Der von der Bundesregierung vorgelegte Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) (18/9350) stößt bei Experten auf ein geteiltes Echo. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am 07.11.2016 deutlich. Überwiegend positiv bewertet wurde dabei die festgelegte Priorität „Erhalt vor Aus- und Neubau“. Aus Sicht von Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist dies jedoch der einzige Punkt, bei dem die von der Bundesregierung gesetzten Ziele erreicht werden können. Anders als angekündigt enthalte der BVWP jedoch keine klare Finanzierungsperspektive, führe nicht zu einer Engpassbeseitigung und habe lediglich eine Pseudo-Öffentlichkeitsbeteiligung erfahren. Eine deutlich positivere Bewertung erfuhr der Plan durch Stefan Gerwens vom Verein Pro Mobilität. Das Zielsystem verbinde in geeigneter Weise verkehrs-, wirtschafts- und umweltpolitische Ziele, sagte Gerwens.
Laut BVWP will der Bund bis 2030 knapp 270 Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur investieren. Dabei setzt die Bundesregierung nach eigener Aussage die Priorität „Erhalt vor Aus- und Neubau“. 141,6 Milliarden Euro stehen demnach für den Erhalt, den Ersatz oder die Sanierung bestehender Verkehrswege oder deren Teile zur Verfügung. Schwerpunkt der Investitionen ist nach Regierungsangaben die Beseitigung von Engpässen auf Hauptverkehrsachsen. Im Fokus stehe „das dem weiträumigen Verkehr dienende Netz“. Bis 2030 sind dafür Investitionen von 98,3 Milliarden Euro eingeplant.
Von einer sehr guten Schwerpunktsetzung bei der Erstellung des Bundesverkehrswegeplans sprach Christoph Walther von der PTV Planung Transport Verkehr AG. Walther, der im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums den BVWP als Fachkoordinator begleitet hat, sagte weiter, man habe beginnend 2010 intensivste Prognosen zur Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland aber auch weltweit und der Bevölkerungsentwicklung vorgenommen. Die sich daraus ergebende CO2-Bilanz, so räumte er ein, „entspricht numerisch nicht den derzeit diskutierten Klimazielen“. Der BVWP sei aber ein Infrastrukturplan, dessen Aufgabe es nicht sei, „die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu lösen“. Er sei aber eine sehr gute Basis, um ein Gesamtpaket zur Erreichung der Klimaziele zu schnüren.
Aus Sicht von Imke Steinmeyer von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt des Landes Berlin finden sich die meisten Zielmaßgaben zu Beginn des Prozesses der Erstellung des BVWP in der Vorlage wieder. Die in der öffentlichen Diskussion wahrzunehmende Unzufriedenheit habe möglicherweise damit zu tun, dass mit dem BVWP ein Infrastrukturplan vorgelegt worden sei, jedoch keine „verkehrspolitische Gestaltung“.
Auf methodische Neuerungen bei der Erstellung des BVWP 2030 ging Professor Kai Nagel von der Technischen Universität Berlin ein. Man habe die Zeitwerte genauer betrachtet, ebenso wie die Fragen der Zuverlässigkeit und die Verlagerungswirkung der Verkehre.
Mit Blick auf den Bereich des Schienenverkehrs übte Martin Vieregg von der Vieregg-Rössler GmbH Innovative Verkehrsberatung Kritik an der Vorlage. Seiner Aussage nach wurden bei der Kosten-Nutzen-Analyse zwar einige sinnvolle Korrekturen im Vergleich zur bisherigen Bedarfsplanung vorgenommen. Andere „offensichtliche Fehler“ seien aber weiterhin nicht korrigiert worden. Vieregg bemängelte außerdem die fehlende Differenzierung von Projekten sowie die langen Prozesszeiten des BVWP. Die Frist zur Anmeldung von Projekten für den BVWP sei schon Ende 2012 ausgelaufen, so der Experte.
Quelle: Bundestag
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