Verlangen öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens nach VOF außerhalb eines Planungswettbewerbs Lösungsvorschläge für die gestellte Planungsaufgabe, so steht den beteiligten Bietern unmittelbar auf Grundlage der VOF ein Vergütungsanspruch zu. Dieser Vergütungsanspruch bestimmt sich nach der HOAI. Das hat nach dem Zivilsenat des OLG Koblenz (vgl. Teil 1 und Teil 2 des Beitrags des Autors) nunmehr auch der Vergabesenat des OLG München mit Beschluss vom 20.03.2013 (Verg 5/13) festgestellt.
Sachverhalt
Die Bieterin beteiligte sich an einem Vergabeverfahren gemäß VOF, mit dem die Vergabestelle beabsichtigte, im Rahmen des Umbaus sowie der Erweiterung einer Akademie die Objektplanung des Gebäudes sowie den raumbildenden Ausbau zu vergeben. Nachdem die Vergabestelle von den am Verhandlungsverfahren beteiligten Bietern bestimmte Leistungen abgefordert hatte, rügte die Bieterin, dass das ausgelobte Honorar von 5.000 Euro nicht den Bestimmungen der HOAI entspreche. Die Vergabestelle wies die Rüge als verspätet und inhaltlich unbegründet zurück. Daraufhin erklärte die Bieterin, dass ihr eine weitere Beteiligung an den Auftragsverhandlungen „aus berufsständischen Gründen“ nicht möglich sei. Der in der Folge erhobene Nachprüfungsantrag wurde von der VK Südbayern zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendete sich die Bieterin im Wege der sofortigen Beschwerde zum OLG München.
Entscheidung des OLG München
Die sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg. Nach Auffassung des Vergabesenats stellt die Vorschrift des § 20 Abs. 3 VOF zwar eine Anspruchsgrundlage dar, beinhaltet jedoch auch eine Verfahrensvorschrift des Vergabeverfahrens. Daraus folge, dass Bieter gehalten sind, Verstöße wie etwa eine unzureichende Aufwandsentschädigung unverzüglich zu rügen und bei Zurückweisung der Rüge den Verstoß zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens zu machen. Versäumt ein Bieter dies, verhindert die Sperrwirkung der Spezialzuweisung nach § 102 ff. GWB eine an das Vergabeverfahren anschließende Honorarklage im Zivilrechtsweg. Da der Bieter außerdem zu erkennen gab, dass er sich am Verhandlungsverfahren nicht weiter beteiligen wolle, sei die Beschwerde unbegründet.
Die Vorschrift des § 20 Abs. 3 VOF stellt eine Anspruchsgrundlage für die Vergütung von Planungsleistungen dar, die von einem öffentlichen Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens nach VOF außerhalb eines Planungswettbewerbs verlangt werden. Diese sich verfestigende Rechtsprechung erhöht die Anforderungen für alle Verfahrensbeteiligten. Die Abforderung gewisser Planungsleistungen ist für eine sachgerechte Auftragsvergabe häufig sinnvoll, erfordert aber nunmehr noch größere Sorgfalt bei Konzeption und Durchführung der Vergabeverfahren. Gegebenenfalls ist – jedenfalls zunächst – eine eher geringe Bearbeitungstiefe vorzugeben. Öffentliche Auftraggeber sollten bei der Abforderung von Planungsleistungen grundsätzlich eine angemessene Aufwandsentschädigung vorsehen, wenn von den Bietern außerhalb eines Planungswettbewerbs Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt werden. Bieter sind gehalten, erkannte Verstöße gegen Verfahrensvorschriften rechtzeitig zu rügen, um sich nicht ihrer Rechte zu begeben und einen unverhältnismäßigen Aufwand bei der Angebotserstellung zu vermeiden.
Dr. Martin Ott
Der Autor Dr. Martin Ott ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Herr Dr. Ott berät und vertritt bundesweit in erster Linie öffentliche Auftraggeber umfassend bei der Konzeption und Abwicklung von Beschaffungsvorhaben. Auf der Basis weit gefächerter Branchenkenntnis liegt ein zentraler Schwerpunkt in der Gestaltung effizienter und flexibler Vergabeverfahren. Daneben vertritt Herr Dr. Ott die Interessen der öffentlichen Hand in Nachprüfungsverfahren. Er unterrichtet das Vergaberecht an der DHBW und der VWA in Stuttgart, tritt als Referent in Seminaren auf und ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichen. Er ist einer der Vorsitzenden der Regionalgruppe Stuttgart des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW).
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