs der Betrugsverdachtsfälle sind auch der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) gemeldet worden, die drei Ermittlungen eingeleitet hat.

Die EU hat unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage ist, in kürzester Zeit mit außergewöhnlichen Maßnahmen auf eine Serie beispielloser Krisen zu reagieren. Die hohen Summen, die in einem solchen Umfeld zur Verfügung gestellt werden, bergen jedoch ein größeres Risiko für den Haushalt. Unsere Prüfung hat gezeigt, dass der Umgang mit dem Risiko verbessert werden muss, da wir bei unserer Arbeit weiterhin Fehler aufdecken, die zu einer erheblichen Zunahme bei den fehlerbehafteten Ausgaben führen„, so Tony Murphy, der Präsident des Rechnungshofs.

„Eingeschränktes“ Prüfungsurteil zu den ARF-Ausgaben

2022 war das zweite Jahr der Umsetzung der ARF, der Hauptkomponente des 800 Milliarden Euro schweren EU-Hilfspakets „NextGenerationEU“ (NGEU), mit dem die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abgefedert werden sollen. Die EU-Länder erhalten Mittel aus der ARF, wenn sie vorab festgelegte Etappenziele oder Zielwerte erreichen. Im Jahr 2022 wurden 13 Finanzhilfezahlungen in Höhe von 46,9 Milliarden Euro an 11 EU-Länder geleistet.

Die Prüfer stellten fest, dass bei 11 dieser Finanzhilfezahlungen Probleme mit der Ordnungsmäßigkeit bestanden, da 15 der 281 vom Rechnungshof geprüften Etappenziele und Zielwerte entweder nicht zufriedenstellend erreicht wurden oder die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt waren. Sechs Zahlungen seien daher in wesentlichem Ausmaß fehlerbehaftet gewesen. Darüber hinaus stießen die Prüfer auf Fälle, in denen die Maßnahmen und zugrunde liegenden Etappenziele oder Zielwerte schlecht konzipiert waren oder Zweifel an der Zuverlässigkeit der Angaben in den Verwaltungserklärungen der EU-Länder bestanden. Daher gaben die Prüfer ein sogenanntes eingeschränktes Prüfungsurteil zu den ARF-Ausgaben ab.

Schulden, Inflation und Ukrainekrieg belasten den EU-Haushalt

Die Schulden der EU sind sprunghaft gestiegen, von 236,7 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 344,3 Milliarden Euro im Jahr 2022. Dies sei in erster Linie auf neue Mittelaufnahmen in Höhe von 96,9 Milliarden Euro für NGEU zurückzuführen. Nur die Mittelaufnahmen für das NGEU-Instrument seien mit einem Zinsrisiko für den EU-Haushalt verbunden. Die betreffenden Fremdkapitalkosten hätten 2022 aufgrund steigender Zinssätze erheblich zugenommen. Die Prüfer weisen ferner darauf hin, dass die Rückkehr hoher Inflationsraten erhebliche Auswirkungen auf den Haushalt hat. Ausgehend von der Inflationsprognose der Europäischen Kommission schätzen die Prüfer, dass der EU-Haushalt bis 2023 fast 10 % seiner Kaufkraft verlieren könnte.

Das Gesamtrisiko des EU-Haushalts gegenüber möglichen künftigen Verbindlichkeiten habe sich Ende 2022 auf 248,3 Milliarden Euro belaufen (gegenüber 204,9 Milliarden Euro 2021). Dieser Anstieg sei zum Teil auf die finanzielle Unterstützung der EU für die Ukraine zurückzuführen, die sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt habe (16 Milliarden Euro gegenüber 7 Milliarden Euro). Die Prüfer weisen darauf hin, dass die Genehmigung von weiteren 18 Milliarden Euro Ende letzten Jahres dieses Risiko für künftige EU-Haushalte deutlich erhöhen wird.

Hintergrundinformationen

Im Jahr 2022 beliefen sich die Ausgaben aus dem EU-Haushalt auf insgesamt 196 Milliarden Euro. Dies entspricht 2,5 % der gesamten Staatsausgaben der EU-Länder und 1,3 % ihres Bruttonationaleinkommens. Unter Berücksichtigung der ARF-Ausgaben beliefen sich die Zahlungen aus dem EU-Haushalt 2022 auf insgesamt 243,3 Milliarden Euro. Etwa drei Viertel des EU-Haushalts wurden im Rahmen der sogenannten geteilten Mittelverwaltung ausgegeben, bei der es Aufgabe der EU-Länder ist, die Mittel zu verteilen, Projekte auszuwählen und die Ausgaben der EU zu verwalten.

Jedes Jahr nehmen die Prüfer die Einnahmen und Ausgaben der EU unter die Lupe. Dabei untersuchen sie, ob die Jahresrechnung zuverlässig ist und die Einnahmen und Ausgaben den Rechtsvorschriften entsprechen. Zu diesem Zweck prüfen sie Stichproben von Vorgängen, um zu beurteilen, in welchem Umfang die Ausgaben von Fehlern betroffen sind. Als Messlatte dient den Prüfern für die geschätzte Fehlerquote bei diesen Ausgaben eine Schwelle von 2 %. Wird diese Schwelle überschritten, so gelten vorschriftswidrige Ausgaben als „wesentlich“. Ein „versagtes“ Prüfungsurteil bedeutet, dass die Prüfer weitverbreitete Probleme festgestellt haben. Ein „eingeschränktes“ Prüfungsurteil heißt, dass zwar Probleme festgestellt wurden, diese jedoch nicht umfassend sind.

Quelle: Europäischer Rechnungshof

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