Nachdem das BMWi den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einrichtung eines Wettbewerbsregisters (WRegG) vorgelegt hat (Anm. d. Red.: Das Bundeskabinett hat diesen am 29.03.2017 beschlossen), soll dieser nun unter Hochdruck noch in dieser Legislaturperiode durch das parlamentarische Verfahren geschleust werden. Die wichtigsten 10 Regelungen des Gesetzes für Sie als Auftraggeber und auch als Auftragnehmer werden in diesem Beitrag vorgestellt.
1. Nur die im Register aufgeführten Verstöße und Straftaten rechtfertigen eine Eintragung.
Der Gesetzentwurf regelt abschließend und explizit die zur Eintragung von Unternehmen im Wettbewerbsregister führenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Dies führt zu begrüßenswerter Rechtsklarheit und Praktikabilität.
Auch Verurteilungen im Ausland können zu einem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen führen, soweit sie der registerführenden Stelle bekannt werden. Eine Verpflichtung zur Meldung an das Register kann jedoch nur für deutsche Behörden begründet werden.
2. Verstöße und Straftaten können nur eingetragen werden, wenn sie dem Unternehmen zuzurechnen sind.
Das ist der Fall, wenn sie von einer zur Leitung des Unternehmens berufenen natürlichen Person im Zusammenhang mit dem Geschäftsverkehr begangen wurden. Dazu gehören auch Personen, denen die Überwachung eines Unternehmens in leitender Stellung obliegt. Der Entwurf knüpft damit an die Unternehmensverantwortlichkeit des Ordnungswidrigkeitenrechts an (§ 30 OWiG).
Ist der Verstoß einer Konzerntochter zurechenbar, weil nur deren Leitungsorgane gehandelt haben, wird nur diese ins Register eingetragen. Werden die Rechtsverstöße durch die Konzernspitze begangen, erfolgt die Eintragung des Konzerns.
Verstöße von natürlichen Personen, die nicht im obigen Sinne zur Leitung berufen sind, sind nur eintragungsfähig, wenn der Inhaber des Unternehmens (Geschäftsführer oder Vorstand) seine Organisations- oder Aufsichtspflichten im Sinne von § 130 OWiG verletzt hat. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören dabei auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.
3. Die gewissenhafte Planung und Durchführung von Compliance-Maßnahmen senkt das Eintragungsrisiko.
Denn dies führt dazu, dass keine Verletzung der Organisations- und Aufsichtspflichten vorliegt. Kommt es zu einem Fehlverhalten durch einen Mitarbeiter des Unternehmens, kann sich der Inhaber auf seine Compliance-Maßnahmen berufen. Das Fehlverhalten kann dann dem Unternehmen nicht zugerechnet werden, da der Inhaber seine Pflichten nicht verletzt hat. Durch eine Übertragung der Compliance-Aufgaben, z.B. auf einen Compliance-Manager, können die Anforderungen an den Inhaber abgesenkt werden. Der Compliance Manager ist nämlich zwar durch den Betriebsinhaber sorgfältig auszuwählen und zu überwachen. Aber wenn das geschieht, können Verstöße des Compliance-Managers dem Unternehmen vergaberechtlich i.d.R. nicht zugerechnet werden.
4. Vor Eintragung wird das betroffene Unternehmen von der Registerstelle angehört. Aber Vorsicht bei den Fristen!
Unternehmen, die eingetragen werden sollen, werden im Vorfeld von der Registerbehörde über den Inhalt der geplanten Eintragung informiert und können innerhalb von zwei Wochen dazu Stellung nehmen und Einwendungen geltend machen.
Diese Frist ist ohnehin schon sehr kurz. Überdies ist aber im Entwurf nicht klar geregelt, wann die Stellungnahmefrist beginnt – z.B. Absendung der Anfrage durch die Registerstelle oder Zugang der Anfrage beim Auftraggeber. Hier ist also schnelles Handeln dringend anzuraten.
5. Bei Einwendungen des Unternehmens wird ein Sperrvermerk eingetragen. Nicht geregelt ist, welche Wirkungen dieser Sperrvermerk genau hat.
Sind die Einwendungen des Unternehmens gegen die Eintragung schlüssig, so hat die registerführende Stelle die Eintragung mit einem Sperrvermerk zu versehen.
Im Gesetzentwurf ist geregelt, dass bei Auskunft an einen Auftraggeber „nur auf den Sperrvermerk hinzuweisen“ sei. Das ist wohl so zu verstehen, dass die strittige Eintragung nicht mitgeteilt werden darf, sondern nur die Existenz eines Sperrvermerks.
Das Gesetz schweigt allerdings dazu, wie der Auftraggeber mit dieser Information umgehen soll. Solange nicht die Richtigkeit der Eintragung festgestellt ist, dürfte diese und auch das Vorhandensein eines Sperrvermerks nicht gegen das Unternehmen verwendet werden. Es gibt außerdem keine Regelung, innerhalb welcher Frist die registerführende Stelle über die Einwendungen des Unternehmens zu entscheiden hat.
6. Für den Rechtsschutz wird der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, die Vergabenachprüfungsinstanzen sind nicht zuständig.
Bei der Ablehnung von Anträgen usw. ist damit das Verwaltungsgericht zuständig. Das WRegG regelt keinen Anspruch des Unternehmens bei Untätigkeit der Behörde oder auf Schadensersatz wegen rechtswidriger Eintragungen. Diese können dann nur im Wege der verwaltungsgerichtlichen Untätigkeitsklage bzw. aus dem Staatshaftungsrecht, namentlich aus den Grundsätzen der Amtshaftung hergeleitet werden.
