Am 26. April stellte die schwarz-gelbe Koalition in Sachsen ihren Entwurf für das neue Rettungsdienstgesetz vor, dass im Kern eine weitere Privatisierung der Dienste beinhaltet. Dies rief einen bislang beispiellosen Protest der Rettungsdienstmitarbeiter aller großen Hilfsorganisationen hervor. Sie gründeten in Dresden die „Gruppe der Mitarbeiter Rettungsdienst (GdMR)“ und treten für die Anwendung des sog. Konzessionsmodells statt des im Gesetzentwurf vorgesehenen Submissionsmodells ein.
Exkurs
Mit Urteil vom 29. April 2010 (Rs. C-160/08) hat der EuGH entschieden, dass bei der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Notfall- und qualifizierte Krankentransportleistungen nach dem Submissionsmodell das europäische Vergaberecht Anwendung finden muss (siehe den Beitrag unseres Autors Dr. Martin Ott hier). Die Beauftragung von Rettungsdienstleistungen im Wege des Konzessionsmodells muss nach Auffassung des EuGH demgegenüber nicht im Wege förmlicher Vergabeverfahren erfolgen. Das hat der EuGH mit Urteil vom 10. März 2011 (Rs. C-274/09) entschieden (siehe den Beitrag unseres Autors Dr. Martin Ott hier).
Im Unterschied zum Submissionsmodell erhalten die Leistungserbringer im Rahmen des Konzessionsmodells das Entgelt nicht unmittelbar vom Leistungsträger (dem Kreis oder der kreisfreien Stadt), sondern von den gesetzlichen Krankenkassen. Das Fehlen einer unmittelbaren Vergütung durch den öffentlichen Auftraggeber und die Übernahme eines – zumindest gewissen – Betriebsrisikos führt nach Ansicht des EuGH dazu, dass im Konzessionsmodell Dienstleistungskonzessionen (zum Begriff siehe hier) vergeben werden. Das Konzessionsmodell wird in Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Hamburg und Bremen angewandt.
30.000 Unterschriften
Inzwischen wurden Landtagspräsident Matthias Rößler in Dresden 30.000 Unterschriften gegen das geplante Gesetz, dass eine europaweite Neuausschreibung der Rettungsdienste alle sieben Jahre vorsieht, übergeben. Der Protest richtet sich auch dagegen, dass die Rettungsfahrzeuge nicht mehr von den Kommunen beschafft werden, sondern von den Bewerbern, welche den Zuschlag für einen Rettungsdienstbereich erhalten haben.
Derweil strickt die Landesregierung an Nachbesserungen, so überlege man, die Beteiligung am Katastrophenschutz als Eignungskriterium in das Gesetz aufzunehmen, was auch einer Forderung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) entspricht. Das DRK verweist in der Diskussion auf den Mehrheitsbeschluss des Bundesrates vom 30. März 2012, worin dieser EU-Kommission aufforderte, den Rettungsdienst in den vergaberechtlichen Ausnahmekatalog aufzunehmen.
Den aktuellen Gesetzentwurf der sächsischen Landesregierung zur „Änderung des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz“ finden Sie hier, einen sehenswerten Videobeitrag hier (runterscrollen).
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