Ich kann mich der hier vertretenen Auffassung nur teilweise anschließen. Sie lässt unberücksichtigt, dass Vergabestellen mit der gegenwärtig praktizierten Trennung gerade bei der Beschaffung von individuellen Dienstleistungen ganz objektiv erhebliche Probleme haben, die Zuschlagskriterien und Angebotswertung nicht nur rechtskonform, sondern auch wirtschaftlich zu gestalten. Zu hinterfragen ist bereits die Aussage, dass eine Verlagerung solcher Kriterien wie Erfahrung vom Eignungs- in den Zuschlagsbereich die Gefahr der Diskriminierung von Newcomern heraufbeschwört. Dies ist in dieser Pauschalität allein deshalb nicht richtig, weil bei Dienstleistungen im Rahmen der Zuschlagsprüfung in aller Regel nicht mehr auf Unternehmen, sondern auf die konkret angebotene Personen abgestellt wird. Dies wird bisher von der Rechtsprechung zumeist zwar ebenfalls hartnäckig negiert, ändert aber nichts daran, dass hier eine vergaberechtlich bedeutsame Änderung der Prüfrichtung vorliegt: Ein Unternehmen kann als Newcomer zwar neu am Markt sein und dementsprechend über wenig Referenzen verfügen (=schlechte Eignungswertung), könnte aber trotzdem im Rahmen der Wertung der Angebote hohe Beurteilungen erzielen, wenn es über besonders „erfahrene“ und/oder qualifizierte Mitarbeiter verfügt und diese anbietet. Die geltenden Prinzipien der strikten Trennung sind insbesondere bei stark persönlich geprägten Dienstleistungen (z.B. Beratung) praxisfern und stellen Vergabestellen vor kaum lösbare Probleme. Daher verwundert es auch nicht, wenn diese Fälle reihenweise vor den Nachprüfungsinstanzen landen — die Rechtslage widerspricht hier in großen Teilen dem gesunden Menschenverstand. Denn selbstverständlich sind beispielsweise bei Beratungsleistungen die Erfahrung und Qualifikation der betreffenden Person preisbildende Faktoren am Markt, die aber gegenwärtig nicht bewertet werden dürfen. Von daher ist nicht nur die Stellungnahme der Fraktionen zu begrüßen, sondern auch die jüngste Rechtsprechung der 3. Vergabekammer Bund, die zumindest im Anwendungsbereich der VOF sich wieder zunehmend an der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf „ante Lianakis“ zu orientieren scheint (VK Bund 24.05.2012, VK 3-48/12).

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