Herzlichen Dank für den interessanten Beitrag, Herr Kollege Noch!

Ich finde es überzeugend, wenn der Brandenburger Senat die Anforderungen an die Rügeobliegenheit derart deutlich herausstellt und konsequent auf den Fall anwendet. Andere Vergabesenate haben da ein etwas anderes Verständnis von der Rügeobliegenheit.

Nicht verstanden habe ich, aus welchem Grund sich die Bewerber bereits bereits im Teilnahmewettbewerb hinsichtlich der anzubietenden Software festlegen sollten. Hierzu lese ich unter Tz. 10 des Beschlusses:

„Im Bewerbungsbogen war auf Seite 1 unter „Modellierungssoftware“ als „freiwillige Angabe“ einzutragen, mit welcher Software die Lose bearbeitet werden sollen. Unter Ziff. 3.5. des Bewerbungsbogens „Nachweis zur technischen Ausstattung“ war anzugeben, welche weitere Software vom Bieter eingesetzt werden kann. Einzutragen war die Anzahl der zur Verfügung stehenden Lizenzen für die Programme SOBEK, MIKE, Hydro_AS-2D oder für sonstige Programme.“

Da diese Angaben maßgeblich für die Aufforderung zur Angebotsabgabe und die Frage waren, aufgrund welcher Leistungsbeschreibung ein Angebot zu erstellen war, kann bezweifelt werden, ob die Angabe auf Seite 1 tatsächlich „freiwillig“ war. Was hätte die Vergabestelle denn unternommen, wenn ein Bewerber an dieser Stelle keine Angabe gemacht hätte?

Abgesehen von der mitgeteilten Gewichtung der angewendeten Kriterien „fachliche Eignung“ und „wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit“ kann ich dem Beschluss keine näheren Angaben zur Bewertung der Teilnahmeanträge entnehmen. Wenn die anzubietende Software hier aber bereits im Teilnahmewettbewerb als Aspekt der technischen Leistungsfähigkeit bewertet wurde und wenn die Software außerdem auch im Rahmen der Angebotswertung Berücksichtigung finden sollte (Zuschlagskriterium „fachtechnisches Konzept / Bearbeitungsmethodik“, Tz. 15 des Beschlusses), dürfte diese Gestaltung angreifbar sein.

Das Gebot der strikten Trennung von Eignungsprüfung und Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots sollte auch insoweit beachtet werden, dass nicht schon im Teilnahmewettbewerb eine Bewertung der (noch anzubietenden) Leistung vorweggenommen wird. Ich wage auch ohne über die Beschlussgründe hinausgehende Kenntnis des Falles die These, dass es möglich gewesen sein dürfte, die technische Leistungsfähigkeit der Bewerber (ausschließlich) über Referenzen zu bewerten und in diesem Rahmen abzufragen, ob und ggf. in welchem Umfang Erfahrungen mit einer bestimmten Software vorhanden sind. Mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe hätte dann eine einheitliche Leistungsbeschreibung verschickt werden können, die grundsätzlich die Möglichkeit des Einsatzes verschiedener Softwarelösungen vorsieht. In den Verhandlungen hätte der Auftraggeber dann die für alle Lose einzusetzende „Mehrheitssoftware“ ermitteln können.

Viele Grüße
Marc Röbke

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