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Neue VOL/A, Teil 6: Zur „Projektantenproblematik“

VOL-A Die neue VOL/A wird sowohl für nationale als auch für europaweite Vergabeverfahren eine Regelung zur sogenannten Projektantenproblematik enthalten. Die Regelung ist wortgleich aus der VgV übernommen worden, welche allerdings lediglich bei europaweiten Ausschreibungen Anwendung findet. „Neu“ ist daher in erster Linie, dass der Auftraggeber nunmehr auch bei nationalen Vergaben ausdrücklich dafür Sorge zu tragen hat, dass die Teilnahme eines Projektanten am Wettbewerb zu keiner Wettbewerbsverfälschung führt. Wann eine Projektantensituation besteht und welche Handlungspflichten denn öffentlichen Auftraggeber dann treffen, wird im Folgenden aufgezeigt.

Die Projektantenproblematik

Häufig muss der öffentliche Auftraggeber eine Beschaffung organisieren über deren Beschaffungsgegenstand er selbst keine vertiefte fachliche Kenntnis hat. Dessen ungeachtet trifft ihn die Pflicht, die Leistung in den Ausschreibungsunterlagen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben. Der öffentliche Auftraggeber ist also häufig darauf angewiesen, sich bereits für die Erstellung der Vergabeunterlagen Fachrat einzuholen. Nicht selten sind die dafür infrage kommenden Unternehmen auch, wenn nicht primär, an dem zu vergebenden Auftrag selbst interessiert. Die Teilnahme eines zur Vorbereitung herangezogenen Unternehmens (des sog. Projektanten) an dem anschießenden Vergabewettbewerb birgt jedoch die Gefahr einer Wettbewerbsverfälschung. Diese kann darin bestehen, dass der Projektant durch seine Vorbefassung gegenüber Mitbewerbern einen Wissensvorsprung hat, den er für sein Angebot ausnutzt. Oder aber er hat sogar die Leistungsbeschreibung so zu seinen Gunsten beeinflussen können, dass der Wettbewerb von vorne herein auf wenige Unternehmen – oder ihn allein – beschränkt ist.

Der öffentliche Auftraggeber steht bei dieser Projektantenproblematik vor dem Dilemma, dass er einerseits verpflichtet ist, möglichen Wettbewerbsverfälschungen entgegen zu wirken. Andererseits würde er sich jedoch bei einem rigorosen Ausschluss von Projektanten geeigneter potentieller Auftragnehmer berauben und damit die Chance, ein wirtschaftliches Angebot zu erhalten, schmälern.

Die Regelung in der VOL/A und die Bedeutung der Rechtsprechung

Lange Zeit blieb die Projektantenproblematik vom Gesetzgeber unbeachtet. Der öffentliche Auftraggeber hatte sich an der geltenden Rechtsprechung zu orientieren, um sich gegenüber Projektanten vergaberechtkonform zu verhalten. So richtig viel wird sich daran auch durch die neue VOL/A nicht ändern. Denn die mit der Vergaberechtsnovelle 2006 in § 4 Abs. 5 VgV eingefügte und nunmehr in § 6 Abs. 6 VOL/A bzw. in § 6 Abs. 7 EG-VOL/A übernommene Regelung zur Projektantenproblematik lautet wie folgt:

Hat ein Bieter oder Bewerber vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt, so hat der Auftraggeber sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme des Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird.

Die Vorschrift legt damit fest, dass es Aufgabe des Auftraggebers ist, etwaige Wettbewerbsverfälschungen aus einer Wettbewerbsteilnahme eines Projektanten zu unterbinden. Wie er dies zu bewerkstelligen hat, dazu sagt die Vorschrift allerdings nichts. Hierfür ist also auch weiterhin die Rechtsprechung der Nachprüfungsinstanzen heranzuziehen. Und diese hat – inzwischen einhellig – festgestellt: der Ausschluss eines Projektanten von der Wettbewerbsteilnahme ist nur als letztes Mittel zulässig. Zuvor hat der öffentliche Auftraggeber sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, etwaigen Wettbewerbsvorteilen des Projektanten vorzubeugen oder bereits entstandene Vorteile wieder zu beseitigen.

Handlungsmöglichkeiten des öffentlichen Auftraggebers

Um bereits dem Entstehen eines Wettbewerbsvorteils vorzubeugen, kann der öffentliche Auftraggeber bei der Ausschreibungsvorbereitung mehrere potentielle Bieter einbinden. Die Gefahr, ein bestimmtes Unternehmen zu bevorteilen, ist damit geschmälert.

Zudem kann der öffentliche Auftraggeber die Ergebnisse aus der Vorbereitung umfassend und frühzeitig öffentlich zugänglich machen und somit den Informationsvorsprung des Projektanten gering halten. Etwaige Manipulationen der Leistungsanforderungen zu Gunsten des Projektanten werden überdies transparent gemacht und können von potentiellen Wettbewerbern beanstandet werden.

Ist eine allgemein zugängliche Veröffentlichung der Leistungsanforderungen – etwa aus Gründen des Geheimschutzes – nicht möglich, kann der öffentliche Auftraggeber schließlich auch innerhalb der Ausschreibung ausreichend lange Fristen zur Angebotserstellung vorsehen. Auch dadurch werden die anderen Bieter in die Lage versetzt, den Informationsvorsprung des Projektanten aufzuholen.

Erst wenn keine dieser Maßnahmen objektiv möglich oder geeignet ist, unzulässig erworbene Wettbewerbsvorteile des Projektanten auszugleichen, muss der Projektant ausgeschlossen werden.

Alle Teile unserer Serie “Die neue VOL/A 2009” finden Sie über den entsprechenden Link in der Spalte “INFORMATIONEN”.

Mehr Informationen über die Autorin Julie Wiehler, LL.M., finden Sie im Autorenverzeichnis.

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Über Julie Wiehler, LL.M.

Die Autorin Julie Wiehler, LL.M., ist Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei Frhr. v.d. Bussche Lehnert Niemann Wiehler Rechtsanwälte & Notare. Sie berät und unterstützt Unternehmen und die öffentliche Hand bei öffentlichen Ausschreibungen sowie bei vergaberechtlichen Fragen in öffentlich geförderten Projekten.

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