Der Bundesrechnungshof und die Rechnungshöfe der Länder haben in einem gemeinsamen Erfahrungsbericht vom 14. September 2011 ihre Erkenntnisse bei der Überprüfung zahlreicher ÖPP-Projekte zusammengefasst. Insgesamt 30 ÖPP-Projekte mit einem Gesamtprojektvolumen von 3,2 Mrd. Euro wurden hierfür von den Rechnungshöfen ausgewertet. Der Bericht stellt am Beispiel von 18 Maßnahmen – die meisten stammen aus dem öffentlichen Hochbau – typische Problemlagen, häufig vorkommende Fehler und die Schwierigkeiten einer seriösen Wirtschaftlichkeitsermittlung dar.
Die Prüfer kritisieren insbesondere fehlerhafte oder jedenfalls nicht nachvollziehbare Ansätze bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und eine Benachteiligung der konventionellen Beschaffungsvariante im jeweils erforderlichen Rechenvergleich mit dem ÖPP-Projekt.
Der insgesamt 81 Seiten umfassende Bericht beschreibt häufig vorkommende Fehlerquellen, wie z.B. unvollständige oder fehlerbehaftete Projektverträge, unzureichende Leistungsbeschreibungen, methodische und mathematische Fehler bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Projekts, zu hohe Baukostenansätze bei konventioneller Betrachtung, Effizienzvorteile wurden nicht überzeugend nachgewiesen etc. Im Anhang des Berichts, der das gesamte letzte Drittel umfasst, werden ausgewählte ÖPP-Projekte knapp und instruktiv anhand einer Projektbeschreibung, den zentralen Eckdaten, den wesentlichen Prüfungsergebnissen und deren Auswirkungen dargestellt.
In besonderer Weise bemängelt der Bericht die offensichtlichen Fehler bei der Berechnung der Effizienzvorteile von PPP-Projekten im Vergleich zu einer herkömmlichen (konventionellen) Beschaffung. Vor dem Hintergrund, dass die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe im Mai wesentliche Grundsätze im Umgang mit ÖPP-Projekten beschlossen hat, ist dies verständlich. Denn danach sind bei jeder ÖPP-Entscheidung insbesondere folgende Aspekte besonders zu beachten:
– ÖPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten. Bei ÖPP-Projekten treten laufende Zahlungsverpflichtungen aus Projektverträgen an die Stelle von Zins und Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise.
– Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein.
Für künftige Projekte empfehlen die Rechnungshöfe, insbesondere die Kosten der Eigenrealisierung vor Vertragsabschluss genauer zu ermitteln, um beurteilen zu können, ob die privaten Angebote tatsächlich günstiger sind. Der Erfahrungsbericht soll nicht als Leitfaden verstanden werden, sondern Hilfestellungen für objektive, nicht interessengeleitete Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen geben. Denn richtig angewandt stellt die ÖPP-Realisierung aus Sicht der Rechnungshöfe eine durchaus gleichwertige Beschaffungsform dar. Entscheidend ist hierbei aus der Perspektive der öffentlichen Auftraggeber nicht, den günstigen Anbieter auszuwählen, sondern auf die entsprechende Qualifikation und Qualität sowohl im Rahmen der Beratung als auch bei der Auswahl des privaten Partners zu achten.
Der Bericht der Rechnungshöfe ist kostenlos abrufbar hier.
Der Autor Dr. Martin Ott ist Rechtsanwalt der Sozietät Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Dort berät und vertritt er insbesondere öffentliche Auftraggeber, aber auch Unternehmen, in allen Fragen des Vergaberechts, ein Schwerpunkt liegt hierbei im Dienstleistungsbereich. Mehr Informationen finden Sie in unserem Autorenverzeichnis.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Der Autor Dr. Martin Ott ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Herr Dr. Ott berät und vertritt bundesweit in erster Linie öffentliche Auftraggeber umfassend bei der Konzeption und Abwicklung von Beschaffungsvorhaben. Auf der Basis weit gefächerter Branchenkenntnis liegt ein zentraler Schwerpunkt in der Gestaltung effizienter und flexibler Vergabeverfahren. Daneben vertritt Herr Dr. Ott die Interessen der öffentlichen Hand in Nachprüfungsverfahren. Er unterrichtet das Vergaberecht an der DHBW und der VWA in Stuttgart, tritt als Referent in Seminaren auf und ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichen. Er ist einer der Vorsitzenden der Regionalgruppe Stuttgart des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW).
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