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Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 04/12/2017 Nr. 34561

Bieter müssen Sicherheitspuffer für zeitliche Verzögerungen bei der Angebotsübermittlung einplanen (VK Bund, Beschl. v. 15.8.2017 – VK 2-84/17)

EntscheidungIn der Endphase der Vorbereitung eines Angebots wird es auf Bieterseite häufig hektisch. Die Angebotskonzepte und die Kalkulation müssen nochmals geprüft, letzte Nachweise zusammengestellt und Unterschriften unter Umständen auch noch von als Unterauftragnehmern vorgesehenen Unternehmen für die Fertigstellung der Angebotsunterlagen beschafft werden. Die Frist zur Angebotsabgabe wird häufig bis zur Grenze ausgereizt. Eine aktuelle Entscheidung der Vergabekammer Bund zeigt, dass dies für Bieter riskant sein kann.

§ 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV

Leitsatz (nicht amtlich)

Dem Bieter steht es frei, die Angebotsfrist bis zuletzt auszuschöpfen. Einen verspäteten Eingang seines Angebots hat der Bieter aber zu vertreten, wenn sich ein typisches Risiko des von ihm ausgewählten Transportmittels realisiert und er einen unzureichenden Sicherheitspuffer einkalkuliert hat.

Sachverhalt

Da die Angebotsfrist in dem Vergabeverfahren am Folgetag um 10:00 Uhr abläuft, übergibt der Bieter sein Angebot am Vorabend gegen 21:30 Uhr in Berlin einem Kurierdienst zur Auslieferung an den in Bonn ansässigen Auftraggeber. Die Auslieferung soll im Zeitraum von 8:00 Uhr bis 9:00 Uhr erfolgen. Das Fahrzeug des Kurierdienstes bleibt aber wegen eines Fahrzeugdefekts auf der Autobahn liegen und muss zunächst in die Werkstatt gebracht werden. Das Angebot geht daher bei dem Auftraggeber erst um 10:18 Uhr ein. Der Bieter stellt einen Nachprüfungsantrag gegen den Ausschluss seines Angebots.

Die Entscheidung

Die Vergabekammer bestätigt den Angebotsausschluss. Der Bieter habe den nicht fristgerechten Eingang seines Angebots gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zu vertreten.

Rechtliche Würdigung

Die Vergabekammer stellt zunächst fest, dass den Bieter kein Auswahlverschulden hinsichtlich des gewerbsmäßig auch mit Sendungsübermittlungen über Nacht befassten Kurierdienstes treffe. Der Bieter könne auch weder tatsächlich noch rechtlich für das Liegenbleiben und den Werkstattaufenthalt des Transportfahrzeugs verantwortlich gemacht werden.

Der Fahrzeugdefekt sei jedoch nur eine von zwei Ursachen der Verspätung. Die chronologisch erste Ursache liege in der Entscheidung des Bieters, das Angebot erst am Vorabend an den Kurierdienst zu übergeben. Anhand der Vorgabe der Zustellung bis 9:00 Uhr ergebe sich ein Sicherheitspuffer von lediglich einer Stunde bis zum Ablauf der Angebotsfrist. Dies sei zum Ausgleich auch nur geringfügiger Zeitverluste aus nicht fernliegenden Komplikationen, wie beispielsweise einem Fahrzeugdefekt, zu knapp bemessen. Der Bieter habe den verspäteten Eingang des Angebots daher zu vertreten.

Praxistipp

Verspätete Angebote sind sowohl für den Bieter als auch für die Vergabestelle misslich. Dem Bieter entgeht die Chance auf den Auftrag. Der Auftraggeber muss ein möglicherweise attraktives Angebot ausschließen.

Die Entscheidung zeigt, dass Bieter zur Vermeidung eines Angebotsausschlusses gut beraten sind, einen ausreichend großen Zeitpuffer für jedenfalls nicht völlig ungewöhnliche Vorkommnisse bei der Übermittlung des Angebots einzukalkulieren. Einen Defekt des Transportfahrzeugs wird man hierzu in der Tat zählen müssen. Schwierige Wetterbedingungen wohl nur dann, wenn sie jahreszeitbedingt und daher jedenfalls bis zu einem gewissen Grad für den Bieter erwartbar sind. Höhere Gewalt und damit ein Grund für ein Nichtvertretenmüssen des Bieters kann demgegenüber vorliegen, wenn kurzfristig und in ihrem Ausmaß so extreme Wetterbedingungen eintreten, dass auf den Straßen gar nichts mehr geht.

Soweit Angebote in Papierform gefordert sind, können Auftraggeber den Bietern dadurch entgegenkommen, dass sie den Fristablauf beispielsweise auf einen Zeitpunkt um die Mittagszeit setzen. Dies entschärft zumindest die logistischen Abläufe bei einer Übermittlung des Angebots per Kuriersendung über Nacht. Zukünftig wird die elektronische Angebotsabgabe das Risiko verspäteter Angebote weiter senken. Zumindest dann, wenn der Bieter rechtzeitig mit dem Upload auf der Vergabeplattform beginnt.

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Dr. Tobias Schneider

Der Autor Dr. Tobias Schneider ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht im Berliner Büro der Kanzlei Dentons. Er berät Unternehmen und öffentliche Auftraggeber bei allen vergaberechtlichen Fragestellungen und vertritt deren Interessen in Vergabeverfahren und vor den Nachprüfungsinstanzen.

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