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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 17/11/2011 Nr. 10701

Neue Serie: Bewertung von Fachliteratur durch Praktiker – Auftakt: neuer „Nomos Kommentar Vergaberecht“

DSC01354Vergaberecht wird durch die Rechtsprechung geprägt. Ohne das notwendige Rüstzeug an Literatur geht es daher nicht. Aber welche ist die Richtige? Und auf wessen Urteil soll man sich dabei verlassen? Wir dachten uns, fragen wir doch diejenigen, die es – im wahrsten Wortsinn – Wissen müssen: Die Beschaffer. Und so wird im ersten Teil unserer neuen Serie „Bewertung von Fachliteratur“ Herr Jan-Pieer Reinstorf von der Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg, den neuen Nomos Kommentar Vergaberecht, herausgegeben von Prof. Dr. Hermann Pünder, LL.M., und RA Dr. Martin Schellenberg, rezensieren. Herr Reinstorf ist als Leiter einer zentralen Beschaffungsstelle u.a. zuständig für den Einkauf von rd. 400 staatlichen allgemeinbildenden Schulen. (Anmk. der Red.)

Herausforderung

Das operative Beschaffungsgeschäft mit einer Vielzahl von anfallenden Ausschreibungs- und Einkaufsvorfällen in verschiedenen Produkt- und Dienstleistungskategorien macht es für mich notwendig, einen möglichst breiten Überblick über die bestehenden Regelungen zu behalten. Dies kann ein Kommentar, so wie es beim vorliegenden Werk mit dem veröffentlichten Handkommentar der Fall ist, unterstützend leisten.

In besonders komplexen Beschaffungsvorgängen oder bei Anfragen durch die nachgeordneten Bedarfsstellen ist es für mich erforderlich, erste Hinweise und Hilfestellungen zum Zwecke einer zunächst stets eigenständig zu treffenden Entscheidung über die weitere vergaberechtliche Vorgehensweise zu bekommen. Dies kann im Zweifel dann auch bedeuten, dass weitergehende Unterstützung durch das hauseigene Justiziariat in Anspruch genommen wird. In strategisch besonders gelagerten Fällen oder Beschaffungen mit bedeutendem finanziellen Ausmaß ist es aus hiesiger Sicht für Vergabestellen mittlerweile überdies ratsam, auf externe Unterstützung durch auf das Vergaberecht spezialisierte Kanzleien zurück zu greifen.

Ferner ist es im Tagesgeschäft der Ausschreibung und Beschaffungsabwicklung bereits aufgrund der aufkommenden Geschäftsvorfälle für mich selbst nicht möglich, einen ständigen Blick auf die Vielzahl an Vergaberechtsentscheidungen zu nehmen. Ein Vergaberechtskommentar, der auch die Beschaffungspraxis in diesem Sinne begleitet, ist für mich deshalb unabdingbares Handwerkszeug für meine Tätigkeit.

Mit der Erscheinung des vorliegenden Kommentars habe ich direkt aus verschiedenen dienstlichen Anforderungen heraus mit dem Werk gearbeitet und möchte in diesem Forum eine Kurzbesprechung hinterlegen.

Nomos Kommentar Vergaberecht

Die bearbeiteten Themenfelder lagen grob umrissen im Zusammenhang mit Dienstleistungskonzessionen (§ 99 GWB), Umweltaspekten (§ 97 Abs. 4 Satz 2 GWB) wegen der Abstimmung zur „Leitlinie Fahrzeuge“ des Hamburger Senats sowie wegen Unterrichtsleistungen für schulische Zwecke (§ 1 VOF). Zum Zwecke der Prüfung von Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb waren für mich auch die Erläuterungen zu § 3 EG Abs. 4 VOL/A bzw. aufgrund von gegebenen technischen Begründungen ebenfalls die Kommentierung zur Parallelvorschrift aus dem Baubereich des § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 VOB/A von Interesse.

Ich habe den Kommentar insbesondere mit sprachlich klaren Ausführungen gelesen, die somit auch für Nichtjuristen sehr gut verständlich sind. Überhaupt finde ich auch beim weiteren „blättern“, dass offenbar jeweils die wesentlichen Regelungsinhalte der zugrundeliegenden Vorschrift prägnant erfasst sind und die Ausführungen damit nicht überfrachtet werden. Vielmehr erfolgt für eine noch tiefergehende Recherche unten stehend dann der Hinweis auf die jeweilige Rechtsprechung.

Es ist überdies direkt hilfreich, dass alle Rechtsnormen in einem Band erfasst sind. Dass dies tatsächlich praktisch ist, zeigt das obige Beispiel für die zu berücksichtigenden Umweltanforderungen bei der Beschaffung. Hierfür habe ich nämlich mit dem im Kommentar erwähnten Bezug unmittelbar auch in den Vergabe- und Vertragsordnungen weitergelesen (insbes. § 7 Abs. 7 VOB/A, § 8 EG Abs. 5 VOL/A, § 6 Abs. 5 VOF).

Fazit

Es gibt durchaus einige gute Kommentare im Vergaberechtsbereich. Für die Beschaffungspraxis erweist sich das vorliegende Werk aus meiner Sicht als sehr benutzerfreundlich und gelungen. Es dürfte zudem auch für andere Beschaffer mit einem ähnlichen „Aha-Effekt“ (wie bei mir geschehen) verbunden sein, wenn man mal die Ausführungen in dem Kommentar bezüglich der bestehenden Querverbindungen zwischen dem Vergaberecht und dem Preisrecht mit der hierfür ausführlich beleuchteten Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen liest. Was die Bestimmung des Preises bei öffentlichen Auftragsvergaben und die damit zusammenstehenden Prüfungsmöglichkeiten anbelangt, habe ich hier einige neue Erkenntnisse gewinnen können.

Der Rezensent Jan-Pieer Reinstorf, Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg, ist als Leiter einer zentralen Beschaffungsstelle u.a. zuständig für den Einkauf von rd. 400 staatlichen allgemeinbildenden Schulen. Er ist Dozent bei der Zentralen Fortbildung der Freien und Hansestadt Hamburg für Seminare im Rahmen der Umsetzung der bestehenden Beschaffungsvorschriften.

Sie finden den neuen “NOMOS Kommentar Vergaberecht” online bestellbar hier.

dvnwlogoThema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.

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