Der EU-Rat hat die Revision der EG-Rechtsmittelrichtlinien beschlossen. Da es sich um eine Richtlinie handelt, bedarf diese noch der Umsetzung in nationales Recht. Die Änderungen für Deutschland sind dabei aufgrund der bereits bestehenden, vergleichsweise umfangreichen Rechtsschutzmöglichkeiten gering, während andere EU-Mitgliedsstatten bislang nur ein sehr rudimentäres Rechtsschutzsystem aufweisen. Da EU-Richtlinien nur Mindestanforderungen aufstellen, bleiben bereits bestehende, weiterreichende Rechtsschutzmöglichkeiten wie die in Deutschland bestehenden davon unberührt.
Die bedeutendsten Änderungen für die Mitgliedsstaaten sind:
1. Stillhaltefrist von mindestens 15 Tagen vor Vertragsschluß (damit einen Tag mehr als die gegenwärtige zweiwöchige deutsche Regelung in § 13 VgV), bei Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel von mindestens 10 Tagen.
2. Folgen bei Verletzung der Stillhaltefrist: Grds. Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages, u.U. sind aber auch alternative Sanktionen (z.B. Geldbußen gegen den öffentlichen Auftraggeber) möglich.
3. Folgen unzulässiger Direktvergaben: Unwirksamkeit des Vertrags bzw. alternative Sanktionen möglich
4. Rügepräklusion: Die Richtlinie räumt den Mitgliedsstaaten das Recht der Einführung einer Rügepräklusion für die Fälle ein, in denen eine rechtswidrige Direktvergabe zuvor unter einer Stillhaltefrist bekannt gemacht wurde: Die Rechtswidrigkeit der Vergabe kann dann nach Ablauf der Stillhaltefrist nicht mehr gerügt werden.
5. Automatischer Suspensiveffekt bei Inanspruchnahme des Rechtsschutzes.
Mit der Verabschiedung durch den EU-Rat wird ein nach langwierigen Diskussionen gefundener vermittelnder Vorschlag zwischen EU-Rat, -Parlament und –Kommission umgesetzt.
Marco Junk
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Kaufmann Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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