Vergabeblog

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Neuheiten im Vergaberecht – eVergabe bald verpflichtend

Spätestens ab 2018 muss die gesamte Kommunikation während eines laufenden Vergabeverfahrens über elektronische Mittel erfolgen. Die elektronische Vergabe (eVergabe) bietet in Zukunft zahlreiche Vorteile für öffentliche Auftraggeber. Davor liegt aber noch ein weiter Weg: Computer, Software und nicht zuletzt die Mitarbeiter müssen auf die neuen Verfahren umgestellt werden.

Drei neue EU-Vergaberichtlinien, die im April dieses Jahres in Kraft getreten sind, schreiben den Einsatz elektronischer Mittel bei Vergabeverfahren bald zwingend vor. Neben der klassischen Vergaberichtlinie 2014/24/EU gilt dies auch für die Sektorenvergaben (RL 2014/23/EU) und für die Konzessionsvergaben (RL 2014/25/EU).

Zentrale Norm der eVergabe ist Artikel 22 der klassischen Vergaberichtlinie. Dieser schreibt vor, dass die gesamte Kommunikation und der Informationenaustausch im laufenden Vergabeverfahren grundsätzlich nur mithilfe elektronischer Mittel erfolgen dürfen. Dies umfasst die Einreichung von Angeboten, das Zurverfügungstellen von Vergabeunterlagen sowie die Übermittlung und die Veröffentlichung der Bekanntmachungen. Parallel dazu müssen Bieterfragen, Informationen und Zwischenmitteilungen an die Bieter ebenfalls elektronisch übermittelt werden. Die eVergabe umfasst also alle Verfahrensschritte. Gleichzeitig kann ein elektronisches Archiv erstellt werden, so dass die Verfahren auch noch digital abgelegt werden können.

Die Umstellung auf die eVergabe zielt unter anderem auf eine Modernisierung der Verwaltung ab. Die Digitalisierung der Vergabeverfahren soll den Verwaltungsaufwand durch die medienbruchfreie Bearbeitung verringern, vor allem Durchlaufzeiten verkürzen etc., indem beispielsweise Postwege nicht mehr mit kalkuliert werden müssen. Auch die Kosten werden aufgrund kürzerer Vergabeverfahren sinken. Gleichzeitig wächst die Prozesssicherheit. Durch die elektronische Aufzeichnung entfallen Vorwürfe wegen nachträglicher Manipulationen etc. Zentrale Beschaffungsstellen, die die eVergabe bereits eingeführt haben, verzeichnen schon jetzt eine Reduzierung der Rechtsstreitigkeiten um 88 %.

Die EU-Richtlinien fordern, dass die Kommunikation nicht-diskriminierend, allgemein verfügbar sowie kompatibel mit „allgemein verbreiteten Erzeugnissen der Informations- und Kommunikationstechnik“ sein muss. Was das genau heißt, ist aber noch unklar. Sicher ist, dass große Veränderungen auf alle deutschen Behörden zukommen. Jede Vergabestelle muss ihre Computer umrüsten, gegebenenfalls neue Formblätter erstellen, Mitarbeiter schulen und alle notwendigen technischen Voraussetzungen schaffen, um die eVergabe rechtssicher umzusetzen.

Streit herrscht schon jetzt zu Art. 51 der klassischen Vergaberichtlinie. Dieser schreibt vor, dass den Bietern bei der eVergabe die Vergabeunterlagen unentgeltlich bereitgestellt werden müssen. Aber was bedeutet „unentgeltlich“ konkret? Schadet jede Zahlung im Zusammenhang mit der Nutzung einer eVergabe-Plattform? Auf den heute gängigen Plattformen müssen sich Bieter registrieren und dann teilweise eine Bearbeitungs- bzw. „Aufnahmegebühr“ zahlen. Handelt es sich dabei aber um ein Entgelt für die Vergabeunterlagen im Sinne der EU-Richtlinie? Und was ist mit den Serviceleistungen, die den Bietern von den Plattformen oft mit den Vergabeunterlagen angeboten werden? Teilweise ist ein Herunterladen der Vergabeunterlagen nur möglich, wenn der Bieter gleichzeitig ein „Supportpaket“ (Bieterassistent, Prüfung der Unterlagen auf Vollständigkeit etc.) bucht. Dann kommt kein Bieter ohne Zahlung an die Unterlagen. Aber: zahlt er deshalb für die Unterlagen oder „nur“ für den Service?

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Datenschutz, Verschlüsselung der Angebote vor der Öffnung, Vorgaben nach dem elektronischen Signaturgesetz etc. sind weitere Beispiele, die das Ausmaß der anstehenden Umstellung beschreiben. Dabei bleibt der öffentlichen Verwaltung und den Bietern hier nur ein begrenzter Zeitrahmen – vorgesehen ist:

  • ab 18.04.2016 müssen alle Bekanntmachungen und Ausschreibungsunterlagen elektronisch zugänglich sein.
  • Ein Jahr später müssen dann alle Angebote an zentrale Beschaffungsstellen elektronisch übermittelt werden, 18.04.2017.
  • Bis zum 18.10.2018 müssen endgültig alle öffentlichen Auftraggeber und alle Bieter ausschließlich elektronische Mittel bei der Vergabe von Aufträgen nutzen.

Zunächst liegt der Ball bei der Bundesrepublik. Die Umsetzung der europäischen Vergaberichtlinien in nationales Recht ist der nächste Schritt auf dem Weg zum papierlosen Büro bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Die öffentliche Verwaltung sollte diesen Prozess kontinuierlich beobachten. Denn die technische Umrüstung wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Nach hinten bleibt kaum Luft: Werden die Vorgaben nicht nach dem Zeitplan der EU-Vergaberichtlinie eingehalten, drohen Nachprüfungsverfahren.

Hinweis der Redaktion: Auf dem 1. Deutschen Vergabetag am 23. Oktober in Berlin wird dem Thema „E-Vergabe-Pflicht ab 2016 – wie rechtskonform umsetzen?“ eine eigene Podiumsdiskussion gewidmet.

Für die Tagesveranstaltung sind wir restlos ausgebucht. Sollten Sie kein Ticket mehr erhalten haben, haben Sie noch die Möglichkeit, am festlichen Abendempfang am Potsdamer Platz teilzunehmen. Ausführliche Informationen und Anmeldung unter http://www.deutscher-vergabetag.de/.

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Über Dr. Isabel Niedergöker, Mag. rer. publ.

Dr. Isabel Niedergöker, Mag. rer. publ. ist Rechtsanwältin bei HEUKING KÜHNLÜER WOJTEK in Düsseldorf und dort in der Praxisgruppe „Öffentlicher Sektor und Vergabe“ der Sozietät tätig. Sie berät öffentliche Auftraggeber bei der Strukturierung und Durchführung komplexer Vergabeverfahren sowie in allen Fragen des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Frau Dr. Niedergöker ist Dozentin für Vergaberecht und eVergabe an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer.

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