Vor dem 1. Untersuchungsausschuss („NSA“) machte vergangene Woche der Geheimdienstkoordinators im Kanzleramt, Günter Heiß, deutlich, dass auch aktuelle Medienberichte über eine Ausspähung deutscher Regierungsstellen durch die National Security Agency (NSA) nichts an der Einschätzung der Bundesregierung änderten, dass diese “keine Erkenntnisse über Wirtschaftsspionage amerikanischer Nachrichtendienste in Deutschland” habe.
Wie bekannt hatte das Bundesministerium des Innern 2014 eine Bieter-Eigenerklärung und eine Vertragsklausel für Vergabeverfahren im Hinblick auf Risiken durch nicht offengelegte Informationsabflüsse durch den Auftragnehmer an ausländische Sicherheitsbehörden entworfen (“No-Spy-Erlass”, vgl. den Beitrag hier sowie eine Besprechung von RA Stenzel hier).
Der frühere niedersächsische Verwaltungsrichter Heiß leitet seit dem 14. Dezember 2009 die Abteilung 6 im Kanzleramt, die über den Bundesnachrichtendienst (BND) die Rechts-, Dienst- und Fachaufsicht führt sowie die Geheimdienste des Bundes koordiniert. Er war zuvor seit 2007 Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Niedersachsen.
Dass die NSA, wie jetzt durch Medienberichte bekannt wurde, offenbar 2011 ein Telefonat der Kanzlerin zur Griechenlandkrise abhörte und in Berlin auch das Finanzministerium überwacht haben soll, gehört für Heiß in den Bereich der politischen, nicht der Wirtschaftsspionage. Diese Definition sei nicht seine Einzelmeinung, sondern „Konsens“. Auf wiederholte Fragen, ob er vor den Enthüllungen durch Edward Snowden und jüngst durch WikiLeaks Hinweise auf „Übergriffigkeit“ oder politische Spionage durch US-Dienste gehabt habe, antwortete Heiß: „Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.“
Auch Heiß betonte wie vor ihm bereits andere Zeugen, dass er nach einer Besprechung führender deutscher und amerikanischer Geheimdienstler am 5. August 2013 in Washington die Aussichten auf eine Vereinbarung über einen gegenseitigen Spionageverzicht „außerordentlich positiv“ beurteilt habe. Der Begriff „No-Spy-Abkommen“ sei sogar von amerikanischer Seite ins Gespräch gebracht worden. Dies habe ihm ein Kollege berichtet; selber habe er daran keine Erinnerung: „Damals haben wir diese Chance sehr real gesehen und mussten sie auch ergreifen.“ Bei einem Besuch im Weißen Haus Ende Oktober sei ihm klar geworden, dass die US-Regierung nicht interessiert war.
(Quelle: Bundestag)
Das Thema und die Folgen des “No-Spy-Erlasses” für die öffentliche Beschaffung sind eines der Schwerpunktthemen des 2. Deutschen Vergabetages am 15./16.10.2015 in Berlin. Heinz-Peter Dicks (OLG Düsseldorf), Dr. Oliver Maor (Bundesministerium des Innern), Felix Zimmermann (BITKOM) und Dr. Friedrich Ludwig Hausmann (PWC Legal) werden die Hintergründe erläutern und Folgen für die Beschaffung diskutieren.
Zu Programm und Anmeldung des 2. Deutschen Vergabetages 2015
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