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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 07/02/2025 Nr. 69815

CDU/CSU legt 71-Punkte-Plan zur Beschleunigung der Bundeswehr-Beschaffung vor

Union kritisiert Unterfinanzierung, bürokratische Hürden und langsame Modernisierung

Hubschrauber Militär

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat ein umfassendes Positionspapier zur Reform des Beschaffungswesens der Bundeswehr vorgelegt. Der 71-Punkte-Plan kritisiert die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung als unzureichend und fordert eine umfassende „Beschaffungswende“, um die Bundeswehr bis spätestens 2029 abschreckungsfähig zu machen.

Laut dem Papier leidet die Bundeswehr weiterhin unter einer strukturellen Unterfinanzierung. Die Bundesregierung habe das im Jahr 2022 eingerichtete Sondervermögen „Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro nicht wie ursprünglich vorgesehen ausschließlich für die Modernisierung der Truppe genutzt. Stattdessen seien Mittel auf laufende Kosten wie Infrastruktur, Logistik und Wiederbeschaffung umverteilt worden. Der reguläre Verteidigungshaushalt (Einzelplan 14) sei zudem nur geringfügig gestiegen: von 52 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 53,25 Milliarden Euro im Regierungsentwurf für 2025. Für das Jahr 2028 prognostiziert die Bundesregierung bereits eine Finanzierungslücke von 30 Milliarden Euro.

Bürokratische Hürden im Beschaffungsprozess

Die Fraktion sieht das Beschaffungswesen der Bundeswehr auch neben den finanziellen Defiziten als überlastet an. Trotz vereinzelter Fortschritte durch das 2022 eingeführte Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz (BwBBG) profitierten laut Bundesverteidigungsministerium lediglich ein Drittel der Vergabeverfahren von den Erleichterungen. Viele der vorgesehenen Maßnahmen würden nicht angewandt, weshalb die CDU/CSU-Fraktion eine umfassende Evaluierung und Weiterentwicklung des Gesetzes fordert. Auch die Bearbeitungszeiten von Beschaffungsvorhaben bleiben laut dem Papier problematisch. Besonders in der Realisierungs- und Nutzungsphase gebe es nach wie vor keine verbindlichen Zeitvorgaben. Die Fraktion fordert, dass die Erstellung einer Leistungsbeschreibung nicht mehr unbegrenzt Zeit in Anspruch nehmen darf.

Industriepolitische Maßnahmen 

Um die nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu stärken, schlägt die Fraktion unter anderem vor, für wiederkehrende Beschaffungen und Nachbestellungen Rahmen- und Optionsverträge verstärkt zu nutzen. Dies ermögliche dem BAAINBw flexible Nachbeschaffungen, während Abnahmegarantien und Performance-basierte Serviceverträge der Industrie Planungssicherheit bieten. Zudem solle das Vergaberecht reformiert werden, um insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Start-ups die Teilnahme an Beschaffungsvorhaben zu erleichtern. So sollen mehrstufige Vergabeverfahren geschaffen werden, bei denen Unternehmen sich auch in späteren Projektphasen bewerben können.

Mehr Technologieförderung

Ein weiteres Problem sieht die CDU/CSU in der geringen Berücksichtigung moderner Technologien. Während in der Ukraine-Kriegsführung der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), Drohnen und modernen Softwarelösungen eine immer größere Rolle spiele, investiere die Bundesregierung nicht ausreichend in die Digitalisierung der Bundeswehr – laut Regierungsentwurf für 2025 sollen die Mittel für wehrtechnische Forschung und Entwicklung nun sogar um 97 Millionen Euro auf 517 Millionen Euro sinken.

Konkrete Vorschläge zur Reform des Beschaffungswesens

Zur Beschleunigung von Beschaffungsverfahren schlägt die CDU/CSU-Fraktion in ihrem aktuellen Positionspapier unter anderem folgende Maßnahmen vor:

  • Einführung eines Bundeswehrplanungsgesetzes, das die langfristige Ausstattung der Bundeswehr gesetzlich festlegt.
  • Spürbare Erhöhung der Direktvergabegrenze von derzeit 5.000 Euro, um Verfahren zu vereinfachen.
  • Vollständige Digitalisierung von Vergabeprozessen, die am Beschaffungsverfahren beteiligte Akteure müssen digital handlungsfähig werden.
  • Verkürzung der Rechtswege, z.B. bei Nachprüfverfahren auf eine Instanz.
  • Optimierung der Personalstruktur im Beschaffungswesen, um Fachkräftemangel zu begegnen.
  • Verstärkte Nutzung von Musterverträgen, um Vertragsprüfungen zu beschleunigen.
  • Aufnahme der Verteidigungsindustrie in die Liste der kritischen Infrastruktur (KRITIS), um sie besser abzusichern und zu fördern.

Tiefgreifende Reformen gefordert

Die CDU/CSU-Fraktion sieht die Bundeswehr auch zwei Jahre nach Ausrufung der „Zeitenwende“ nicht ausreichend für die sicherheitspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre gerüstet. Die Bundesregierung spiele „auf Zeit“ und überlasse die Lösung der strukturellen Finanzierungsprobleme der nächsten Regierung. Um die Bundeswehr bis 2029 voll abschreckungsfähig zu machen, fordert die Fraktion mit ihrem Positionspapier eine grundlegende Reform der Beschaffung, eine stärkere Unterstützung der Verteidigungsindustrie und eine bessere Integration moderner Technologien in die Bundeswehr.

Quelle: CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

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