Der Titel dieses Beitrag dürfte Einige aufschrecken lassen, auch, wenn es am Ende wohl keine eigenständige EU-Richtlinie sein wird. Aber tatsächlich hat die EU-Kommission, diesmal allerdings nicht die eigentlich für die öffentliche Beschaffung zustände Generaldirektion (GD) Binnenmarkt und Dienstleistungen, sondern die GD Informationsgesellschaft und Medien, eben dies aktuell auf den Weg gebracht: Sie vergab einen Forschungsauftrag zur Entwicklung von “Richtlinien für die öffentliche Beschaffung betreffend IKT-Systeme”.
Den Zuschlag (TED-Doc Nr. 2011/S 200-325061) erhielt die Europe Economics Research Ltd mit Sitz in England, der Auftragswert beträgt beachtliche 181.500 Euro (ohne USt). Davon umfasst ist die Untersuchung der aktuellen Beschaffungspolitik der EU-Mitgliedsstaaten, sowohl auf regionaler wie kommunale Ebene, und daraus abgeleitet Empfehlungen, was zur Verbesserung in rechtlicher Hinsicht getan werde müsste.
Ausweislich der Bekanntmachung ist ein Ziel des Forschungsauftrags, öffentliche Stellen bei der ITK-Beschaffung “besser zu unterstützen”. Bleibt zu hoffen, dass diese gut gemeinte Absicht nicht am Ende durch noch mehr europäische Regelflut ins Gegenteil verkehrt wird. Interessant: Es soll, wenn es nach Brüssel geht, künftig “die Anbieterabhängigkeit verringert [werden], indem auf Standards Bezug genommen wird”. Spätestens jetzt werden einige, vielleicht ganz zu Recht, aufschrecken.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.

Marco Junk
Marco Junk ist Geschäftsführer des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW), dass er im Jahr 2010 gemeinsam mit Dipl.-Kaufmann Martin Mündlein gründete. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen begann er seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für das europäische IT-Unternehmen Eviden, Teil der Atos-Gruppe, tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
Schreibe einen Kommentar