Ein Gastbeitrag von Christian Frhr. v. Ulmenstein
In einem VOL/A-EG Verfahren hatten die beteiligten Bieter vergleichbare Referenzen vorzulegen. Im Rahmen der Auswahlentscheidung hielt die Vergabestelle hinsichtlich eines Bieters eine vorgelegte Referenz für nicht vergleichbar. Da sich dieser Bieter in einem vorangegangenen Vergabeverfahren erfolgreich beteiligt hatte, zog die Vergabestelle „ersatzweise“ eine ihr aus einem früheren Vergabeverfahren bekannte (hausinterne) Referenz heran und ersetzte die nicht vergleichbare Referenz durch diese „Alt“-Referenz. Dabei bezog sie sich auf § 19 Abs. 2 Satz 1 VOL/A-EG.
Entscheidung
Die Entscheidung der 1. Vergabekammer des Bundes (1. VK Bund, Beschl. v. 9. 12.2011, Az.: VK 1 – 150/11) korrespondiert mit der Entscheidung dieser Kammer vom 14. Dezember 2011 (Az.: VK 1 – 153/11). Als Rechtsgrundlage für das Heranziehen einer „neuen“ Referenz komme § 19 Abs. 2 Satz 1 VOL/A-EG nicht in Betracht. Die Vorschrift eröffne dem öffentlichen Auftraggeber lediglich die Möglichkeit, vom Bieter u.a. bisher nicht vorgelegte Referenzen nachzufordern, nicht jedoch, selbst anderweitige Referenzen zu besorgen. Die Vorschrift sei nur dann anwendbar, wenn geforderte Erklärungen oder Nachweise bis zum Ablauf der Angebotsfrist „nicht vorgelegt“ wurden. Die Regelung ermächtige die Vergabestelle nicht dazu, selbständig anderweitige Referenzen heranzuziehen.
Stellungnahme
Die Entscheidung stimmt mit der Auslegung der 1. Vergabekammer des Bundes zu § 19 Abs. 2 Satz 1 VOL/A-EG überein. Auch im vorliegenden Falle stellte die Vergabekammer klar, dass die Vorschrift Vergabestellen nicht – und auch nicht eigenmächtig – dazu ermächtigt, materielle Verbesserungen an dem Angebot vornehmen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Auch vor dem Hintergrund der Regelung des § 97 Abs. 2 GWB ist die Entscheidung der Vergabekammer zu begrüßen.
Den Beschluss der 1. VK Bund vom 9. 12.2011 (VK 1 – 150/11), finden Sie im Volltext zum Download im Vergabeblog hier.
Der Autor Christian Frhr. v. Ulmenstein ist Namensgeber der Kanzlei ULMENSTEIN Rechtsanwälte, Hannover, die sich auf das Vergaberecht ausgerichtet hat. Der Autor berät und vertritt öffentliche Auftraggeber aber auch Bieter in Vergabeverfahren. Mit dem besonderen Bereich der Vergabe von Postdienstleistungen ist die Kanzlei bereits seit 2002 befasst.
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