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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 05/03/2025 Nr. 70265

EU-Kommission plant Verschiebung und Abschwächung des Lieferkettengesetzes

Kritik von Hilfsorganisationen und Verbänden

EU Flagge

Die EU-Kommission hat im Rahmen eines Maßnahmenpakets für die Wirtschaft eine Verschiebung und Abschwächung des europäischen Lieferkettengesetzes angekündigt. Hintergrund sind Kritik aus der Wirtschaft und das Ziel, Unternehmen von bürokratischen Verpflichtungen zu entlasten. Neben der Verschiebung des Inkrafttretens sind auch Änderungen bei CO2-Abgaben und der Nachhaltigkeitsberichterstattung geplant.

Nach aktuellen Plänen der Kommission soll die Anwendung des Lieferkettengesetzes um ein Jahr auf den 26. Juni 2028 verschoben werden. Ursprünglich war vorgesehen, dass die neuen Regeln innerhalb von gut zwei Jahren von den Mitgliedstaaten in nationales Recht überführt werden. Das Gesetz soll große Unternehmen dazu verpflichten, sicherzustellen, dass in ihren Lieferketten keine Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit vorkommen. Laut der neuen Vorschläge würde sich diese Verpflichtung jedoch nur noch auf direkte Zulieferer beziehen und nicht mehr auf die gesamte Lieferkette. Zudem sollen Unternehmen Nachweise nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle fünf Jahre erbringen müssen.

Reaktion auf Kritik aus der Wirtschaft

Die Änderungen erfolgen als Reaktion auf Einwände aus der Wirtschaft. Unternehmen hatten wiederholt vor übermäßigen Bürokratiekosten und Wettbewerbsnachteilen gewarnt. Nach Berechnungen der Kommission sollen die nun geplanten Maßnahmen jährliche Verwaltungskosten in Höhe von 6,3 Milliarden Euro einsparen. Zudem sollen 50 Milliarden Euro an zusätzlichen öffentlichen und privaten Investitionen mobilisiert werden. Auch mögliche zivilrechtliche Haftung für Verstöße gegen das Lieferkettengesetz sollen begrenzt werden.

Weitere Verschiebungen und Ausnahmen

Zusätzlich zu den Änderungen am Lieferkettengesetz plant die Kommission, die Nachhaltigkeitsberichtspflicht für Unternehmen um zwei Jahre zu verschieben. Laut den Vorschlägen sollen bis zu 80 Prozent der bislang berichtspflichtigen Unternehmen von dieser Regelung ausgenommen werden. Auch bei der CO2-Abgabe auf Importe aus Drittländern sind Erleichterungen vorgesehen. Unternehmen, die weniger als 50 Tonnen Stahl, Aluminium, Zement oder Düngemittel in die EU importieren, sollen von der Abgabe befreit werden. Die Kommission begründet dies damit, dass diese Unternehmen nur geringe CO2-Emissionen verursachen.

Kritik von Hilfsorganisationen und Verbänden

Kritiker werfen der Kommission vor, sich dem Druck von Industrie- und Lobbyverbänden zu beugen. Nach Einschätzung der Organisation Oxfam wäre es im Fall „jahrelanger Verletzung grundlegender Menschenrechte“ für Betroffene nicht mehr möglich, EU-weit vor Gericht zu ziehen. „Ohne verbindliche Sorgfaltspflichten übernehmen Unternehmen keine Verantwortung“, warnte Oxfam-Anwältin Franziska Humbert in einem Statement gegenüber dem ZDF. Auch Umweltverbände äußern scharfe Kritik. „Dass die EU-Kommission die Lieferkettenrichtlinie in einem noch nie dagewesenen Schnelldurchlauf bis zur Bedeutungslosigkeit verwässern will, ist skandalös“, so Verena Graichen, Geschäftsführerin Politik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), in einer aktuellen Pressemitteilung. Sie sieht darin einen Angriff auf zentrale Elemente des Green Deal.

Abstimmung mit extremen Rechten? 

Die Vorschläge müssen nun sowohl von den EU-Mitgliedstaaten als auch vom Europäischen Parlament genehmigt werden. Laut dem abschließenden Statement des BUND hätte der Entwurf im Parlament jedoch nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Europäische Volkspartei (EVP) ihn gemeinsam mit der extremen Rechten unterstützt.

Quelle: ZDFheute, BUND, EU Kommission

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