Der Berliner Senat hat den Vergabebericht 2024 vorgelegt. Darin wird erstmals die Wirkung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG) bewertet, das am 1. Mai 2020 in Kraft getreten ist.
Im Mittelpunkt der Evaluation steht die Frage, wie sich die Regelungen in der Praxis bewähren. Dabei wurde insbesondere die Komplexität des Gesetzes als eine der zentralen Herausforderungen identifiziert. Zwar wird die grundsätzliche Zielsetzung von vielen Beteiligten unterstützt, doch die Umsetzung im Alltag bereitet offenbar Schwierigkeiten. So beklagten Auftraggeber und Unternehmen die Vielzahl an Vorschriften und sehen deutlichen Verbesserungsbedarf bei Verständlichkeit und Anwendbarkeit.
Deutlicher Schulungsbedarf festgestellt
Ein weiteres zentrales Ergebnis des Berichts ist der identifizierte Schulungsbedarf – sowohl auf Seiten der Vergabestellen als auch bei Unternehmen. Besonders bei der Anwendung neuer Vorgaben, etwa der sogenannten 5-Prozent-Regel zur Kontrolle der Tariftreue, fehlen vielfach Kenntnisse und Kapazitäten. Die Kompetenzstelle Faire Beschaffung Berlin wird in diesem Zusammenhang als wichtiger Baustein zur Verknüpfung von Theorie und Praxis genannt.
Breite Unterstützung für Sozial- und Umweltstandards
Die im BerlAVG verankerten Zielsetzungen – darunter Tariftreuepflicht, ILO-Kernarbeitsnormen und umweltfreundliche Beschaffung – genießen laut dem Bericht breite Unterstützung unter den Befragten. Dennoch bestehen in der Umsetzung vereinzelt Missverständnisse, etwa zur Lohnhöhe bei Unteraufträgen. Die vielfach geäußerte Sorge, die Vorgaben würden zu höheren Kosten führen, ließ sich im Bericht nicht eindeutig belegen.
KMU fordern mehr Unterstützung
Kritisch äußerten sich viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die den Aufwand für die Bewerbung um öffentliche Aufträge als hoch empfinden. Sie sehen sich durch die Regelungen strukturell benachteiligt. Gleichzeitig wird betont, dass Vereinfachungen nicht zulasten der Nachhaltigkeitsziele gehen dürfen.
Uneinigkeit über Wertgrenzen
Unterschiedliche Auffassungen bestehen bei der Frage nach den sogenannten Wertgrenzen, also den Schwellenwerten für vereinfachte Vergabeverfahren. Während einige Befragte höhere Grenzen fordern, sprechen sich andere – mit Verweis auf soziale und ökologische Standards – für niedrigere Schwellen aus. Im Vergleich mit Brandenburg wird zudem der Wunsch nach einer besseren Abstimmung im gemeinsamen Wirtschaftsraum deutlich.
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