Die Ergebnisse der ersten beiden Ausschreibungsrunden für Windenergieanlagen an Land in 2017 verfehlen nach Einschätzung der Branchenverbände wesentliche Zielvorgaben des EEG und haben in der Windbranche zu großer Verunsicherung geführt. Nun haben das Niedersächsische Wirtschaftsministerium, Spitzenverbände und Unternehmen der Windenergiebranche ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht.
Das Ziel der Bundesregierung mit der Novelle des EEG 2016 die Akteursvielfalt zu erhalten und Bürgerenergie zu schützen, wird verfehlt. So entfielen in der ersten Ausschreibungsrunde rund 35 % des Volumens auf Gesellschaften von zwei Projektentwicklern. In der zweiten Ausschreibungsrunde wurden sogar über 60 % des Volumens an Gesellschaften eines einzigen Projektentwicklers vergeben. Mit den bisherigen Ausschreibungen ist also eine Konzentration des Marktes auf wenige Akteure erfolgt. Anstatt echte Bürgerenergie zu fördern, hat sich die gesetzlich definierte „Bürgerenergiegesellschaft“ zu einem Geschäftsmodell entwickelt, um den Markt „abzuräumen“.
Auch das Ziel eines echten Wettbewerbs wird klar verfehlt. Rund 95 % des bisher bezuschlagten Volumens muss auf Grund der Privilegien für gesetzlich definierte „Bürgerenergiegesellschaften“ erst in 4,5 Jahren realisiert werden. 90 % aller Projekte verfügen aber zum Zeitpunkt des Zuschlags nicht über die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung, so dass deren Realisierung zum Teil hoch unwahrscheinlich ist. D.h. im Rahmen der Ausschreibungsrunden fanden spekulative Wetten auf die Zukunft statt – anstelle des von der Bundesregierung erwarteten Wettbewerbs verlässlicher Projekte. Projektideen mit langen Realisierungszeiträumen konkurrieren mit bereits genehmigten Projekten, die in 30 Monaten realisiert werden müssen. Diese spekulativen Projekte bestimmen damit den Höchstpreis für die kommenden Ausschreibungsrunden, an denen jedoch nur genehmigte Projekte teilnehmen können.
Ein wesentliches Ziel der Bundesregierung mit der EEG-Novelle war ein stabiler Ausbaupfad für eine verlässliche Entwicklung der Energiewende. Dieses Ziel wird bisher deutlich verfehlt. Der Windenergie in Deutschland droht in den kommenden Jahren eine Flaute! Geht die Entwicklung so weiter, werden Ende 2017 rund 2.700 MW Windenergieleistung an gesetzlich definierte „Bürgerenergiegesellschaften“ vergeben sein, mit deren Realisierung erst in über vier Jahren zu rechnen ist. Dabei basieren viele Gebotspreise offensichtlich allein auf einer höchst fragwürdigen Wette auf die technologische Entwicklung, deren erfolgreiche Realisierung unbekannt bleibt. Diese bisher rein spekulativen Projekte lassen einen deutlichen Einbruch beim Ausbau der Windenergie an Land in den Jahren 2019 und 2020 erwarten und verursachen damit einen industriellen Fadenriss. Diese Entwicklung lässt eine weitere Beschleunigung des bereits heute spürbaren Arbeitsplatzabbaus in der Branche befürchten. Gleichzeitig wird die gewünschte Abstimmung mit der Netzausbauplanung nicht erreicht.
Im Zusammenhang mit der Einführung des Mieterstromgesetzes hat die Bundesregierung zugesagt, die Ausschreibungsrunden kontinuierlich auszuwerten und gegenzusteuern, sofern sich Fehlentwicklungen abzeichnen oder die Regelung zur Bürgerenergie im EEG zu Missbrauch und Umgehungstatbeständen führt.
Die Bundesregierung hat die Fehlentwicklung zwar bereits erkannt und mit einem Moratorium für die ersten beiden Ausschreibungsrunden in 2018 reagiert. Die Änderung hätte jedoch bereits zur dritten Ausschreibungsrunde im November 2017 erfolgen müssen, um die beschriebenen Effekte für weitere 1.000 MW ausgeschriebene Leistung zu verhindern. Diesen Weg hatten die Verbände – BDEW, VKU, VDMA, BEE und BWE – bereits im Juni 2017 vorgeschlagen.
Das Positionspapier ist unterzeichnet vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, den Spitzenverbänden des Windenergiesektors und zahlreichen Unternehmen. Sie können das Dokument hier downloaden (PDF, 480 KB).
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
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