7. Die Abfragepflicht der Auftraggeber besteht ab einem Auftragswert von 30.000 Euro.
Öffentliche Auftraggeber nach § 99 Abs. 1 bis 3 GWB, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber sind ab einem Auftragswert von 30.000 Euro verpflichtet, vor Erteilung des Zuschlags für einen öffentlichen Auftrag beim Register abzufragen, ob der Bieter, der den Auftrag erhalten soll, eingetragen ist.
Die übermittelten Daten dürfen vom Auftraggeber nur für den Zweck der konkreten Vergabeentscheidung genutzt werden und sind nach Abschluss des Vergabeverfahrens zu löschen.
Die Pflicht zur Abfrage aus dem neuen Wettbewerbsregister soll die bisherige Pflicht der öffentlichen Auftraggeber nach dem Mindestlohngesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zur Abfrage des Gewerbezentralregisters ersetzen.
8. Eine Gruppe der öffentlichen Auftraggeber (§ 99 Abs. 4 GWB) ist von der Abfragepflicht ausgenommen.
Die öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB trifft keine Abfragepflicht nach § 6 WRegG. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, dass Auftraggeber in privatrechtlicher Form nach § 99 Nr. 4 GWB aufgrund der Sensibilität der Daten nicht erfasst werden sollen. Dies überzeugt zum einen deshalb nicht, weil auch zu den Auftraggebern nach § 99 Nr. 2 GWB, die ihrerseits abfragepflichtig sind, Auftraggeber in privatrechtlicher Form zählen. Zum anderen erhalten die öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB bisher schon Daten aus dem Gewerbezentralregister. Auch dieses enthält sensible Daten.
Wenn öffentliche Auftraggeber i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB zukünftig nach § 21 Abs. 4 AEntG, § 21 Abs. 1 Satz 5 SchwarzArbG und § 19 Abs. 4 MiLoG verpflichtet sind, anstelle eines Auszugs aus dem Gewerbezentralregister einen Auszug aus dem Wettbewerbsregister anzufordern, bleibt abzuwarten, wie die registerführende Stelle das handhaben wird.
9. Trotz Eintragung in das Wettbewerbsregister entscheidet allein der Auftraggeber über den Ausschluss eines Unternehmens.
Die Eintragung in das Register führt nicht automatisch zu einem Ausschluss eines Unternehmens von der Teilnahme an einem Vergabefahren. Öffentliche Auftraggeber und Konzessionsgeber haben weiterhin eigenständig nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften und der dort zum Teil eingeräumten Ermessensspielräume zu entscheiden, ob ein Unternehmen aufgrund der Eintragung im konkreten Einzelfall ausgeschlossen wird. Eine Eintragung wegen eines zwingenden Ausschlussgrundes führt demgemäß in der Regel zum Ausschluss vom Vergabeverfahren, es sei denn die in § 123 GWB selbst geregelten Ausnahmen greifen.
10. Eine Eintragung kann vor Ablauf der Eintragungsfrist wegen erfolgreicher Selbstreinigung eines Unternehmens gegen Gebühr gelöscht werden.
Ein Unternehmen kann beantragen, dass die Eintragung vor Ablauf der Löschfrist wegen erfolgreicher Selbstreinigung aus dem Register gelöscht wird. Die Eintragung ist zu löschen, wenn das Unternehmen diese Selbstreinigung nachgewiesen hat.
Auch für diesen Nachweis kann der Einsatz eines Compliance-Management-Systems hilfreich sein, da Unternehmen mit seiner Hilfe ihre ordnungsgemäße Pflichterfüllung nachweisen können.
Wenn die Registerbehörde zu dem Ergebnis kommt, dass das Unternehmen sich erfolgreich selbstgereinigt hat, wird die Eintragung gelöscht. In diesem Fall sind die Vergabestellen an die zentrale Entscheidung der Registerbehörde gebunden und dürfen das Unternehmen nicht mehr ausschließen. Dies führt zu einer deutlichen Entlastung von Wirtschaft und Vergabestellen, weil die teilweise aufwändige Prüfung der Selbstreinigung nur einmal von der zentralen Registerbehörde durchgeführt wird.
Für den Antrag auf vorzeitige Löschung wegen erfolgreicher Selbstreinigung wird anders als bei der Prüfung der Selbstreinigung nach § 125 GWB eine Gebühr i.d.R. zwischen 1.000 und 25.000 Euro fällig.
Hinweise der Redaktion:
Dr. Evelyn Paetsch ist Rechtsanwältin und leitet seit 2017 in der Kanzlei Stassen LLP das Dezernat Vergaberecht. Die Kanzlei Stassen LLP ist auf Architekten-, Bau- und Immobilienrecht spezialisiert. Davor war Frau Dr. Paetsch seit 2002 in der Rechtsabteilung und als Referentin im Konzernvorstandsbüro der Deutschen Bahn AG beschäftigt. Dort befasste sie sich vor allem mit dem Vergaberecht, sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Auftragnehmerseite und mit Sektorenvergaben. Ihr besonderes Interesse gilt Vergaben im Bau- und Freiberuflerbereich, IT-Vergaben und der Schnittstelle von Vergabe- und Fördermittelrecht.
Hallo und guten Tag,
wie vermutlich bekannt ist, gilt ja bei der Vergabe öffentlicher Aufträge >30k € ab dem 01.06.22 eine Erkundigungspflicht aus
§6 Wettbewerbsregistergesetz.
Generelle Frage: Ist das auch bei Bauleistungen und Instandhaltungsmaßnahmen so?
Für Ihre kurze Antwort bedanke ich mich vorab herzlichst.