Vertreter des Telekom-Konzerns haben vor dem 2. Untersuchungsausschuss („Pkw-Maut“) das Vergabeverfahren für die Erhebung der Pkw-Maut kritisiert. „Wir haben im Vorstand sehr verärgert über die Situation diskutiert“, sagte Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Telekom AG. Auch Thomas Pferr, bei der Telekom-Tochter T-Systems für die Einheit Maut zuständig, sprach von einer „Riesenenttäuschung“ und kritisierte, dass das Bundesverkehrsministerium die Bedingungen im Laufe der Ausschreibung „offensichtlich geändert“ habe.
Sowohl Höttges als auch Pferr schilderten den Ausschussmitgliedern detailliert den Ablauf des Vergabeverfahrens. Demnach hatte sich T-Systems gemeinsam mit der Firma Ages um die Erhebung der Pkw-Maut beworben. Am 7. August 2018 entschied der Telekom-Vorstand jedoch, T-Systems solle kein finales Angebot für die Erhebung der Pkw-Maut abgeben.
Telekom-Chef Höttges nannte als Hauptgrund dafür „die extrem hohe Aufbaukostenstruktur“. Diese Aufbaukosten bezifferte Höttges auf 250 Millionen Euro, wovon ein erheblicher Teil auf das Porto für Briefe an die rund 40 Millionen Fahrzeughalter in Deutschland entfallen wäre. Demgegenüber wollte der Bund ursprünglich nur 50 Millionen Euro für diese vorbereitenden Aufgaben zur Verfügung stellen. Höttges berichtete von „lebhaften Diskussionen im Vorstand, ob es dem Geschäftszweck der Deutschen Telekom entspricht, Briefmarken zu kaufen“. Ohnehin sei er nicht überzeugt gewesen, dass die Pkw-Maut zum strategischen Ziel des Konzerns gepasst habe, digitale Plattformen zu schaffen.
Eine Rolle für die Entscheidung, kein finales Angebot abzugeben, spielten laut Höttges auch die hohen Kalkulations- und Haftungsrisiken der Pkw-Maut. Zudem verwies der Konzernchef darauf, dass die Deutsche Telekom 2018 viel Geld in den Ausbau der Netze investierte und sich außerdem bemühte, die für die Lkw-Maut zuständige Toll Collect GmbH zu übernehmen. Letzteres gelang dann nicht, weil sich der Bund entschied, Toll Collect dauerhaft im Eigentum zu behalten.
Am 13. August 2018 informierte Höttges nach eigenen Angaben Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer telefonisch darüber, dass sich T-Systems aus dem Verfahren zurückziehe. Dies sei „aus Höflichkeit“ gegenüber dem größten Aktionär der Telekom geschehen. Das Gespräch habe nach seiner Erinnerung etwa fünf bis zehn Minuten gedauert. Weitere Gespräche zwischen ihm und dem Minister über die Pkw-Maut habe es nicht gegeben.
Für Verärgerung bei der Deutschen Telekom sorgte dann ein Zeitungsartikel im Januar 2019, demzufolge die Ausschreibungsbedingungen für den letzten verbliebenen Bieter, das Konsortium CTS Eventim/Kapsch TrafficCom, geändert worden seien. So kam der Bund dem Konsortium bei den Portokosten entgegen. Vor allem aber erhielt es die Möglichkeit, die Lkw-Maut-Zahlstellen von Toll Collect zu nutzen. Nach genau dieser Möglichkeit hatte sich T-Systems – damals noch am Bieterverfahren beteiligt – im Sommer 2018 erkundigt. Auf der allen vier Bieterkonsortien zugänglichen Plattform war diese Möglichkeit nach Angaben von T-Systems-Vertreter Pferr „explizit“ ausgeschlossen worden.
Nachdem der Telekom-Vorstand Anfang 2019 von den Veränderungen der Ausschreibungsbedingungen erfahren habe, habe er darüber diskutiert, ob er eine Klage einreichen oder Schadenersatz fordern solle, berichtete Höttges weiter. Das Gremium habe sich jedoch dagegen entschieden und lediglich einen Brief an das Verkehrsministerium mit der Bitte um Aufklärung geschickt, verbunden mit der Ankündigung, der Konzern behalte sich rechtliche Schritte vor.
Das Ministerium antwortete auf diesen Brief laut Pferr mit der Aussage, Verhandlungen, wie sie mit dem letzten Konsortium geführt worden seien, seien ganz normal. Es seien auch keine Leistungen verändert worden, weshalb es keine Veranlassung gegeben habe, die zuvor ausgeschiedenen Bieter zu informieren.
Quelle: Bundestag
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