In einer Grundsatzrede im Europaparlament hat die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen betont, dass sich Europa sicherheitspolitisch noch stärker aufstellen muss. Von der Leyen verwies auf die vielfältigen Bedrohungen für Sicherheit, Wohlstand und Lebensweise in der EU. Es gehe darum, dass die EU ihre Werte und Interessen verteidigt sowie Abhängigkeiten in den Bereichen Energie, Schlüsseltechnologien und Verteidigung verringert, also Risikominderung betreibt. „Wir müssen anfangen, an der Zukunft der europäischen Sicherheitsarchitektur zu arbeiten. In all ihren Dimensionen und mit der nötigen Geschwindigkeit und dem erforderlichen politischen Willen.“
Von der Leyen sprach über den brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der inzwischen ins dritte Jahr geht. „In den vergangenen Jahren sind viele europäische Illusionen zerstört worden. Die Illusion, dass Frieden von Dauer ist. Die Illusion, dass der wirtschaftliche Wohlstand für Putin wichtiger sein könnte als die Zerstörung einer freien und demokratischen Ukraine. Die Illusion, dass Europa allein genug für die Sicherheit tut – sei es wirtschaftlich oder militärisch, auf konventionelle Art oder im Cyberspace. Wenn wir uns umschauen, ist klar, dass es keinen Raum mehr für Illusionen gibt. Putin nutzte die Friedensdividende, um seinen Krieg vorzubereiten. Infolgedessen ist die Welt so gefährlich wie seit Generationen nicht mehr.“
Die Kommissionspräsidentin konstatierte: „Wir sehen das Machtpotenzial und die Gefahren, die von einer aufsteigenden und bedrohlichen Liga von Autokraten ausgehen.“ Dazu komme ein kontinuierlicher Anstieg eines aggressiven wirtschaftlichen Wettbewerbs sowie Verzerrungen, die ganz reale Sicherheitsrisiken für Europa mit sich bringen.
Europa hat nach Ansicht der Kommissionspräsidentin bereits begonnen, die Dringlichkeit und das Ausmaß Herausforderungen zu erfassen und sich vorzubereiten. Es stehe geschlossen gegen den Krieg auf dem Kontinent, leiste massive Unterstützung für die Ukraine und habe bewiesen: Ein souveränes Europa sei kein Wunschdenken. Europa müsse aber noch mehr tun, und das auch noch schnell.
„Unsere erste, und dringend notwendige Aufgabe ist es, die Streitkräfte der Mitgliedstaaten wiederaufzubauen, zu verstärken und zu modernisieren. Dabei sollte sich Europa darum bemühen, die nächste Generation militärischer Fähigkeiten zu entwickeln und bereitzustellen. Und sicherzustellen, dass wir über ausreichend Material und die technologische Überlegenheit verfügen, die wir künftig benötigen. Mit anderen Worten: Die Kapazitäten unserer Verteidigungsindustrie müssen innerhalb der nächsten fünf Jahre massiv hochgefahren werden.“
Die Kommissionspräsidentin betonte den Grundsatz: „Europa muss mehr Geld in die Hand nehmen und es besser ausgeben, europäisch ausgeben.“ In den kommenden Wochen wird die Kommission einige Vorschläge in Form einer ersten Strategie für eine europäische Verteidigungsindustrie vorlegen. Ein zentrales Ziel: Vorrang für die gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich, wie es die EU bereits bei Impfstoffen oder Erdgas getan hat.
In der Verteidigungspolitik gemeinsam zu handeln, das wird laut von der Leyen ehrgeizige Entscheidungen und politischen Mut erfordern. Mit Blick auf die Europawahlen und die nächste Kommission sagte sie: „Das Thema Verteidigung bedarf ungeteilter Aufmerksamkeit. Deshalb setze ich mich persönlich dafür ein, dass die nächste Kommission ein designiertes Kommissionsmitglied für Verteidigung in ihren Reihen hat.“
Quelle: EU Kommission
0 Kommentare