Ändert sich während eines Vergabeverfahrens die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft, führt dies noch nicht zwingend zum Ausschluss ihres Angebots. Dies hat nun das OLG Celle in seinem Beschluss vom 03.12.2009 (13 Verg 14/09) entschieden. Damit setzt es sich in Widerspruch zur Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 26.01.2005 – VII-Verg 45/04), wonach Änderungen in der Zusammensetzung der Bietergemeinschaft zum zwingenden Ausschluss des Bieters führen.
Zum Fall: Der Beschluss des OLG Celle betrifft ein europaweites Nichtoffenes Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb. Gegenstand der Ausschreibung war ein Bauauftrag für Leitstellentechnik. Die Antragstellerin, eine Bietergemeinschaft aus zwei Mitgliedern, wurde von der Vergabestelle nach dem Teilnahmewettbewerb aufgefordert, ein Angebot abzugeben. Das von ihr eingereichte Angebot war das mit dem niedrigsten Preis. Die Vergabestelle hatte deshalb beschlossen, dieser – erstplatzierten – Bietergemeinschaft den Auftrag zu erteilen. Während eines Nachprüfverfahrens schied ein Mitglied der Bietergemeinschaft aus. Dies warf die Frage auf, ob das Angebot der Bietergemeinschaft zwingend auszuschließen war.
Eignung entscheidend
Das OLG Celle hat dies nun verneint. Zwar habe sich die Zusammensetzung der Bietergemeinschaft nachträglich geändert, nicht jedoch ihre Identität. Denn die Bietergemeinschaft habe als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 705 ff. BGB mit eigenen Rechten und Pflichten unverändert fortbestanden. Deshalb könne die Bietergemeinschaft allein aus diesem Grund nicht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Es komme auch nicht entscheidend darauf an, ob ein Mitglied der Bietergemeinschaft ersatzlos wegfalle oder gegen ein anderes ausgetauscht werde. Denn in beiden Fällen ändere sich nichts an der Rechtspersönlichkeit der Bietergemeinschaft.
Ein Wechsel in der Zusammensetzung der Bietergemeinschaft könne allerdings im Rahmen der Eignung von Bedeutung sein. Die Vergabestelle müsse daher prüfen, ob die Eignung der Bietergemeinschaft auch nach dem Wegfall eines Mitglieds noch zur Ausführung des Auftrags ausreiche. Dabei dürfte insbesondere darauf abzustellen sein, ob das Auftragsvolumen nach Wegfall oder Austausch eines Mitglieds der Bietergemeinschaft deren Leistungsfähigkeit gemäß § 97 Absatz 4 Satz 1 GWB übersteigt. Wenn – wie hier – die Entscheidung über den Zuschlag bereits gefallen ist, bedeutet dies, dass die Vergabestelle in eine erneute Eignungsprüfung eintreten muss.
Keine Divergenzvorlage
Trotz des Widerspruchs zum OLG Düsseldorf sah sich das OLG Celle nicht zu einer Divergenzvorlage nach § 124 Absatz 2 GWB an den BGH veranlasst. Zur Begründung führt es aus, dass das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss lediglich in einem obiter dictum Stellung bezogen habe. Die Ausführungen seien jedoch nicht entscheidungserheblich gewesen, weshalb die Vorlage an den BGH habe unterbleiben dürfen.
Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage bleibt es also spannend. Öffentlichen Auftraggebern ist einstweilen zu raten, Bietergemeinschaften nicht vorschnell mit der Begründung von Vergabeverfahren auszuschließen, dass sich deren Zusammensetzung geändert habe.
Dr. Daniel Soudry, LL.M.
Herr Dr. Daniel Soudry ist Fachanwalt für Vergaberecht und Partner der Sozietät SOUDRY & SOUDRY Rechtsanwälte (Berlin). Herr Soudry berät bundesweit öffentliche Auftraggeber und Unternehmen bei Ausschreibungen, in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren und im Öffentlichen Wirtschaftsrecht. Darüber hinaus publiziert er regelmäßig in wissenschaftlichen Fachmedien zu vergaberechtlichen Themen und tritt als Referent in Fachseminaren auf.
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