Nur mit großen Bedenken hat der damalige Präsident des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) die Zustimmungsvereinbarung für die Einbindung von Toll Collect in die Erhebung der Pkw-Maut unterschrieben. Er habe den Unterauftragnehmervertrag für „vergaberechtlich nicht unbedenklich“ gehalten, sagte Ekhard Zinke am Donnerstag als Zeuge im 2. Untersuchungsausschuss („Pkw-Maut“). Zinke war bis Januar dieses Jahres Präsident des Kraftfahrt-Bundesamtes.
Er sei zwar kein Vergabeexperte, sagte der Jurist in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung. Aber er habe es für problematisch gehalten, dass ein nicht unwesentlicher Leistungserbringungspunkt nachträglich verändert worden sei. Das Bieterkonsortium aus Kapsch TrafficCom und CTS Eventim verpflichtete nämlich nachträglich die bundeseigene Toll Collect GmbH als Unterauftragnehmerin, um deren Zahlstellenterminals für die Erhebung der Pkw-Maut zu nutzen. Damit sei das Konsortium hinter dem vertraglich Vereinbarten zurückgeblieben, ohne dass erkennbar gewesen sei, ob der Reduktion des Leistungsumfangs eine Honoraranpassung entsprochen habe, sagte der ehemalige Spitzenbeamte.
Seine Bedenken äußerte Zinke im Mai 2019 in einem Brief an das Bundesverkehrsministerium. Er sehe sich nicht in der Lage, die Zustimmungsvereinbarung zu unterschreiben, erklärte er darin. Im Antwortschreiben äußerte ein Vertreter des Ministeriums die Bitte, die Unterschrift trotzdem zu leisten. Damit, erläuterte Zinke, habe er sich in der Lage gesehen, „den Vertrag zu unterschreiben, weil ich mich frei wähnte von persönlicher Verantwortung“. Es habe sich dabei um einen „echten Remonstrationsfall“ gehandelt. Die Remonstrationspflicht bezeichnet die Pflicht eines Beamten, Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen unverzüglich bei den Vorgesetzten geltend zu machen. Bestätigen diese die Weisung, muss der Beamte die Weisung auch gegen seine persönliche Überzeugung ausführen. „Ich habe mich sehr schwer getan damit“, sagte Zinke. „Man remonstriert nicht einfach so gegen seinen Dienstherrn.“
Über seine Bedenken hinwegsetzen musste sich Zinke auch schon Ende 2018, als es um die Vorbereitung des Betreibervertrages ging. Am 19. November teilte er dem Verkehrsministerium mit, er sehe sich nicht in der Lage, eine gründliche Prüfung des Vertrags vorzunehmen. Anschließend sei ihm jedoch „nach der juristischen Expertise insbesondere meines Projektteams“ versichert worden, der Vertrag sei vertretbar. „Dies“, sagte Zinke, „hat mir die Gewissheit gegeben, guten Gewissens unterschreiben zu können.“ Die notarielle Beurkundung des Vertrags fand am 30. Dezember 2018 statt.
Befragt wurde der Zeuge auch zum Umstand, dass das Kraftfahrt-Bundesamt in die Vertragsverhandlungen mit den Bietern nicht eingebunden war. Er habe nicht gewusst, wer den Zuschlag bekommen solle, bis „irgendwann ein Gerücht auch in das Zimmer eines Präsidenten wabert“, berichtete Zinke. Es sei aber auch nicht die Rolle des Kraftfahrt-Bundesamtes gewesen, an den Verhandlungen teilzunehmen. Die Aufgabe seiner Behörde habe er darin gesehen, „unsere Expertise einzuspeisen in den Prozess der Vergabeentscheidung, so es gewünscht war“.
Quelle: Bundestag
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