Nachdem das OLG Düsseldorf bereits mehrfach Stellung zur Ausschreibungspflicht kommunaler Grundstücksverkäufe unter einer Bebauungsverpflichtung bezogen und diese bejaht hat (sog. „Allhorn“-Rechtsprechung), hat es diese Frage nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 02. Oktober (VII-Verg 25/08) setze es ein laufendes Verfahren aus und wandte sich gem. Art 234 EG-Vertrag zur endgültigen Klärung an das Gericht. Dabei bezieht sich das OLG in der Begründung seiner Vorlage auch auf den aktuellen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts, der insoweit eine Korrektur seiner Rechtsprechung darstellt.
Nach dem GWB-Entwurf der Bundesregierung soll der Begriff des öffentlichen Bauauftrags insoweit klarstellend verschärft werden, als dass eine Bauleistung durch Dritte dem öffentlichen Auftraggeber „unmittelbar wirtschaftlich“ zugute kommen muß. Damit entfiele die Ausschreibungspflicht der Kommunen in diesen Fällen.
Konkret soll der neue § 99 Abs. 3 GWB lauten:
„Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen.“
Das OLG Düsseldorf möchte vom EuGH u.a. wissen, ob ein öffentlicher Bauauftrag schon dann vorliegt, wenn das Vorhaben der Erfüllung eines bestimmten öffentlichen Zwecks dient (z.B. der Verwirklichung der städtebaulichen Ziele), oder ob es für die Anwendung des Vergaberechts erforderlich ist, dass eine körperliche Bauleistung mit unmittelbarem wirtschaftlichen Nutzen beschafft wird. Auch fragt das OLG, ob es für die Anwendung des Vergaberechts darauf ankomme, ob der Grundstückserwerber direkt oder indirekt zur Bebauung verpflichtet wird.
Die Entscheidung des EuGH darf mit Spannung erwartet werden. Das OLG Düsseldorf hatte seine bekannte Rechtsprechung („Allhorn-Entscheidung” vom 13.6.2007, VII-Verg 2/07) mittlerweile in zwei Folgeentscheidungen bekräftigt: Wolle eine Kommune ihre städtischen Grundstücke unter einer Bebauungsverpflichtung an einen Investor verkaufen, müsse sie das Vergaberecht beachten.
Die Vorlage des OLG Düsseldorf an den EuGH finden Sie hier.
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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