§ 19 Abs. 3 VOL/A-EG
Bei der Vergabe von Entsorgungsleistungen haben Bieter in der Regel zum Nachweis ihrer Eignung Referenzen mit Angebotsabgabe vorzulegen. Die Referenzen müssen sich hierbei auf vergleichbare Leistungen beziehen. In der Rechtsprechung ist umstritten, wann eine Referenz als vergleichbar angesehen wird. Das Oberlandesgericht München setzt bezüglich der Vergleichbarkeit von Referenzen nunmehr einen sehr großzügigen Prüfungsmaßstab an.
Der Fall
Der Antragsteller wendet sich gegen die Vergabe von Entsorgungsleistungen zur Einsammlung von Hausmüll. Von der Vergabestelle waren mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Referenzen gefordert, ohne dass an diese von der Vergabestelle Mindestanforderungen gestellt wurden. Die Beigeladene legte lediglich Referenzen zur Einsammlung von Leichtverpackungen vor. Der Antragsteller rügte die von der Beigeladenen vorgelegten Referenzen als nicht ausreihend, weil die Sammlung von Leichtverpackungen nicht mit der Hausmüllsammlung vergleichbar sei.
Das OLG München
Das OLG München sieht die Sammlung von Leichtverpackungen als mit der Hausmüllsammlung vergleichbar an. Eine Vergleichbarkeit zwischen ausgeschriebener Leistung und Referenzleistung ist immer gegeben, wenn die Referenz einen tragbaren Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters zulässt. Dabei verbietet sich im Hinblick auf die Gewährung eines bestmöglichen Wettbewerbs eine allzu restriktive Auslegung. Eine solche würde zu faktisch abgeschlossenen Teilmärkten führen, in denen Newcomer keine Möglichkeit erhielten, ihre Leistungsfähigkeit darzulegen und Ausschreibungen nur unter bereits erfahrenen Bietern vergeben werden könnten.
Die von der Beigeladenen vorgelegte Referenz zur Sammlung von Leichtverpackungen war mit der ausgeschriebenen Hausmüllerfassung vergleichbar. Die Vergleichbarkeit bestand darin, dass in beiden Arten der Leistungserbringung eine geregelte Abfallsammlung bei Privathaushalten erfolgte, ähnliche Müllabfuhrfahrzeuge benötigt wurden und eine funktionierende Logistik und Tourenplanung erforderten. Rein technische Unterschiede bei der Auftragsdurchführung, wie der Entsorgung aus Abfalltonnen oder aus Säcken, waren nicht von zentraler Bedeutung für die Vergleichbarkeit. Es bestand auch kein wesentlicher Unterschied der Leistungen aufgrund der unterschiedlichen Gewichte des zu entsorgenden Abfalls. In der Referenzleistung umfasste dieser lediglich 3.000 t, die ausgeschriebene Leistung hingegen 21.000 t. Die Leichtverpackungen hatten gegenüber dem Hausmüll ein geringeres Eigengewicht. Daher bestand ein insgesamt vergleichbares Volumen. Ebenfalls nicht maßgebliches Kriterium war der kurze Zeitraum, in dem die Beigeladene die Referenzleistung als Hauptauftragnehmerin durchführte. Es war allein darauf abzustellen, dass diese den Startzeitraum der Leistungserbringung bewältigte.
Auch das OLG Frankfurt nimmt wie das OLG München eine eher weite Auslegung des Prüfungsmaßstabs bezüglich der Vergleichbarkeit von Referenzen vor und lässt eine Ähnlichkeit der Leistungen ausreichen (Beschluss vom 24.10.2006 – 11 Verg 8/06). Die Vergabekammer Baden-Württemberg stellt wesentlich auf einen vergleichbaren Schwierigkeitsgrad ab (Beschluss vom 28.10.2011 – 1 VK 54/11). Danach sah die Vergabekammer die Leistungen der Containerleerung an Recyclinghöfen und der Leerung an Recyclinghöfen und der Leerung von Depotcontainern als nicht vergleichbar an. In eine ähnliche Richtung geht eine Entscheidung der Vergabekammer Bund, wonach die Leistungen sich „nahekommen“ sollen (Beschluss vom 14.12.2011 – VK 1 – 153/11). In der Entscheidung der Vergabekammer Brandenburg (Beschluss vom 23.06.2009 – VK 26/09) und des OLG Koblenz (Beschluss vom 07.11.2011 – 1 Verg 6/07) wurden Referenzen als nicht vergleichbar dargestellt, die für private Unternehmen und nicht, wie in der Ausschreibung als Mindestanforderung ausgewiesen, für kommunale Entsorgungsträger getätigt wurden. Innerhalb der Rechtsprechung ist jedoch keine einheitliche Tendenz bezüglich des Prüfungsmaßstabs zu erkennen. Eine Vergleichbarkeit der Referenzleistung stellt sich aufgrund der unterschiedlichen Rechtsprechung und des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums der Vergabestelle als Einzelfallentscheidung dar.
Dominik R. Lück
Der Autor Dr. Dominik R. Lück ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Köhler & Klett Rechtsanwälte in Köln. Dort ist er Leiter des vergaberechtlichen Fachbereichs und verfügt über langjährige Erfahrung im Vergaberecht und in den Bereichen des Umweltrechts, insbesondere des Abfallrechts.
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