Der Bundestag hat den “Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vergaberechts für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit” aus der Feder des Bundeministeriums für Wirtschaft und Technologie verabschiedet. Eine letzte angenommene Änderungsempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie betraf das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB. Wichtig: Da die Frist für Umsetzung der EU-Richtlinie 2009/81/EG bereits am 21.08.2011 ablief, gelten für öffentliche Auftraggeber bereits die mit der Umsetzung der Richtlinie einhergehenden neuen Meldeformulare.
Breite Beratung
Nach Stellungnahme des Bundesrats in seiner Sitzung am 23. September 2011 (BR-Drs. 464/11) wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 17/7275) am 20. Oktober 2011 an den Bundestags-Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zur federführenden Beratung überwiesen. Daneben wurden der Auswärtige Ausschuss, der Innenausschuss, der Rechtsausschuss, der Verteidigungsausschuss und der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in die Beratungen einbezogen. Am 26. Oktober hatte dann der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie seine abschließende Beschlussempfehlung abgegeben (BT-Drs. 17/7520).
Systematik
Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2009/81/EG erfolgt im bestehenden Rechtssystem durch Änderungen des GWB und der VgV, und schafft doch dort die rechtlich notwendige Ermächtigungsgrundlage, dieses abermals um ein weiteres vergaberechtliches Regelwerk, die neue, noch zu schaffende “Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit”, aufzubohren.
Die neuen Regelungen sollen am 1.1.2012 in Kraft treten. Umsetzungsfrist war eigentlich der 21. August dieses Jahres, weshalb das BMWi für die Übergangszeit ein “vorläufiges Rundschreiben” an die öffentlichen Auftraggeber richtete.
Feinschliff: Besserer Rechtsschutz
Neben redaktionellen Änderungen des Gesetzentwurfs ist vor allem eine angenommene Beschlussempfehlung des Bundestags-Ausschusses für Wirtschaft und Technologie bedeutsam: Gem. § 115 Abs. IV GWB entfällt das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB bereits zwei Kalendertage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller, wenn der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 100 Abs. 2 Buchstabe d GWB (“nationale Sicherheitsinteressen”) geltend macht. Um die Rechtsschutzmöglichkeiten unterlegener Bieter bei sicherheitsrelevanten Vergaben zu stärken, wird nun die Frist, nach der das Verbot des Zuschlags entfällt, von zwei Kalendertagen auf fünf Werktage verlängert. Dies hatte bereits der Bundesrat in seiner Stellungnahme gefordert.
Achtung: Neue Meldeformulare
Im Amtsblatt L 222 hat die EU-Kommission am 27.08.2011 die mit der Umsetzung der Richtlinie einhergehenden notwendigen Meldeformulare für die öffentlichen Auftraggeber festgelegt. Bereits seit dem 16.09.2011 sind entsprechende Veröffentlichungen, die unter die Richtlinie 2009/81/EG fallen, auf der Grundlage dieser Meldeformulare durchzuführen. Sie finden die neuen Formulare in der Sammlung von “Standardformularen für das öffentliche Auftragswesen” auf SIMAP.
Demnächst im Vergabeblog
Wir werden an dieser Stelle in Kürze den Anwendungsbereich und die durch die Umsetzung der Richtlinie eintretenden Änderungen detailliert vorstellen.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
Formal muss der Bundesrat morgen (TOP 23) dem Gesetzentwurf noch zustimmen. Dies wird aber sicherlich erfolgen, da der federführende Wirtschaftsausschuss des Bundesrates eine Zustimmung empfohlen hat.
Bernhard Fett, Dresden